Sollen länger arbeiten

Antrittsalter erhöhen – das hat die Regierung vor

Am Freitag schickt die Regierung Verschärfungen bei der Pension in Begutachtung. Greifen diese nicht, könnte das gesetzliche Antrittsalter steigen.
Lukas Leitner
03.05.2025, 06:57
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Wir sollen alle länger arbeiten – das hat sich die Bundesregierung vorgenommen und schickt am Freitag ihre Vision für ein neues Pensionssystem in Begutachtung. Die Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Yannick Shetty (Neos) sprachen dabei am Mittwoch vor Journalisten von der "größten Pensionsreform seit 20 Jahren".

Die SPÖ – zuständige Ministerin wäre Korinna Schumann – glänzte hingegen bei dem Termin durch Abwesenheit. Die Agenda war auch nicht wirklich nach rotem Geschmack, denn bei der Pensionsreform handelt es sich um zahlreiche Verschärfungen im System – "Heute" berichtete ausführlich.

Höheres Antrittsalter

Doch noch Schlimmeres bahnt sich an, denn in einem ersten Schritt, lässt die Bundesregierung zwar die Finger vom gesetzlichen Pensionsalter. Das kann sich in Zukunft aber ändern. Sollten die gewünschten Einsparungen durch die neuen Regelungen nicht erreicht werden, dürfte ein sogenannter "Nachhaltigkeitsmechanismus" ins Spiel kommen. Dieser soll die nächste Bundesregierung dann zum Handeln zwingen – wodurch es unter anderem zu einer Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters kommen könnte.

Im Regierungsprogramm heißt es dabei konkret: "Nachhaltigkeitsmechanismus: Wenn es zu Abweichungen vom vorgesehenen Budgetpfad für Pensionsausgaben kommen sollte, dann werden die erforderlichen Versicherungsjahre für die Korridorpension ab 1. Jänner 2035 in Halbjahresschritten erhöht. Sollte dies nicht ausreichen, sind weitere Maßnahmen zu setzen, wie z. B. beim Anfallsalter, Pensionsanpassungen oder Beitragssatz."

Bedeutet also, dass sich bis 2035 vorerst nichts ändert. Wird der Budgetpfad bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht erreich, soll die nächste Regierung handeln müssen und zu weitaus härteren Maßnahmen greifen. Anpassungen beim Beitragssatz, also jener Teil der vom Gehalt für die Pension abgezogen werden und eben das Antrittsalter könnten dann deutlich steigen.

Ganz so einfach können ÖVP, SPÖ und Neos aber nicht bestimmen, was die nächste Regierung zu entscheiden hat und was nicht. Dafür bedarf es nämlich ein Gesetz im Verfassungsrang und das kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit durchgebracht werden. Ob die Grünen oder die FPÖ einem solchen Entwurf zustimmen, ist ungewiss.

Das ist schon in Begutachtung

Am Freitag hat die Bundesregierung jedenfalls einen ersten Schritt gewagt und Maßnahmen in Begutachtung geschickt, um das faktische Antrittsalter an das Gesetzliche anzupassen.

Konkret sollen die Korridorpension nach hinten verschoben werden – das Antrittsalter wird von 62 Jahren auf 63 heraufgesetzt, die nötigen Versicherungsjahre von 40 auf 42 (schrittweise, pro Quartal um zwei Monate). Kurz und knapp gesagt: Wir müssen länger arbeiten. Ausnahmen gibt es nur für Schwerarbeiter. Gelten soll die neue Regel schon mit 1. Jänner 2026, aktuell ist sie noch in Begutachtung.

Auch bei der Aliquotierung, also in welchem Ausmaß Menschen von der Pensionserhöhung profitieren, gibt es Veränderungen. Hier habe man sich auf generell 50 Prozent geeinigt, egal in welchem Monat der Ruhestand beginnt. Vorher gab es hier deutliche Unterschiede.

Komplett neu aus dem Boden gestampft ist das Modell der Teilpension. Damit soll es Arbeitnehmern möglich sein, nach 42 Versicherungsjahren ihre Arbeitszeit zu reduzieren und bereits einen Teil ihrer Pension in Anspruch nehmen. Dadurch sollen Menschen angehalten werden, länger in der Arbeitswelt zu bleiben – die Regierung passt das faktische Pensionsalter, also an das Gesetzliche an. Sie soll im Sommer spruchreif gemacht werden.

Beispielrechnung für Teilpension

Ein Arbeitnehmer, der 4.000 Euro brutto im Monat verdient und mit 63 die 50-Prozent-Teilpension in Anspruch nimmt, käme am Ende des Tages auf mehr Geld. Aus Arbeits- und Pensionseinkommen hätte er netto 2.475 Euro monatlich. Er würde halb so viel arbeiten wie bisher, die Einkommenseinbußen wären aber gering (Vollzeit-Gehalt: 2.712 Euro). Ginge er gleich voll in Pension, hätte er monatlich 1.283 Euro. Nutzt er das Teilpensions-Modell, kommt er später, im Regelpensionsalter von 65, auf eine komplette Pension in Höhe von netto 2.783 Euro.

Regierung muss sparen

Der Grund für die neuen Regelungen sind teils die benötigten Einsparungen im Budget, viel mehr aber das überholte System. Denn aktuell gibt es in Österreich rund 2,5 Millionen Pensionisten, für 2045 wird eine Zahl von 3,25 Millionen erwartet. Junge Menschen, die diese Pensionen finanzieren, kommen aber immer weniger nach. Deshalb muss der Bund nachhelfen, und das ganz schön ordentlich: 30 Milliarden Euro jährlich fließen in die Pensionen. Eine Menge Geld, das bei anderen Investitionen fehlt.

"Verrat an Pensionisten"

Die scharfen Maßnahmen wurden noch am Freitag zahlreich kritisiert. Der Pensionistenverband sprach unter anderem von einer "Existenzgefährdung" und einem "Angriff auf die solidarische Gesellschaft in Österreich".

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht in den Maßnahmen einen "miesen Verrat an den Pensionisten". Für den Freiheitlichen sei es eine "Frage des Respekts, der Wertschätzung und Fairness", dass die Österreicher nach einem langen Arbeitsleben ein Anrecht auf eine Pension haben müssen, von der sie auch gut leben können.

ÖVP steht entschlossen hinter Projekt

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) verteidigte hingegen den Schritt der Regierung. "Der demografische Wandel ist die Schicksalsfrage für unseren Wohlstand. Heute kommen auf zehn Menschen, die in Pension gehen, nur noch sechs, die in den Arbeitsmarkt nachrücken", führte er aus.

Die Maßnahmen würden ein klares Signal setzen und neue Chancen für das Arbeiten im Alter bieten. "Wir müssen das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen. Alles andere wäre unehrlich gegenüber den kommenden Generationen und eine Gefahr für unseren Wohlstand. Wenn die jetzt gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, werden weitere Reformen folgen müssen“, so Hattmannsdorfer abschließend.

{title && {title} } LL, {title && {title} } Akt. 03.05.2025, 10:45, 03.05.2025, 06:57
Weitere Storys
Jetzt Abendausgabe lesen