Ein Streit um 750 Euro Kaution eskalierte im März in einer Männer-WG. Ein 27-jähriger Ungar schlug seinem Mitbewohner mit der bloßen Faust zwei Zähne aus und misshandelte ihn mit einem "Fisch-Totschläger" – einem Gegenstand, der einem Baseballschläger ähnelt.
Der Fisch-Totschläger wird seinem Namen gerecht – seine Verwendung liegt für gewöhnlich bei Anglern. Jetzt stand der 27-Jährige vor dem Landesgericht Korneuburg – und versuchte, sich herauszureden.
Es begann mit einem Missverständnis: Der 27-jährige Ungar wollte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und seine Kaution zurückbekommen. Sein ebenso ungarischer Mitbewohner, der eigentliche "Hauptmieter", wollte erst mit dem Vermieter klären, ob Schäden entstanden sind. Als der Ausziehende dann erfuhr, dass der Vermieter nie etwas von einer Kaution gesehen hatte, drehte er durch.
Was dann passierte, klingt wie aus einem schlechten Krimi. Der Mann soll gegen die Zimmertür des Mitbewohners geschlagen und Geld für die Kaution gefordert haben. Der Hauptmieter wollte die Wogen noch glätten und die Summe per Handy überweisen – da flogen schon die Fäuste.
Laut der Staatsanwältin schlug der Angeklagte erst ins Gesicht, würgte das Opfer und holte dann einen hölzernen Fischtotschläger aus seinem Zimmer. Damit prügelte er auf Gesicht und Arme des Opfers ein.
Die Bilanz: Zwei ausgeschlagene Schneidezähne, zahlreiche Prellungen und blaue Flecken. "Ja, die Verletzungen sind schon passiert", gestand der Angeklagte laut "NÖN" vor Gericht. Doch wie es dazu kam, sah er ganz anders.
Der 27-Jährige wies jede Verantwortung von sich. "Diese Person hat mich in den Monaten davor laufend provoziert. Er hat mir auch immer mein Essen gestohlen, da gibt es eine lange Vorgeschichte", sagte der Angeklagte. Er sei selbst mit der Faust angegriffen worden.
„Trieb sich in der Nacht an Orten rum, wo man sich nicht rumtreiben sollte.“Angeklagter Ungar vor Gericht
Gekontert habe er zwar, aber: "Mit dem Totschläger habe ich nicht zugeschlagen." Die schweren Verletzungen soll sich das Opfer woanders zugezogen haben: "Er trieb sich in der Nacht an Orten rum, wo man sich nicht rumtreiben sollte."
Die Richterin blieb skeptisch. Der Angeklagte hatte damals nur an den Handknöcheln Verletzungen, während sein Mitbewohner blutverschmiert und blau geschlagen war.
Das Gewaltopfer gab an, nach der Bluttat soll der Täter ihm noch mit einem Messer in der Hand gedroht haben. Weil der "Hauptmieter" die Zimmertür des "Nebenmieters" versperrte, blieb letzterem nichts Anderes übrig, als sich durch sein Fenster in Freiheit zu retten.
Von dort sei er zur Polizeistation gelaufen, habe den Fall aus seiner Sicht geschildert und wurde gleich darauf im AKH aufgenommen. Die Spuren der Gewalt wurden später in einem 30-seitigen Gutachten des AKH dokumentiert. Die Nase des 28-Jährigen muss erneut gebrochen und gerade gerichtet werden, zwei Schneidezähne fehlen ihm, von sämtlichen Prellungen und Blutergüssen abgesehen. Zehn Tage habe er Schmerzen gehabt, zwei Tage sei er im AKH gelegen.
Da der 28-jährige Ungar nicht sozialversichert ist, musste er die Kosten für Rettungseinsatz, AKH und Behandlung selbst bezahlen. Die Privatbeteiligtenanwältin machte infolge 11.274 Euro insgesamt geltend, knappe 4.500 Euro davon für die medizinische Versorgung des Verletzten.
Körperverletzung, Nötigung und Drohung – dafür bekam der Angeklagte 22 Monate bedingte Haft. Der hölzerne Fisch-Totschläger und das Survival-Messer wurden konfisziert, ein Gewalttraining ist verpflichtend.
Die Richterin kommt zum Schluss: "Der Schöffensenat hatte keine Zweifel, dass alles so passiert ist, wie die Verletzungen dokumentiert sind." Zusätzlich zu den Prozesskosten muss der angeklagte 27-Jährige dem Opfer 5.000 Euro für medizinische Versorgung und Schmerzen zahlen.
Der Verteidiger kündigte Berufung an. Seine Strategie: "Wenn Sie Zweifel haben, dass alles so passiert ist, wie die Staatsanwaltschaft das behauptet, dann müssen Sie einen Freispruch treffen." Die Richterin warnte: "Dem Angeklagten ist aber schon klar, dass sich das Strafmaß auch erhöhen kann?" Die Reaktion des Verteidigers: Achselzucken. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.