Am Weg nach Budapest

"Staaten müssten Putins Flugzeug zur Landung zwingen"

Geopolitik-Experte Klemens Fischer über das anstehende Treffen zwischen Trump und Putin in Ungarn. Staaten müssten Putin theoretisch stoppen, sagt er.
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17.10.2025, 17:46
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Nach einem Telefonat mit Wladimir Putin kündigte US-Präsident Donald Trump ein baldiges Gespräch mit dem Kreml-Kriegstreiber an, um über ein Ende des Ukraine-Invasion zu verhandeln.

Der Ort sorgt für Brisanz: Ungarn müsste Putin aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs eigentlich festnehmen. Machthaber Viktor Orbán hingegen feiert die Ankündigung – und stellt sich offen an die Seite Putins.

Die Rolle des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bleibt vorerst unklar. Er trifft sich zwar am Freitag mit Trump in Washington, doch in den Gesprächen mit Putin wurde er nicht erwähnt. Was bedeutet dieses geplante Treffen für die Ukraine, Europa und den Krieg? Dazu Geopolitik-Experte Klemens Fischer.

Klemens Fischer ist Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln.
Wikipedia, CC BY-SA 4.0

Ist es Zufall, dass Trump ausgerechnet am Tag vor dem Treffen mit Selenskyj so lange mit Putin telefonierte?

Fischer: Nein, das war kein Zufall. Trump will den Ukraine-Krieg unbedingt zu seiner Erfolgsbilanz hinzufügen. Putin wiederum hat den Zeitpunkt bewusst gewählt, um Trump noch vor dessen Gespräch mit Selenskyj zu beeinflussen – vor allem, damit die USA nicht zu klar auf Seiten der Ukraine stehen.

Wie stehen die Chancen, dass das Treffen in Budapest wirklich stattfindet?

Das ist noch offen, da der Kreml sich bisher nicht offiziell geäußert hat. Die Wahrscheinlichkeit ist aber eher hoch, sodass man aktuell mit einem Treffen rechnen kann.

Wer profitiert von der Ankündigung?

Vorläufig profitieren zwei Akteure: Putin, weil Selenskyj und die Europäer massiv verunsichert sind. Und Orbán, der plötzlich in aller Munde ist – wobei sich das schnell ins Gegenteil verkehren könnte, falls das Treffen doch nicht in Budapest stattfindet.

Wie soll Putin überhaupt nach Ungarn reisen, ohne über Länder zu fliegen, die Mitglied im Internationalen Strafgerichtshof (ICC) sind?

Das wäre nur möglich, wenn sogenanntes "freies Geleit" vereinbart wird. Das Völkerrecht sieht dieses Instrument vor, wenn sich Staaten darauf einigen, einem Unterhändler zu ermöglichen, an diplomatischen Verhandlungen teilnehmen zu können.

Würde ein europäisches Land die Präsidentenmaschine tatsächlich zur Landung zwingen?

Rechtlich besteht eine belastbare Verpflichtung, ein derartiges Flugzeug zur Landung zu zwingen, die technische Seite wird vor allem durch die Möglichkeiten der Luftraumüberwachung und der einsetzbaren Flugzeuge beschrieben.

Fraglich aber ist, ob in derartigen Fällen auch zu Gewalt gegriffen, ob also eine Landung erzwungen werden darf. Hier ist die Rechtslage nicht mehr eindeutig, da das Prinzip der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden muss. Eine Art Selbstjustiz darf es nicht geben.

Kann Putin überhaupt riskieren, NATO-Territorium zu überfliegen?

Die NATO selbst ist nicht Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs und daher nicht befugt, den Haftbefehl zu vollstrecken. Dies ist ausschließliche Kompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten.

Bringt ein Treffen in Budapest mehr als jenes in Alaska vor zwei Monaten?

Das Alaska-Treffen war eigentlich ein atmosphärisches Meeting, bei dem Trump und Putin die persönliche Ebene abgeklopft hatten. Die Erwartungshaltung war extrem hoch, obwohl die USA und Russland diese Erwartungen bereits im Vorfeld gedämpft hatten. Schon jetzt ein Ergebnis eines möglichen Treffens in Budapest vorherzusagen, ist mit dem derzeitigen Wissensstand seriöserweise nicht möglich.

Würde ein Treffen in Budapest Europas Position schwächen?

Ja, das ist eine der wenigen Voraussagen, die man treffen kann. Allein die Tatsache, dass Putin auf EU-Territorium empfangen wird, unterläuft die Bemühungen der EU, ihn international zu isolieren.

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