Eine ministerielle Aufsichtsbehörde soll mit sofortiger Wirkung bei der Wirtschaftskammer Österreich einschreiten. Das fordert jedenfalls Roman Hebenstein, Vorsitzender der Gewerkschaft Vida, in einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) und Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ).
Grund dafür sei "ein massives Problem bei der öffentlichen Kommunikation der WKÖ". Diese habe nämlich in einer Aussendung argumentiert, dass missbräuchliche Krankenstände die Wirtschaft jährlich bis zu 8,5 Milliarden Euro an "Wertschöpfungsverlusten" kosten würden.
"Die 8,5 Milliarden Euro stammt laut WIFO-Fehlzeitenreport aus dem Jahr 2023 und beziehen sich auf die Gesamtkosten, die durch alle gemeldeten Krankenstände", stellte Hebenstein klar.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer will die Aufforderung nicht unkommentiert lassen. "Ich kann bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt – dem Versenden einer Pressemitteilung – keine Verletzung der Aufgaben der Wirtschaftskammer Österreich im Sinne der ihr zukommenden Aufgaben nach dem Wirtschaftskammergesetz 1998 erblicken", stellte der Minister klar. "Ich sehe daher für aufsichtsbehördliche Maßnahmen keine rechtliche Grundlage", so Hattmannsdorfer.
Hingegen sei Sozialbetrug "sehr wohl eine erhebliche Belastung für unsere heimischen Systeme". Deshalb sei es auch wichtig, diesen Missbrauch konsequent zu verhindern. "Darüber hinaus muss es unser gemeinsames Anliegen sein, auf Basis korrekter Zahlen zu diskutieren und eine Datengrundlage zu schaffen, die verdeutlicht, wie gravierend die Auswirkungen von Sozialbetrug auf den Sozialstaat sind", betonte der Minister.
Hattmannsdorfer streckt bei der Bekämpfung des Sozialmissbrauches jedenfalls die Hand aus: "In diesem Sinne würde ich mich sehr freuen, wenn wir uns gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich zu diesem Thema austauschen könnten, um Handlungsmöglichkeiten gegen Sozialbetrug zu beleuchten."
Gegenüber "Heute" erklärte der ÖVP-Politiker zudem, dass Sozialbetrug kein ideologisches Thema sei, "sondern eine Frage der Fairness". "Wer das System ausnutzt, schwächt das Vertrauen in unseren Sozialstaat und benachteiligt jene, die ihn mit ihrer Arbeit tragen", erklärt Hattmannsdorfer.
Mit einem offenem und faktenbasierten Dialog will der Wirtschaftsminister an gemeinsamen Lösungen arbeiten. "Ich will Brücken bauen – zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen. Wenn wir mehr Fairness für alle arbeitenden Personen wollen, müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen", erklärte er gegenüber "Heute".