"Ich war die einzige Österreicherin im Englischkurs – und das mit 61!", erzählt Helga (Anm. Name von der Redaktion geändert) im Gespräch mit "Heute". Sie meldete sich nach dem Aufreger-Bericht von Leser Mark, der über fragwürdige Zustände in AMS-Kursen berichtet hatte. Was Helga erzählt, passt ins Bild – und wirft ein grelles Licht auf ein System, das viele nur noch den Kopf schütteln lässt.
Helga sollte auf Wunsch ihrer AMS-Beraterin Englisch lernen – "weil ich vielleicht mal nach London auf Urlaub fliege", erinnert sie sich kopfschüttelnd. Andere Teilnehmer im Kurs? Laut Helga kaum der deutschen Sprache mächtig: "Eine Türkin in meinem Alter konnte nur 'Nix verstehen' sagen – obwohl sie seit 30 Jahren in Österreich lebt."
Besonders bitter: Während viele andere im Kurs Sozial- und Kulturpässe bekommen hätten, ging Helga leer aus – weil sie von ihrer verstorbenen Mutter Schmuck im Wert von knapp 14.000 Euro geerbt hat. "Jetzt zahle ich davon Miete und Essen – wenn das Geld weg ist, darf ich endlich um Mindestsicherung ansuchen."
Auch in anderen Kursen sei ihr das System sauer aufgestoßen. "Da war eine Frau, deren Mann hat sie vom Kurs abgeholt und die sind jeden zweiten Tag in ein Wiener Luxus-Hotel am Ring Kaffee trinken gegangen. Die war total arrogant und hochnäsig", erzählt Helga, die sich auch über die Politik in Wien ärgert:
"Es wird zwar immer gesagt, dass alle gleich sind, in Wirklichkeit sind aber die Österreicher die Deppen der Nation." Im Gespräch mit "Heute" offenbart dann Helga auch noch ihre größte Sorge: "Ich habe Angst, dass sie mich vielleicht wieder in einen SÖB (Anm. Sozialökonomischer Betrieb) stecken."
Bei einem SÖB handelt es sich laut AMS um ein "unter anderem vom Arbeitsmarktservice (AMS) gefördertes Soziales Integrationsunternehmen, das zeitlich befristete Arbeitsplätze für arbeitsmarktferne Menschen zur Verfügung stellt. Diese sogenannten Transitarbeitsplätze sind für Menschen gedacht, die aus verschiedensten Gründen schon lange arbeitslos sind und sollen ihnen helfen, wieder eine ungeförderte Beschäftigung zu finden."
Im Video: AMS-Chef Kopf im "Heute"-Interview
Doch warum will Helga dort nicht mehr hin? "Dort lesen Sie keine deutschen Namen mehr. Ich will da nicht hin." Da sie noch den Schmuck ihrer Mutter hat, der fast 14.000 Euro wert ist, bekommt die ehemalige Waldviertlerin keine Mindestsicherung. Und sie ist offenbar nicht die einzige.
"Meistens haben die Österreicher noch was von früher gespart und kriegen nichts, keinen Sozialpass, keinen Kulturpass, keine Wohnbeihilfe. Man kann nur Mietbeihilfe beantragen, das ist was anderes als Wohnbeihilfe, aber dann muss man der Stadt alles offenlegen. Wenn man Österreicher ist, prüft die Stadt alles", sagt Helga.