Er stolperte über seine Hybris

Mahrer-Aus verschiebt ÖVP-Machtbasis endgültig nach NÖ

Der Wirtschaftsbund – bisher gewichtiges Machtzentrum der ÖVP – ist massiv geschwächt. In der Partei hat nun Johanna Mikl-Leitner das Sagen.
Clemens Oistric
13.11.2025, 18:00
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"Wenn dir die Karten, die auf dem Tisch liegen, nicht gefallen, dann wirf den Tisch um" – frei nach Frank Underwood ("House of Cards") nahm nun Johanna Mikl-Leitner das Blatt in der ÖVP in die Hand.

Als sie mit ihrem Statement ("Frontalschaden") den Daumen senkte, war klar: Game over für Mahrer. Der WKO-Boss versuchte sich zwar hinter den Kulissen noch mit Händen und Füßen gegen das Unausweichliche zu wehren – letztlich ohne Erfolg.

Multi-Funktionär Mahrer ist am Ende auch über seine Hybris gestolpert. Erst hatte er wegen der für den ÖVP-Wirtschaftsbund wichtigen Wirtschaftskammer-Wahl monatelang das Land in Geiselhaft genommen, zwei Koalitionsverhandlungen torpediert und sogar einen Kanzler in den Rücktritt getrieben.

Wofür? Um sich über den Umweg FPÖ am Ende doch noch als Architekt einer mit Gewerkschaftsboss Wolfgang Katzian auf den Weg gebrachten "Sozialpartner-Koalition" feiern zu lassen. Dass er diese bereits wenige Monate später öffentlich und wortreich geißelte, kostete ihn viel Unterstützung. Mahrer zog zwar einerseits gegen den "fetten Staat" vom Leder, forderte Lohnzurückhaltung – erhöhte sich und den Seinen aber zeitgleich die ohnedies schon fürstlichen Kammer-Gagen.

Mikl-Leitner nun mächtigste ÖVP-Politikerin

Mit dieser Doppelmoral hat er sich viele Feinde in der ÖVP geschaffen. Bei den Schwarzen verschiebt sich nach seinem Aus das Machtzentrum nach Niederösterreich.

Dort sitzt Johanna Mikl-Leitner – prominente Vertreterin des ÖAAB– fester denn je im Sattel. Aber auch der Bauernbund hat in NÖ seine Basis. Er ist der zweite (in der Öffentlichkeit stets stille) Profiteur der schwarzen Causa prima, der innerparteilich an Gewicht zulegt.

Der Wirtschaftsbund jedenfalls ist in der schwarzen Welt massiv geschwächt und braucht jetzt einen glaubhaften Neustart. Mit Harald Mahrer an der Spitze war dieser öffentliche Kampf nicht mehr zu gewinnen. Man sollte aber auch nicht jene Damen und Herren in den Länder-Präsidien aus der Verantwortung entlassen, die zunächst dankbar bei den Gagen-Erhöhungen zugegriffen haben und dann Mahrer genau dafür das Messer in den Rücken gerammt haben.

Charakterlich wahrlich auch kein feiner Zug, hier hat Harald Mahrer absolut recht. Dass er (spät, aber doch) erkannt hat, dass es Zeit ist zu gehen, ist ihm anzurechnen ...

{title && {title} } coi, {title && {title} } Akt. 13.11.2025, 18:21, 13.11.2025, 18:00
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