Neue Zahlen

Arbeitslos – jeder Dritte kämpft mit Krankheiten

Trotz wirtschaftlich schwieriger Lage waren zuletzt mehr Menschen in Jobs als vor einem Jahr. Gleichzeitig stieg aber auch die Zahl der Arbeitslosen.
Aram Ghadimi
02.09.2025, 06:15
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Nach drei Jahren der Rezession springt auch in der zweiten Jahreshälfte 2025 die Wirtschaft nicht richtig an. Am österreichischen Arbeitsmarkt zeigt sich ein gemischtes Bild: Während Ende August die Zahl der AMS-Gemeldeten um 13.963 Personen (plus 4,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahr angewachsen ist, hat auch gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten um rund 11.000 Personen zugenommen. In Österreich sind derzeit 301.421 Personen arbeitslos gemeldet – 44.639 davon beim AMS in Niederösterreich.

Bundesweit plus 4,2 Prozent

Während der letzten Monate gab es gegenüber dem Vorjahr einen kontinuierlichen Zuwachs an Arbeitslosen und AMS-Schulungsteilnehmenden, der sich im August, und davor im Juli, etwas abschwächte. Rechnet man die 65.699 Personen, die sich in Schulungen befinden, zu den Arbeitslosen dazu, dann sind derzeit österreichweit 367.120 Menschen arbeitssuchend gemeldet – eine Steigerung um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Bei fast einem Drittel der Jobsuchenden in Niederösterreich wird der berufliche Wiedereinstieg durch gesundheitliche Probleme erschwert.“
Martina FischlmayrSprecherin, AMS Niederösterreich

AMS Niederösterreich setzt auf Kurse

Auf den ersten Blick steht Niederösterreich im Vergleich dazu besser da: Im flächenmäßig größten Bundesland gab es, laut AMS, lediglich ein Plus von 2,8 Prozent bei Arbeitssuchenden. Gleichzeitig befanden sich aber um 7,8 Prozent mehr Personen in Schulungen.

Kurzum: 44.639 Arbeitslose stehen 8.242 Schulungsteilnehmenden gegenüber. Anders gesagt, befindet fast jede fünfte am AMS gemeldete Person in einem Kurs oder einer anderen Weiterbildungsmaßnahme. Inklusive Schulungsteilnehmenden befanden sich 52.881 Personen in Niederösterreich auf Jobsuche – ein Plus von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Mehr Frauen als Männer

Arbeitslosigkeit trifft Frauen überproportional häufiger als Männer: Im August betrug der Zuwachs bei Frauen gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr bundesweit 6,1 Prozent. Bei Männern lag er nur bei 3,7 Prozent. In Niederösterreich fiel dieser Anstieg sowohl bei Frauen (3,4 Prozent), als auch bei Männern (2,1 Prozent) geringer aus.

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Junge und Ältere weiterhin stärker betroffen

Nach wie vor stehen in Niederösterreich besonders Jugendliche und ältere Personen ab 50 vor großen Herausforderungen bei der Jobsuche: Während es bei den Älteren eine Steigerung der Arbeitslosigkeit um 3,4 Prozent (522 Personen) gab, liegt sie bei Personen im Haupterwerbsalter lediglich bei 1,9 Prozent.

Am stärksten fällt der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen im Alter bis 24 Jahre aus: Hier gibt es ein Plus von 4,9 Prozent (auf 4.878 Personen). Österreichweit erhöhte sich die Jugendarbeitslosigkeit bis Ende August unterdurchschnittlich, um 1,7 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl an Lehrstellen.

Scheibbs und Waidhofen an der Ybbs

Als Ausreißer der aktuellen Statistik des Bundeslandes Niederösterreich erscheinen die Bezirke Scheibbs und Waidhofen an der Ybbs – nirgendwo gab es einen höheren relativen Anstieg der Arbeitslosigkeit: In Scheibbs verzeichnete das AMS ein Plus von 20,2 Prozent bei Arbeitslosen (600 Personen) in Waidhofen an der Ybbs waren es sogar plus 22,3 Prozent (515 Personen).

Seitens des AMS heißt es, dass dieser Anstieg auf die "Industrielastigkeit dieser Regionen" zurückzuführen sei: "In kleinen Arbeitsmarktbezirken schlagen branchenabhängige Schwankungen besonders stark durch und führen daher zu überproportionalen Veränderungen im Vergleich zum niederösterreichischen Durchschnitt."

So entfalle allein auf die Warenproduktion rund ein Drittel des Zuwachses in Scheibbs und fast die Hälfte von dem in Waidhofen an der Ybbs. Trotz dieser Entwicklung liege die Zahl der Arbeitslosen gemessen an den Erwerbstätigen (Arbeitslosenquote) in beiden Bezirken mit 3,2 (Scheibbs) bzw. 3,8 Prozent (Waidhofen/Ybbs) deutlich unter dem niederösterreichischen Durchschnitt von 6,1 Prozent.

Immer weniger Stellen

Österreichweit sank die Zahl der beim AMS gemeldeten, sofort verfügbaren offenen Stellen auch im August 2025. Gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr sogar um -12,9 Prozent. Konkret bedeutet dies, dass in Österreich 367.120 Menschen ohne Arbeit 80.838 Stellen gegenüberstehen. Es gibt also 4,5-fach mehr Arbeitssuchende als dem AMS gemeldete Stellen.

In Niederösterreich sind dem AMS aktuell 14.053 freie Stellen gemeldet. Das sind um 10,2 Prozent weniger als im August des Vorjahres. Die deutlichsten Einbußen gab es bei wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (minus 24,1 Prozent), Verkehr und Lagerei (minus 18,6 Prozent) und in der öffentlichen Verwaltung (minus 16,5 Prozent).

Beschäftigung stieg gleichzeitig

Nicht nur die Arbeitslosigkeit steigt. In manchen Regionen und Branchen steigt derzeit auch die Zahl der Arbeitenden in unselbständigen Dienstverhältnissen. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2025 erhöhte sich diese in sechs Bundesländern. Niederösterreich konnte hier nach Wien (plus 1,2 Prozent oder 10.824) den zweithöchsten Zuwachs an neuen Dienstverhältnissen verzeichnen: 2.028 Personen zusätzlich nahmen eine Arbeit auf.

AMS vor neuen Herausforderungen

"Heute" hat beim AMS in Niederösterreich nachgefragt, wo derzeit die größten Herausforderungen liegen. In der Beantwortung der Anfrage weist eine Sprecherin neben der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit auf ein bisher wenig besprochenes Problem hin:

"Bei fast einem Drittel der Jobsuchenden in Niederösterreich wird der berufliche Wiedereinstieg durch gesundheitliche Probleme erschwert. Besonders betroffen ist die Generation 50 plus. Ein Trend, der nicht abreißen wird, da die Zahl der Personen mit diesen Herausforderungen durch die steigende Lebenserwartung und längerer Lebensarbeitszeit zunehmen wird", heißt es seitens des AMS.

Jeder Dritte hat gesundheitliche Probleme

Eine von drei Personen (29 Prozent) in NÖ hat gesundheitliche Probleme – eine Zunahme von 14 Prozent innerhalb der letzten 10 Jahre. Alleine von 2009 bis 2024 stieg der Anteil an Jobsuchenden mit gesundheitlichen Problemen, gemessen an allen Arbeitslosen, auf mehr als das Doppelte. Bei Personen über 50 Jahre hat, laut AMS, sogar jede zweite gesundheitliche Probleme – und damit Vermittlungseinschränkungen.

Waren früher ehemalige Bauarbeiter die klassischen Reha-Kunden, sind es heute vermehrt Betroffenen aus der Dienstleistungsbranche (Gastronomie, Handel, etc.): 43 Prozent der Jobsuchenden aus diesem Bereich haben mit ihrer Gesundheit zu kämpfen.

AMS NÖ-Landesgeschäftsführerin Sandra Kern betont: "Bei uns in Niederösterreich stehen 40 auf berufliche Reha spezialisierte AMS-Beraterinnen und Berater den Jobsuchenden mit gesundheitlichen Problemen zur Seite. Seit Jahresanfang ist es 6.395 von ihnen der berufliche Wiedereinstieg gelungen." Mit einem eigenen Programm versuche man hier möglichst viele Menschen zurück in Lohnarbeit zu bringen.

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 02.09.2025, 10:43, 02.09.2025, 06:15
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