Vor wenigen Wochen hat sich die Bundesregierung auf die Überwachung von Messengerdiensten geeinigt. Am Mittwoch nahm die geplante Maßnahme die nächste Hürde: Der Innenausschuss gab mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS grünes Licht für eine Novelle u.a. des Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetzes (SNG).
Mit der Novelle soll es Ermittlern künftig möglich sein, Gefährder durch die Überwachung ihrer privaten Handydaten leichter in Visier zu nehmen. Die Regierungskoalition betonte, dass die Überwachung ausschließlich der Abwehr besonders schwerwiegender verfassungsgefährdender Angriffe als "Ultima Ratio" diene und strengen rechtlichen und technischen Kontrollvorgaben unterliegen soll.
Dafür ist ein mehrstufiges Rechtsschutzsystem vorgesehen, in dem insbesondere das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sowie ein unabhängiger Rechtsschutzbeauftragter zentrale Prüf- und Genehmigungsaufgaben erhalten sollen.
Die Kritikpunkte aus dem langen Begutachtungsverfahren seien in die Novelle eingearbeitet worden – etwa in Form eines strengeren Schutzes von Berufsgeheimnissen, der Einschränkung der Verwertbarkeit von Zufallsfunden und der Stärkung der Rechtsschutzbeauftragten, erklärte Jörg Leichtfried, Staatssekretär im Innenministerium.
Falls es im Laufe eines Jahres zu mehr als 30 Fällen der Anwendung kommt, ist ein Sonderbericht im zuständigen Untersuchungsausschuss erforderlich. Die Überwachung von Gefährdern darf ausschließlich dann erfolgen, wenn sie für Ermittlungszwecke zwingend notwendig ist und im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen steht.
Nach dem grünen Licht im Innenausschuss wird die gesetzliche Grundlage für die Chat-Überwachung vermutlich kommende Woche im Parlament beschlossen. Mit 1. Jänner 2026 soll sie dann in Kraft treten.
Kritik gab es im Ausschuss von den Oppositionsparteien – FPÖ und Grünen. Der blaue Sicherheitssprecher Gernot Darmann sah in der Messenger-Überwachung einen "unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff", da es der DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) nicht an Werkzeugen, sondern an personellen und budgetären Ressourcen fehle.
Alle bisherigen Anschläge in Österreich hätten auch durch die zusätzliche Möglichkeit der Nachrichtenüberwachung nicht verhindert werden können. Bei den Anschlägen in Wien, Villach und "bis zu einem gewissen Grad" auch beim Amoklauf in Graz habe Behördenversagen eine entscheidende Rolle gespielt, so Darmann - eine Deutung, die Innenminister Karner als "starkes Stück" bezeichnete.
Grünen-Abgeordneter Süleyman Zorba gratulierte der ÖVP dafür, ihre roten und pinken Koalitionspartner davon überzeugt zu haben, ihre Grundsätze "über Bord zu werfen". SPÖ und NEOS seien jahrelang "gute Verbündete" bei der Eindämmung von "Spionagesoftware" gewesen und hätten sich noch im Nationalratswahlkampf gegen eine Messenger-Überwachung ausgesprochen. Laut Zorba habe es bisher in allen Ländern, in denen diese eingesetzt worden sei, Missbrauchsfälle gegeben - trotz Rechtsschutzsystemen. Teilweise habe dies sogar zur Ermordung von Journalist:innen geführt.
SPÖ und NEOS hätten sich schließlich jahrelang gegen eine "Spionagesoftware" ausgesprochen. Bei den Pinken hatten sich zuletzt nicht alle mit der Regelung zufrieden gezeigt. Ablehnung war etwa von Verfassungssprecher Nikolaus Scherak und der Abgeordneten Stephanie Krisper gekommen.