Die erste Nationalratssitzung am Mittwoch nach der Sommerpause startet mit einem ordentlichen Wirbel. Die Stimmung im Parlament war angespannt – bis die Situation während der aktuellen Europastunde am Vormittag eskalierte.
Denn die Grünen wollten die Gelegenheit nutzen, um die Regierungsspitze bezüglich der EU-Klimaziele zur Rede zu stellen. Doch von denen war niemand anwesend – Bundeskanzler Christian Stocker und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger befinden sich aktuell in New York.
Bleibt also nur noch Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), er ist immerhin aktuell das ranghöchste Regierungsmitglied in Österreich. Doch auch der Vizekanzler war auf der Regierungsbank nicht zu sehen – dort saßen lediglich Klimaminister Norbert Totschnig und Staatssekretär Alexander Pröll (beide ÖVP), letzterer als Vertretung für Stocker.
Dass Babler der Debatte fern blieb, war den Grünen ein Dorn im Auge. Doch damit nicht genug, denn Grüne-Abgeordnete Sigrid Maurer soll Babler zuvor im Gang gesehen haben. Er sei zur Cafeteria spaziert, für einen Handshake mit der Abgeordneten hatte er Zeit, heißt es gegenüber "Heute".
Dass der rote Chef im Parlament war, aber nicht an der Sitzung teilnahm, ist für Maurer unverständlich. Das teilte sie auch dem Plenum mit und setzt mitten in der Tagesordnung zu einer Wutrede an.
"Wir haben heute eine aktuelle Europastunde, die wir an den Vizekanzler Andreas Babler gerichtet haben. Entgegen der Usancen dieses Hauses, lässt er sich heute vom Staatssekretär Pröll vertreten. Gleichzeitig hängt er in der Cafeteria ab und trinkt dort Kaffee oder was auch immer", donnerte die Grüne.
"Die Chuzpe zu haben, im Haus anwesend zu sein, in der Cafeteria zu sitzen anstatt hier auf der Regierungsbank und sich der parlamentarischen Debatte dieses Hauses zu stellen – das ist aus meiner Sicht unerreicht", legte die Grüne nach.
Die SPÖ nimmt gegenüber "Heute" Stellung. "Der Vizekanzler nimmt Termine im Haus wahr. In der Cafeteria war er nicht. Die aktuelle Europastunde hat sich an den Bundeskanzler gerichtet – nicht an den Vizekanzler – der hat Staatssekretär Pröll um seine Vertretung gebeten. Auch Nationalratspräsident Walter Rosenkranz betonte, dass es kein Gesetz gibt, das Babler dazu verpflichte, der Debatte beizuwohnen. Es handle sich um ein persönliches Anliegen Maurers.
"Babler stellt sich gerne als Klimaschützer dar, aber wenn’s ernst wird, sucht er das Weite. Wer beim Klimaschutz nur Sprüche klopft und dann die Debatte scheut, entlarvt sich selbst", erwidert Maurer gegenüber "Heute".
Dass Babler nicht direkt verpflichtet war, bei der Debatte anwesend zu sein, wusste auch Maurer und sprach deshalb von einer "Usance" des Hauses. Die Debatte dürfte aber nur die Spitze des Eisberges sein.
In ihrer Wutrede enthüllte Maurer nämlich auch, dass Babler sich laufend vertreten lasse: "Es ist nicht das erste Mal. Er lässt sich auch bei jedem Verfassungsausschuss zu Medienthemen vertreten und auch bei zahlreichen anderen Terminen."
"Es gibt das Vertretungsrecht ja, aber dass er gleichzeitig in der Cafeteria sitzt, während wir hier diskutieren, das geht sich nicht aus", so Maurer. Sein Verhalten sei eine "Missachtung der Würde des Hauses".
Das Thema endet hier aber nicht: Bablers Fernbleiben wird auch Thema für die nächste Präsidiale, so Maurer.