Wochenlang wurde in der Koalition um eine neue Trinkgeldregelung gerungen – jetzt liegt die Einigung am Tisch. Trinkgeld bleibt steuerfrei, für die Sozialversicherungsabgaben wird aber eine bundesweit einheitliche Pauschale herangezogen statt des bisherigen regionalen Fleckerlteppichs. Über die Höhe der Einheitspauschale war man sich lange nicht einig, nun wurde eine Lösung gefunden – "Heute" berichtete bereits. Die Pauschale ist deutlich niedriger als zunächst vorgeschlagen.
Gastronomie-Branchenvertreter hatten zuvor eine gänzliche Abgabenbefreiung für Trinkgelder gefordert. Die Gewerkschaft hielt dagegen, mit dem Argument, dass die soziale Absicherung der Beschäftigten darunter leiden würden. Anfang Juli hatten sich die Sozialpartner dann zwar grundsätzlich geeinigt. Aber in der Koalition gab es noch Unstimmigkeiten, vor allem die Neos hatten gebremst, weil ihnen die geplanten Pauschalen zu hoch waren. Hier hat man sich jetzt auf geringere Beträge geeinigt.
Die Pauschalbeträge für Trinkgelder als Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung sind abgestuft nach Tätigkeitsart, also unterschiedlich für Kellnerinnen und Kellner mit Inkasso und ohne Inkasso. Von 2026 bis 2028 steigt die Pauschale kontinuierlich, ab 2029 werden die Beträge valorisiert.
Für das Hotel- und Gastgewerbe gelten künftig bundesweit folgende Pauschalbeträge:
– Mit Inkasso: €65 (ab 2026), €85 (2027), €100 (2028)
– Ohne Inkasso: €45 (2026/2027), €50 (2028)
2029 werden die Pauschalen erstmals valorisiert.
Diese Beträge gelten künftig als bindende Obergrenze. Auch wer mehr Trinkgeld erhält als das Pauschale, muss keine zusätzlichen Abgaben zahlen.
Nachzahlungen aufgrund nachträglicher Prüfungen durch Sozialversicherungsträger, mit denen sich Wirte in der Vergangenheit oft in existenzgefährdender Höhe konfrontiert sahen, werden damit ausgeschlossen. Alle laufenden Verfahren diesbezüglich sollen jetzt eingestellt werden und keine Nachzahlungen erfolgen müssen.
„Die Unsicherheit rund ums Trinkgeld hat ein Ende. Die neue Regelung bietet beiden Seiten verlässliche Rahmenbedingungen – für Beschäftigte ebenso wie für Betriebe.“Elisabeth ZehetnerTourismus-Staatssekretärin (ÖVP)
"Die Unsicherheit rund ums Trinkgeld hat ein Ende. Die neue Regelung bietet beiden Seiten verlässliche Rahmenbedingungen – für Beschäftigte ebenso wie für Betriebe", sagt Tourismusstaatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP). Das Damoklesschwert hoher Nachzahlungen falle weg. Wichtig sei ihr auch gewesen, dass für all jene, die bereits Rückforderungen erhalten haben, eine Generalamnestie gelte.
"Trinkgeld ist ein Geschenk. Ein Zeichen der Wertschätzung des Gastes. Und das wird es auch bleiben", zeigt sich Deregulierungs-Staatssekretär und selbst Gastronom Sepp Schellhorn (Neos) zufrieden: "Wir haben in den vergangenen Wochen sehr intensiv verhandelt, um zu einer guten, einheitlichen und unbürokratischen Lösung in der Trinkgeld-Frage zu kommen. Die ist uns jetzt gemeinsam gelungen."
Das bringt die neue Trinkgeld-Regelung:
In der vollen Ausbaustufe (2028) soll sich die Trinkgeldpauschale von derzeit durchschnittlich 42 Euro auf 100 Euro erhöhen. Für die Beschäftigten werden damit monatlich zwischen 9 und 11 Euro mehr an Sozialversicherungsabgaben fällig – netto, aufgrund der niedrigeren Steuerbemessungsgrundlage und damit niedrigeren Lohnsteuerzahlungen, sind es nur zwischen 6 und 9 Euro pro Monat.
Demgegenüber stehen aber höhere Leistungen aus der Sozialversicherung: Der Pensionsanspruch erhöht sich nach 30 Jahren um rund 27 Euro pro Monat (14-mal), das Krankengeld um rund 41 Euro pro Monat und auch im Falle von Arbeitslosigkeit erhält ein Arbeitnehmer, der vor der Arbeitslosigkeit 2.700 Euro brutto pro Monat verdient hat, rund 22 Euro (22,44 Euro) mehr an Arbeitslosengeld pro Monat.
"Das Trinkgeld war, ist und bleibt steuerfrei. Mit dieser Einigung gelingt uns eine bundesweit einheitliche Lösung, die Rechtssicherheit für alle Seiten bringt", bekräftigt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch.
Dass es statt wie bisher Dutzende unterschiedliche Pauschalsätze je nach Berufsgruppe, Position und Bundesland künftig nur mehr zwei gibt, sei ein echter Meilenstein: "Die neue Regelung hat das Zeug zum Vorbild für Entbürokratisierung in vielen Bereichen", so Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung.
In einer ersten Reaktion gab sich die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im "Mutterland der Gastfreundschaft", wie sie es nannte, erfreut. Sie habe sich stets für die völlige Steuer- und Abgabenfreiheit von Trinkgeld ausgesprochen. "Auch wenn das nicht zur Gänze gelungen ist, ist der gefundene Kompromiss ein Schritt in die richtige Richtung", so Mikl-Leitner.
Die neue Regelung bringe vollständige Abgabenfreiheit ab einer vertretbaren Pauschale, beende das Risiko nachträglicher Beitragsvorschreibungen und sorge für langfristige Rechtssicherheit – für Beschäftigte ebenso wie für Betriebe, so Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): "Gerade im Wettbewerb um dringend benötigte Fachkräfte braucht es verlässliche Rahmenbedingungen und echte Wertschätzung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Die Vereinbarung bedeute letztlich eine bessere soziale Absicherung für die Beschäftigten in der Gastronomie, erklärte Helene Schuberth, ÖGB Bundesgeschäftsführerin.