Systematische Spionage

Österreicher verklagen Facebook & Co. auf Milliarden

Verbraucherschutzverein und Prozessfinanzierer Padronus haben eine gigantische Klage gegen Meta eingebracht. Möglicher Streitwert: gut 25 Milliarden.
Team Wirtschaft
11.09.2025, 14:22
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Zusammen mit dem Verbraucherschutzverein (VSV) hat der heimische Prozessfinanzierer Padronus jeweils eine Verbandsklage in Deutschland und Österreich gegen Meta eingereicht. Der Vorwurf: Der US-Konzern spioniert Menschen im großen Stil aus – und das nicht nur auf den eigenen Plattformen, sondern auch dort, wo es niemand erwartet.

Experten orten klaren Verstoß gegen EU-Recht

"Meta weiß über uns weit mehr, als wir ahnen – von unseren Einkäufen über unsere Medikamentensuche bis hin zu persönlichen Problemen. Möglich machen das die sogenannten Business-Tools, die quer durchs Internet eingesetzt werden. So ist der US-Konzern auf Drittseiten selbst dann dabei, wenn wir längst aus der Plattform ausgeloggt sind oder unsere Browser-Einstellungen Datenschutz versprechen. Das verstößt gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung" erklärt Richard Eibl, Geschäftsführer von Padronus.

User sind völlig machtlos

Konkret habe Meta verschiedene Software wie etwa den "Meta-Pixel" entwickelt, der auf zahlreichen Dritt-Webseiten im Internet genutzt wird. Das beträfe laut Padronus und VSV auch sensible medizinische Dienste, über Beratungsstellen bei Krebs, Alkohol-Problemen, häuslicher Gewalt und Selbstmordplänen bis hin zu Dating- und Erotikseiten. Die Programme würden, so der Vorwurf, direkt auf den Servern der Webseiten eingebettet, sodass die Erfassung der Daten nicht mehr auf dem Rechner des Nutzers stattfindet und auch vom technisch versierten Nutzer nicht bemerkt oder abgeschaltet werden kann. Sie könne, so Padronus, auch nicht durch Nichtzulassen von Cookies, Nutzen des Inkognito-Modus oder eines VPN umgangen werden.

"Jeder Nutzer individuell erkennbar"

Die Verwendung dieser Technologien sei im Zeitalter des heutigen Internet allgegenwärtig und integraler Bestandteil, führt Eibl aus. "Jeder Nutzer ist dadurch für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt, auch wenn er nicht auf Facebook oder Instagram eingeloggt ist. Meta erfährt dadurch, welche Webseiten und Unterwebseiten der Nutzer besucht hat, was er angeklickt, gesucht und gekauft hat."

Keine Kontrolle über persönliche Daten

Hinzu kommt: Zwar könnten laut Eibl Nutzer von Meta auf Instagram und Facebook einstellen, dass die gesammelten Daten nicht für die Auslieferung von personalisierter Werbung auf den sozialen Netzwerken verwendet werden sollen. Die Daten selbst würden jedoch bereits vor Einholung der Einwilligung zu Cookies auf Dritt-Webseiten an Meta übersandt, insbesondere in die USA. Dort würde der Konzern die Daten in unbekanntem Maß auswerten, sie an Dritte wie Dienstleister, externe Forscher und Behörden weitergeben.

Meta kann fast jeden Klick mitverfolgen

Auch VSV-Obfrau Daniela Holzinger findet drastische Worte: "Sie haben im Internet unlängst zur Pille danach gesucht, interessieren sich für einen bestimmten Politiker oder wollten einen Online-Selbsttest auf Alkoholismus machen? Das weiß der Meta-Konzern jetzt auch – obwohl Sie nicht mal auf Facebook oder Instagram eingeloggt waren", warnt sie. "Stellen Sie sich vor, Sie gehen in ein Geschäft und ein Mitarbeiter steckt Ihnen unbemerkt ein Mikro an die Schulter, das dann draußen Ihre Gespräche und Bewegungen aufzeichnet – beim Arzt, im Büro oder privat im Schlafzimmer. Das ist Internet 2025 – fast jeden Klick, jede Suche, jeden Kauf im Internet kann der Meta-Konzern mitlesen, selbst gegen Ihren ausdrücklichen Willen."

Streitwert überschreitet wohl 20-Milliarden-Marke

Für Meta könnte der Umgang mit Daten im Falle einer erfolgreichen Klage jedenfalls unglaublich teuer werden: Bereits in der Vergangenheit haben deutsche Landesgerichte in Einzelverfahren eine unrechtmäßige Datenerhebung bestätigt und Betroffenen teils (nicht rechtskräftig) bis zu 5.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Würden sich also, so die Rechnung von Padronus, nur zehn Prozent der gut 50 Millionen Betroffenen in Deutschland der Verbandsklage anschließen, läge der Streitwert bereits bei 25 Milliarden Euro.

Meta-Geschäftsmodell droht in der EU das Aus

Laut Eibl handle es sich jedenfalls um die größte Klage, die je im deutschsprachigen Raum eingebracht wurde. Im vorliegenden Fall geht es auch um das Geschäftsmodell von Meta als solches. "Wenn wir gewinnen, muss Meta die unerlaubte Spionage hierzulande und in Deutschland einstellen", meint der Padronus-Chef.

Anmeldung ab sofort online möglich

Österreichische und deutsche Verbraucher können sich ab sofort auf meta-klage.de bzw. meta-klage.at anmelden und der Verbandsklage anschließen. Die anstehenden Kosten der Verbandsklage gegen Meta trägt zu 100 Prozent Padronus. Im Erfolgsfall erhält der Prozessfinanzierer 9,5 Prozent des zugesprochenen Betrags.

{title && {title} } tmw, {title && {title} } 11.09.2025, 14:22
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