Brüssel erhöht im Streit um den Familiennachzug den Druck auf Österreich: Die EU-Kommission droht mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und hat Österreich am Donnerstag ein zweites Mahnschreiben zugestellt. Auch Polen erhielt ein entsprechendes Schreiben.
Aus Sicht der Kommission bekommen nach österreichischem und polnischem Recht bestimmte nicht aus der EU stammende, erweiterte Familienangehörige von EU-Bürgern nicht die richtigen Aufenthaltsdokumente und werden von bestimmten Rechten ausgeschlossen.
Die Behörde verweist darauf, dass die Freizügigkeitsrichtlinie der EU die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Familienangehörigen von EU-Bürgern die Einreise und den Aufenthalt zu gestatten und zu erleichtern. Nach EU-Recht müssten diese Angehörigen die gleichen Rechte haben wie unmittelbare Familienmitglieder wie Ehepartner oder Kinder. Österreich und Polen seien bereits 2011 und 2024 bzw. im März 2025 von der Kommission verwarnt worden.
Nun läuft die Uhr: Österreich hat zwei Monate Zeit, um auf das Schreiben zu reagieren und die verlangten Änderungen umzusetzen. Geschieht das nicht, kann die EU-Kommission den Fall vor den Gerichtshof bringen.
Parallel dazu läuft ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich und vier andere EU-Staaten. Dabei geht es um die Verpflichtung, der Kommission Zolldaten über das System SURV3 zu übermitteln.
Die Mitgliedstaaten müssen darüber Daten aus ihren nationalen Ein- und Ausfuhranmeldungen schicken, die 57 standardisierte Datenelemente umfassen. Laut Kommission liefern die betroffenen Staaten jedoch nur einen Teil dieser Informationen und verwenden zudem weiter veraltete Formate. Auch in diesem Verfahren steht der Gang zum Europäischen Gerichtshof als nächster Schritt im Raum.