Park-Ärger in Bad Vöslau

Schluck Wasser kostet 395 Euro – Frau zieht vor Gericht

Nach einer Pause am Trinkbrunnen erhält eine Frau ein Schreiben: 395 Euro Strafe oder Klage wegen Besitzstörung. Die Niederösterreicherin wehrt sich.
Victoria Carina  Frühwirth
26.09.2025, 05:15
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Ein Schluck Wasser am heißen Nachmittag könnte für eine Niederösterreicherin teuer werden. Nur drei Minuten hielt sie neben dem Thermalbad Bad Vöslau, um sich am Trinkbrunnen zu erfrischen – wie sie dem "Kurier" erzählt. Wenige Tage später flatterte ihr ein Schreiben ins Haus: 395 Euro Strafe oder Klage wegen Besitzstörung. Das Problem war ihr geparkter Wagen – auf öffentlicher Fläche!

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Von Erfrischung zur Anzeige

Frau M. erinnert sich: Sie habe ihr Auto im Juli nur für ein paar Schluck Wasser abgestellt, "nach vielleicht drei Minuten" sei sie weitergefahren, so die Frau zum "Kurier". Ein Foto, das ihren Wagen beim Stopp zeigt, diente als Beweismittel. Für sie ein Schock, denn es handelt sich an der besagten Stelle um öffentliches Gemeindegebiet. Sie weigerte sich, zu zahlen – und bekam die Besitzstörungsklage tatsächlich zugestellt.

Bürgermeister Christian Flammer (Liste Flammer) bestätigt, viele Autofahrer hätten sich bei der Gemeinde schon wegen der Strafen beschwert. Gegenüber "Kurier" heißt es jedoch, die Gemeinde könne in der Sache nichts machen, es gäbe keine rechtliche Handhabe.

Stadt bemüht sich um Vermeidung

Das bestätigt auch Dieter Geissler gegenüber "Heute". Er ist Leiter im Fachgebiet Umwelt, Verkehr und Infrastruktur der Stadtgemeinde Bad Vöslau. Geissler erzählt, die Gemeinde hätte mit den Anzeigen und Klagen nichts zu tun – es würde sich vermutlich um eine Privatperson handeln. "Frau M. soll 395 Euro bezahlen und sie ist nur eine von vier Betroffenen, mit denen ich im letzten halben Jahr zu tun hatte. Ich verorte hier eine Geldmacherei, deswegen könnte eine Privatperson so aktiv dahinter sein."

Zwei dieser Anzeigetafeln wurden neben dem Thermalbad aufgestellt.
Stadtgemeinde Bad Vöslau

Um weitere Klagen gegenüber der Bevölkerung vorzubeugen, wurden im Jänner zwei Hinweisschilder im betreffenden Bereich angebracht. Darauf der Hinweis: Bitte nicht parken – Anzeigengefahr. Zudem wurde eine betreffende Fläche, die wohl als Klagen-Hotspot gilt, in Knallgelb nachgestrichen.

Die gelbe Markierung wurde kürzlich nachgestrichen.
Stadtgemeinde Bad Vöslau

Gegenüber "Heute" schildert Geissler, die Gemeinde würde nun prüfen und schauen, ob beim Brunnen ein legaler Halteplatz entstehen könnte. Das soll ein Ausweg werden und Autofahrer künftig vor Strafzahlungen schützen.

Er empfiehlt "Falschparkern" auf öffentlichem Gemeindegebiet, sich bei ÖAMTC und ARBÖ über ihre Rechte zu informieren. Auch zu einer Rechtsberatung rät er, denn "eine Klage wegen Besitzstörung ist nur zulässig, wenn der Besitz des Klägers etwa durch das parkende Auto tatsächlich gestört ist".

ÖAMTC: Prüfen, ob Besitz gestört wurde

Der ÖAMTC schreibt auf seiner Website: "Klarerweise muss sich niemand gefallen lassen, in seinem Besitz gestört zu werden. Seit einigen Jahren gehen jedoch einzelne Unternehmen und Anwaltskanzleien in einer Häufigkeit und Art und Weise gegen vermeintliche Störer:innen vor, die klar finanzielle Interessen erkennen lassen. (...) Wichtig ist in jedem Fall rasch vorzugehen und ehrlich zu prüfen, ob man überhaupt fremden Besitz gestört hat. Dabei kommt es rechtlich auf eine gewisse Mindestintensität an, also etwa ob geparkt wurde oder kurz gewendet."

Eine Besitzstörungsklage dürfe außerdem höchstens 30 Tage nach Kenntnis der Störung und des konkreten Störers eingebracht werden. Achtung: Kenntnis des Störers erlangt der Besitzer erst, sobald die Behörde den Fahrzeughalter bekannt gibt.

"Geht ums Prinzip": zig ähnliche Fälle verzeichnet

Für Frau M. ist klar: sie will sich wehren. "Es gibt viele Leute, die betroffen sind, viele haben die 395 Euro bezahlt. Es geht mir nicht vorrangig ums Geld, sondern ums Prinzip. Es ist und bleibt ein Unrecht". Einen Anwalt hat sie bereits engagiert. Mitte November soll die Causa am Bezirksgericht Baden verhandelt werden.

Beim ÖAMTC sind solche Fälle längst bekannt. Die Rechtsberatung bearbeitet allein im Osten Österreichs jährlich über 1.000 Fälle zu Besitzstörungen. Schon das kurze Befahren oder Wenden auf Privatgrund kann für eine Klage ausreichen, wie dieser Fall zeigt.

Gefühl der Ohnmacht

Besonders brisant: Auch wenn es sich gar nicht um Privatgrund handelt, kann eine Klage möglich sein – etwa wenn ein Auto die Zufahrt erheblich blockiert. Allerdings gilt: Der Besitzer muss beweisen, dass er dadurch behindert wurde.

Frau M. fühlt sich auch von der Gemeinde im Stich gelassen. Dass ein kurzer Stopp an einem öffentlichen Brunnen zu einem Gerichtsverfahren führen kann, sorgt bei Betroffenen wie ihr für Ärger. Für M. steht fest: Sie will kämpfen – auch, wenn es bis zur letzten Instanz gehen sollte.

{title && {title} } VF, {title && {title} } Akt. 26.09.2025, 07:30, 26.09.2025, 05:15
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