GPA macht Druck

Handels-KV: Gewerkschaft bereit zu Kampfmaßnahmen

Noch hat das Tauziehen um mehr Geld für die 430.000 Handelsangestellten nicht begonnen. Schon jetzt ist aber fix: Ohne rasche Einigung drohen Streiks.
Team Wirtschaft
31.10.2025, 05:30
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Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 430.000 Angestellten im Handel starten am 6. November – mit klaren Forderungen der GPA und wohl wenig Aussicht auf einen raschen Abschluss. Mario Ferrari, Bundesgeschäftsführer der GPA und Chefverhandler im Handel, stellt im Talk mit Journalisten noch vor Beginn klar: Die Gewerkschaft geht mit der Forderung nach einer Abgeltung über der rollierenden Inflation von 3,01 Prozent in die Gespräche. Ohne einen Erhalt der Kaufkraft für die Beschäftigten werde es jedenfalls nicht gehen, so Ferrari.

Gewerkschafter verweist auf niedrigen Personalkostenanteil

Ferrari betont, dass der Handel als größter privater Arbeitgeber des Landes eine besondere Verantwortung trage. Die Branche sei stabil, der Personalkostenanteil liege bei rund zwölf Prozent – zu wenig, um Löhne als Preistreiber darzustellen. Steigende Preise hätten andere Ursachen, so Ferrari: "Nicht die Gehälter bringen die Preise zum Explodieren, sondern Energie, landwirtschaftliche Grundstoffe und Wareneinsatz", so Ferrari.

Arbeitsdruck im Handel "enorm gestiegen"

Martin Müllauer, Betriebsratsvorsitzender bei Morawa und Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA, schildert die Belastung an der Basis: "80 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen sind stolz auf ihre Arbeit, aber 85 Prozent sagen, der Arbeitsdruck ist enorm gestiegen." Laut GPA-Erhebung sehen 78 Prozent der Beschäftigten einen akuten Personalmangel. 52 Prozent bewerten die psychischen Anforderungen als nur schwer bewältigbar, 45 Prozent kämpfen mit steigenden körperlichen Anforderungen.

GPA fordert auch bessere Arbeitsbedingungen

Neben einem deutlichen Gehaltsplus fordert die GPA deshalb auch klare strukturelle Verbesserungen: einen 50-prozentigen Zuschlag auf Mehrarbeit bei Teilzeit, ein Recht auf Aufstockung bei dauerhafter Mehrarbeit und zusätzliche freie Tage für langjährige Beschäftigte – einen ab fünf, zwei ab zehn und drei ab 15 Dienstjahren.

Deutlich ist auch die Haltung zur Sonntagsöffnung: "Über 97 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen haben sich klar dagegen ausgesprochen", sagt Ferrari. Der Sonntag sei der einzige Tag, an dem die Beschäftigten sicher frei hätten – und den wolle man behalten.

Ab 24. November drohen Kampfmaßnahmen

Der Zeitplan für die Gespräche steht jedenfalls fest: erste Runde am 6. November, zweite am 13. November, dritte am 24. November. Nach dem ersten Durchgang sollen Betriebsrätinnenkonferenzen stattfinden, danach Betriebsversammlungen, sollte keine Einigung absehbar sein. Und Müllauer macht deutlich: "Wenn wir am 24. November noch immer kein Ergebnis haben, dann haben wir alle Möglichkeiten gewerkschaftlicher Kampfmaßnahmen am Tisch." Ferrari zeigt sich dennoch versöhnlich. Man sei ja "nicht auf Krawall gebürstet" und wolle "in konstruktive, lösungsorientierte Gespräche gehen".

Trefelik verweist auf ausgebliebenen Aufschwung

Auch Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik (WKO) hofft auf konstruktive Gespräche, dämpft jedoch bereits im Vorfeld die Erwartungen. "Die Fundamentaldaten sind anders als im letzten Jahr", sagt er zu "Heute". Die Prognosen von damals – ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent und eine Inflation um 2,3 Prozent – seien nicht eingetreten. Nun brauche es "eine vernünftige Gesprächsatmosphäre" und ein realistisches Verständnis der Lage.

GPA-Forderung "einfach nicht finanzierbar"

Und diese Realität sieht laut Trefelik so aus: "Wir haben Schließungen, Insolvenzen, zehn Prozent mehr Arbeitslosigkeit im Handel." Der erhoffte Aufschwung sei ausgeblieben, zuletzt habe der Einzelhandel real rund minus zwei Prozent verzeichnet. "Weihnachten kommt, jeder kann sich alles wünschen, aber es ist einfach nicht finanzierbar", meint er. Hinzu kämen die Personalkosten, die in den letzten drei Jahren um 20 Prozent gestiegen seien.

Auch Arbeitgeber-Vertreter glaubt nicht an flottes Ergebnis

Ein flottes Ergebnis erwartet unter diesen Umständen auch Trefelik nicht. Wichtig sei aber, mit "offenem Visier, klaren Worten und in einer Tonalität, die Brücken baut und nicht abreißt" zu verhandeln. Zusätzlich setzt Trefelik auf eine Fortführung der gemeinsam mit der GPA gestarteten Reform des KVs. Er verstehe zwar, dass es derzeit mehr um den Prozentsatz gehe, allerdings erachte er den Prozess für wichtig und hoffe, "dass wir ihn weiterbauen".

Tauziehen auch um mehr Geld für Handelsarbeiter

Bereits am 3. November beginnen die KV-Verhandlungen für die 150.000 Handelsarbeiterinnen und -arbeiter, die in Lagern und Transport tätig sein. Christine Heitzinger, Vorsitzende des vida-Fachbereichs Dienstleistungen und Verhandlungsleiterin, fordert für diese Gruppe Lohnerhöhungen über der Inflation der letzten zwei Jahre, einen zusätzlichen Urlaubstag pro Jahr, höhere Nachtarbeitszuschläge und angemessene Zuschläge für Sonntagsarbeit.

Berufsgruppe besonders belastet

"Die Beschäftigten in Handelslagern und im Transport arbeiten Tag und Nacht – auch an Wochenenden – damit wir alle zu jeder Zeit mit Produkten des täglichen Bedarfs versorgt sind", erklärt Heitzinger. Die Arbeit sei dichter und automatisierter geworden, aber nicht einfacher. Kälte in Kühllagern, Staub, Schmutz, Bruchware und die Verletzungsgefahr bei Stapelarbeiten machten den Beruf körperlich besonders fordernd.

{title && {title} } tmw, {title && {title} } 31.10.2025, 05:30
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