Nach zehn Tagen im heftigen Kreuzfeuer der Kritik wurde die Luft für Harald Mahrer immer dünner. Am Donnerstag trat er dann endgültig als WKO-Chef zurück, nachdem sogar ÖVP-Granden – allen voran NÖ-Landeschefin Johanna Mikl-Leitner – ihrem Parteifreund den Rücken gekehrt hatten.
Persönlich vor die Presse trat er nicht, er lieferte lediglich ein Videostatement. Sichtlich mitgenommen bedankte sich der 52-Jährige bei den Mitarbeitern der Kammer sowie bei allen Unternehmern. Jedoch sehe er "derzeit keine Möglichkeit, verantwortungsvolle Beiträge für eine positive Zukunftsentwicklung zu leisten".
Zur Causa Mahrer war im "Ö1-Morgenjournal" Polit-Experte Thomas Hofer zu Gast. Für ihn war das persönliche Statement Ex-WKO-Chefs kein Schuldeingeständnis, sondern eine Schuldzuweisung. Mahrer habe "von persönlichen Ressentiments und Populismus" gesprochen, was ihn schließlich zum Rücktritt gezwungen habe. Ein Zeichen dafür, wie tief die Risse in der Wirtschaftskammer seien, meint der Experte.
Laut Hofer würde Mahrer auch Präsidentenkollegen in der Verantwortung sehen, die ihn zum Rücktritt gezwungen hätten. Der Experte sieht dies differenzierter. Hofer zufolge seien die letzten zehn Tage ein Beispiel für misslungene Krisenkommunikation gewesen. Der Schaden sei immens, "und zwar nicht nur für die WKO, sondern eben auch für die ÖVP". Dennoch habe es auch "einige aufgestaute Konfliktherde" gegeben, die das Ganze ausgelöst hätten.
Bemerkenswert sei für Hofer gewesen, dass sich Niederösterreichs Landeshauptfrau gegen Mahrer gestellt hat. Ab diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass es sich für ihn "nicht mehr ausgehen wird".
Zu Mahrers interimistischer Nachfolgerin Martha Schultz meint Hofer, dass sie nicht lange an der Spitze bleiben werde. Dies habe sie intern bereits festgestellt. Ihre Aufgabe sei es nun für Beruhigung zu sorgen. Dafür müsste sie einige "Image-schädigende Schritte" rückgängig machen. Dennoch ist klar, dass man sich im Wirtschaftsbund und in der Wirtschaftskammer Gedanken machen muss, wer die längerfristige Leitung übernehmen wird. Diese Person zu finden, werde nicht leicht, betont Hofer.
In puncto Kammerreform seien zwei Sachen wichtig: Einerseits sei die Glaubwürdigkeit ruiniert – auch bei den Mitgliedern. Hier gelte es nun, die Reputation wieder aufzubauen. Andererseits sollte man auch politisches Gespür mitbringen. Auch innerhalb der ÖVP sollte man sich wieder mehr auf die Wirtschaftspolitik konzentrieren. Die kommende Person an der WKO-Spitze muss sich diese Position auch in der Partei wieder zurück erkämpfen.
Laut Hofer habe auch die ÖVP durch die Causa Mahrer Schaden genommen. Bei der letzten Wahl seien die Selbständigen noch zum großen Teil hinter der Volkspartei gestanden, den Experten würde es jedoch nicht wundern, wenn sich dies nun ändern würde. Möglicherweise habe die Partei sich um eine weitere Kernzielgruppe gebracht, urteilt Hofer. Hier müsse man jetzt gegensteuern.
Auslöser der "Affäre Mahrer" war eine geplante Gehaltserhöhung um 4,2% für die WKO-Beschäftigten – in Zeiten, in denen es in fast allen Branchen krisenbedingt nur schmale Lohnabschlüsse gab. Auch Mahrers eigene Super-Gage sowie zweistellige Erhöhungen für Funktionäre empörten.