Ein Drittel der Österreicher vertraut in Gesundheitsfragen bereits auf künstliche Intelligenz (KI). Das zeigt die Gesundheitsstudie 2025 der Wiener Städtischen Versicherung. "Die Ergebnisse unterstreichen, wie stark digitale Technologien mittlerweile in unseren Alltag integriert sind", erklärte Sonja Brandtmayer, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Städtischen, bei der Präsentation. Besonders brisant: Für jeden Zehnten sind die Auskünfte einer KI inzwischen vertrauenswürdiger als jene von Ärztinnen und Ärzten.
Durchgeführt wurde die repräsentative Befragung vom Gallup-Institut, das im August 1.000 Österreicherinnen und Österreicher zwischen 16 und 70 Jahren befragte. Studienleiterin Gabriele Reithner betonte: "Die Ergebnisse entsprechen in allen wesentlichen Merkmalen – Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wohnortgröße – der Struktur der Bevölkerung." Damit lasse sich das Bild verlässlich auf das ganze Land übertragen.
Junge Menschen treiben die Digitalisierung dabei am meisten voran. Mehr als die Hälfte der unter 35-Jährigen hat bereits Erfahrungen mit KI in Gesundheitsfragen gesammelt. Frauen nutzen digitale Helfer mit 36 Prozent zwar häufiger als Männer mit 31 Prozent, die Herren schenken ihnen aber mehr Vertrauen als die Damen (14 Prozent vs. sieben Prozent). Insgesamt gilt: "85 Prozent vertrauen noch den Ärztinnen und Ärzten, doch der Trend zeigt klar – KI ist eine ernstzunehmende Ergänzung", so Sonja Brandtmayer.
Neben der neuen Technik beleuchtet die Studie die Stimmungslage im Land. Zwar fühlen sich die meisten Österreicherinnen und Österreicher körperlich (59 Prozent) und psychisch (56 Prozent) fit, doch Stress und Sorgen setzen den Befragten zunehmend zu. 32 Prozent (Frauen: 36 Prozent; Männer: 27 Prozent) fühlen sich demnach schwer gestresst, 84 Prozent machen sich zudem regelmäßig Sorgen, bei 22 Prozent ist die Qual ein Dauerzustand.
Die Gründe für die Sorgen sind vielschichtig: An erster Stelle steht laut Studie mit 56 Prozent das Thema eigene Gesundheit bzw. die Gesundheit der Familie. Dahinter folgen Geldsorgen (49 Prozent), die Zukunft ganz allgemein (44 Prozent) sowie weltpolitische Lage bzw. Kriege und Terror (42 Prozent). Ebenfalls schlaflose Nächte bescheren vielen Österreichern Beziehung, Partnerschaft, Familie und Kinder (37 Prozent) sowie Beruf und Ausbildung (31 Prozent). Schlusslicht in der Hitparade – der Klimawandel und seine Folgen mit 27 Prozent.
Erstaunlich positiv schätzen sich die Menschen in Österreich ein, wenn es um ihre Widerstandskraft gegen Stress und Sorgen geht: Sieben von zehn halten sich für resilient. Männer, Städter und Höhergebildete attestieren sich besonders hohe Belastbarkeit. Studienleiterin Reithner warnte jedoch: "Das ist eine Selbsteinschätzung. Ob sich diese Resilienz im Alltag wirklich bewährt, steht auf einem anderen Blatt."
Parallel zur Digitalisierung wächst das Interesse an Alternativmedizin, auffallend stark bei den Jüngeren. 48 Prozent der Befragten haben demnach schon Homöopathie, Akupunktur oder Osteopathie ausprobiert. Frauen greifen deutlich häufiger zu alternativmedizinischen Angeboten als Männer (53 Prozent vs. 44 Prozent). Hauptgründe für die Inanspruchnahme sind Nacken-, Rücken- und allgemeine Gelenkschmerzen, aber auch quälende Kopfschmerzen bzw. Migräne. Gut ein Viertel nutzt solche Behandlungen gezielt zur Stressbewältigung.
Am beliebtesten sind Homöopathie (50 Prozent), Akupunktur (38 Prozent) und Osteopathie (26 Prozent), gefolgt von Bachblüten (25 Prozent) und Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) mit 23 Prozent. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind deutlich: 61 Prozent der Frauen, aber nur 36 Prozent der Männer greifen zu Homöopathie; Männer zeigen hingegen mehr Interesse an chiropraktischen Anwendungen.
Extrem kritisch fällt die Bewertung des öffentlichen Gesundheitssystems aus. Zwar äußert sich die Hälfte grundsätzlich mit den Angeboten zufrieden, doch fast jeder Zweite (konkret: 45 Prozent) ortet eine Verschlechterung im vergangenen Jahr. Lange Wartezeiten, zu wenige Kassenärzte und eine zunehmende Einschränkung von Leistungen belasten die Stimmung. Besonders bei Fachärzten wartet laut Gesundheitsstudie 2025 mehr als jeder Dritte länger als zwei Monate auf einen Termin, bei einem weiteren Fünftel ist es zumindest ein Monat.
Genau das treibt das Interesse an privater Vorsorge: "Das Thema Nummer eins sind die langen Wartezeiten", betont Sonja Brandtmayer. Hinzu käme das Zeitmanagement, das es Ärztinnen und Ärzten gar nicht mehr ermöglicht, im Krankenversicherungssystem mehr Zeit für Patientinnen und Patienten aufzuwenden. Mittlerweile würden in Österreich schon 3,5 Millionen Menschen eine private Krankenversicherung besitzen – Tendenz steigend.
Vor allem bei Jüngeren zwischen 16 und 35 Jahren sehen 60 Prozent eine klare Notwendigkeit, sich zusätzlich abzusichern. Entsprechend stark ist der Anstieg von Privatversicherten in dieser Gruppe. Laut Brandtmayer ist das Durchschnittsalter bei Neukunden mittlerweile auf 28 Jahre gesunken, während der Schnitt bei Bestandskunden bei 47 Jahren liegt.