Sie radikalisieren sich auf TikTok und Instagram, bekommen durch salafistische Influencer ein völlig verzerrtes Bild von Ehre und Scham vermittelt und predigen es dann auch selbst. Die Rede ist von sogenannten Sittenwächtern in Schulen.
Gemeint sind damit Burschen, die darüber wachen, ob vor allem von jungen Mädchen bestimmte moralische, religiöse und vor allem ehrkulturelle Regeln und Sitten eingehalten werden. Auch das Tragen des Kopftuches gehört dazu.
"Das geht so weit, dass Brüder ihren Schwestern oder sogar der eigenen Mutter beim Ablegen des Kopftuches mit dem Tod drohen, um die 'angebliche' Ehre der eigenen Familie zu retten", schilderte Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) am Donnerstag.
Ein "Sittenwächter" ist kein offizieller Begriff, sondern beschreibt ein bestimmtes Verhalten: Junge Leute – meist Burschen – nehmen für sich in Anspruch, über das Verhalten von Mädchen "zu wachen". Das kann verbal ablaufen ("Das darfst du nicht tragen"), über Druck in den Sozialen Kanälen, oder sogar in Form von Drohungen. Es geht dabei nicht um religiöse Praxis, sondern um Kontrolle, Angst und ein falsches Bild von "Ehre". Schulen berichten zunehmend von solchen Fällen.
Doch damit soll nun Schluss sein. Die selbsternannten "Sittenwächter" geraten ins Visier der Politik. Mit dem Kinderkopftuchverbot, das für alle Mädchen bis 14 Jahren an Österreichs Schulen gilt (privat und öffentlich), zeigt die Bundesregierung klare Kante gegen "Sittenwächter" an Österreichs Schulen.
Ihnen soll mit der neuen Kleiderordnung Einhalt geboten werden. Bevor das Gesetz im Schuljahr 2026/27 komplett zu wirken beginnt, soll es schon im kommenden Semester eine "Aufklärungsphase" geben.
Diese sieht dabei nicht nur die Informierung über das Gesetz von Schulen, Eltern und Schülern vor, sondern Lehrer erhalten auch klare Leitlinien, wie sie mit "Sittenwächtern" umgehen können und sollen. "Sittenwächter" sollen dann rasch erkannt werden – etwa, wenn Burschen Mitschülerinnen kontrollieren, ihnen Kleidungsstücke vorschreiben wollen oder sie einschüchtern.
In einem solchen Fall stehen dem Lehrpersonal mehrere pädagogische Maßnahmen offen: Von einer einfachen Ermahnung, über Gespräche mit den Eltern, bis hin zu einer Suspendierung. Wenn nötig, ist auch eine Versetzung in eine Parallelklasse möglich. Und:
"In besonders schweren Fällen können auch strafrechtliche Schritte gesetzt werden, etwa bei Drohungen oder Nötigung!", erklärt das Ministerium gegenüber "Heute".
▶ Gilt bis zum vollendeten 14. Lebensjahr
▶ Das Verbot gilt in allen Schulen (private, öffentliche und konfessionelle)
▶ Alle Formen der islamischen Verhüllung werden verboten (Burka, Hijab)
▶ Gilt in der Klasse, am Pausenhof, im Turnsaal und an den Sportplätzen
Im Gespräch mit "Heute" betont Integrationsministerin Claudia Plakolm, dass es dabei um Schutz geht, vor allem für Mädchen, die unter familiärem oder sozialem Druck stehen. Sie warnt: "Wenn Brüder, Schwestern oder sogar der eigenen Mutter mit Konsequenzen drohen, nur weil sie ein Kopftuch ablegen wollen, dann ist klar: Das hat nichts mit Religion zu tun, sondern mit Kontrolle. Unsere Schulen müssen sichere Orte sein, frei von Angst und Einschüchterung."
"Sittenwächter haben in unseren Schulen keinen Platz. Wenn Mädchen unter Druck gesetzt oder eingeschüchtert werden, müssen wir handeln. Wir schaffen klare Regeln, damit jedes Mädchen frei und ohne Angst aufwachsen kann", stellt die Ministerin klar.
Wie wichtig das Vorgehen gegen Sittenwächter in der Schule ist, schilderte Kenan Güngör, namhafter Experte für Integration in Österreich. Gegenüber "Heute" erzählt er, dass es in den Schulklassen oft zwei bis drei Burschen gibt, die Druck auf ihre muslimischen Mitschüler ausüben.
Die treten auch dominant auf. Es ist eine Form, Macht auszuüben 'da bin ich der Mächtige', so fühlen sie sich." Motto: "Es ist egal, was du denkst, du musst es so machen, wie ich will."
Sie achten aber nicht nur, dass das Kopftuch getragen wird, sondern auch, dass zu Ramadan gefastet wird oder dass muslimische Mädchen keinen Freund haben. "Da gab es Fälle, da wurden männliche Jugendliche zusammengeschlagen und die Mädchen massiv unter Druck gesetzt", gibt er einen Einblick.