Uber ist in den USA mit gravierenden Vorwürfen konfrontiert. Zwischen 2017 und 2022 meldeten Fahrgäste 400.181 Fälle von sexuellen Übergriffen oder anderem sexuellen Fehlverhalten durch Uber-Fahrer. Das zeigen neu entsiegelte Gerichtsunterlagen. Laut einer Recherche der "New York Times" sind es damit weit mehr als die 12.522 Übergriffe, die das Unternehmen bisher öffentlich gemacht hatte.
Im Schnitt ging alle acht Minuten eine Beschwerde ein. Über 2.300 Betroffene aus dem ganzen Land klagen nun gemeinsam. Sie werfen Uber vor, Fahrer unzureichend zu überprüfen, Warnsignale zu ignorieren und die Sicherheit der Passagiere hinter den eigenen Profit zu stellen. Die ersten Prozesse sollen demnach im Dezember vor einem Bundesgericht in San Francisco beginnen.
Die Unterlagen zeigen laut der Zeitung, dass Uber die Vorfälle nicht unabhängig prüfen ließ und dass die Zahl der gemeldeten Übergriffe seit 2022 gestiegen ist. Rund 75 Prozent der Meldungen betreffen laut Hannah Nilles, Ubers Sicherheitschefin für Nord- und Südamerika, "weniger schwere Vorfälle" wie anzügliche Kommentare, unerwünschte Flirts oder obszöne Sprache.
Sie betonte, dass auch falsche Meldungen darunter sein könnten. Uber bestreitet, Daten zurückgehalten zu haben, und erklärte, dass alle Vorfälle zusammen nur 0,006 Prozent aller Fahrten ausgemacht hätten. Schwere Übergriffe seien noch seltener gewesen, bei 0,00002 Prozent oder einer von fünf Millionen Fahrten.
Laut dem Bericht zeigen Ubers eigene Analysen klare Muster. Die meisten Übergriffe ereignen sich nachts in der Nähe von Bars, oft sind die Opfer alkoholisiert. Täter sind in der Regel Männer, gegen die bereits Beschwerden vorliegen und die schlechte Bewertungen haben. Trotz dieser Erkenntnisse setzte Uber empfohlene Sicherheitsmaßnahmen offenbar nur verzögert um. Dazu zählen verpflichtende Videoaufzeichnungen und die gezielte Vermittlung von Fahrerinnen an weibliche Passagiere.
Das unternehmenseigene System Safety Risk Assessed Dispatch (S-RAD) konnte in Tests in Los Angeles 15 Prozent der Übergriffe vorhersagen. Interne Präsentationen bezeichneten es als wirksamstes Mittel, um Angriffe zu verhindern. Ein internes Papier aus dem Jahr 2024 zeigt jedoch, dass das System weiterhin Fahrten mit erhöhtem Risiko zuteilte.
Die Unterlagen legen nahe, dass Sicherheitsentscheidungen auch von geschäftlichen Interessen beeinflusst wurden. Uber wollte demnach sein Geschäftsmodell schützen, bei dem Fahrer als Selbstständige arbeiten, so der Vorwurf. In einem internen Dokument von 2021 heißt es: "Unser Ziel ist es nicht, die Polizei zu sein. Wir wollen das für uns tragbare Risiko festlegen."
Uber erklärte, man habe Milliarden in Sicherheit investiert, die Rate schwerer Übergriffe um 44 Prozent gesenkt und Systeme wie S-RAD eingeführt, um Fahrer und Passagiere sicherer zu verbinden. "Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass Uber transparenter mit dem Thema sexuelle Übergriffe umgeht als jedes andere Unternehmen", teilt das Unternehmen weiter mit.