Sebastian Kurz warnt:

"Deutschsprechende Kinder werden immer weniger"

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (38) kritisiert in einem aktuellen Interview die europäische Flüchtlingspolitik – und warnt vor dramatischen Folgen.
André Wilding
06.08.2025, 12:56
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Er war der Gegenspieler von Angela Merkel in der Flüchtlingskrise, regierte mit der FPÖ – und polarisiert bis heute: Sebastian Kurz meldet sich in einem ausführlichen Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" ("NZZ") zurück und spart dabei nicht mit Kritik.

Europa habe aus 2015 nichts gelernt, so der frühere Kanzler. Die Außengrenzen seien noch immer löchrig, die Rechtslage blockiere effektive Maßnahmen. "Die Europäer glauben immer noch, es sei möglich, einen Wohlfahrtsstaat zu haben und gleichzeitig unbeschränkte Zuwanderung ins Sozialsystem. Das kann nicht funktionieren", sagt der 38-Jährige.

"Das ist eine normale Haltung"

Österreichs ehemaliger Regierungschef fordert: mehr Mut zu Grenzschutz, weniger Angst vor klarer Sprache. Scharfe Worte findet er auch für linke Debattenkultur und Medien: "Meine Erfahrung ist diese: Wenn den Journalisten und Beobachtern das Wahlergebnis gefällt, dann ist es Demokratie, wenn ihnen das Wahlergebnis nicht gefällt, dann ist es Populismus."

Und weiter: "Der Begriff beinhaltet immer auch die Unterstellung, dass es den sogenannten Populisten gar nicht um Inhalte gehe. Aber Überraschung: Es gibt Menschen, die sind gegen ungehinderte Massenmigration. Das ist eine normale Haltung. Wer nicht links ist, ist nicht gleich unanständig oder ein Menschenfeind."

"Das ist dann einfach falsch"

Dass er selbst wegen seiner Haltung einst als "Rechtsaußen-Kanzler" bezeichnet wurde, ist Kurz "mittlerweile egal". "Es war damals auch keine Intervention, sondern einfach nur ein Hinweis, dass es sachlich falsch ist. Das politische Spektrum reicht von sehr rechten bis sehr linken Parteien. Meine Partei, die ÖVP, ist einfach nicht rechts außen angesiedelt, sondern Mitte rechts. Wenn man etwas anderes sagen will, soll man es sagen, das ist dann aber einfach falsch", sagt der ehemalige Politiker in der "Neuen Zürcher Zeitung".

Auch zur Justizpolitik nimmt Sebastian Kurz in dem Gespräch Stellung: Ein AfD-Verbot in Deutschland? Für ihn ein "höchst problematischer" Schritt. "So ein Vorgehen sehen wir sonst nur in Ländern, auf die Europa mit dem erhobenen Zeigefinger weist. Was sowohl den rechten als auch den linken Parteien guttun würde, wäre eine konsequentere Abgrenzung von den extremistischen Rändern", erklärt Kurz.

Trotz aller Kritik bleibt sein Fazit klar: "Wir brauchen mehr Menschen, die ins System einzahlen, und weniger, die aus dem System herausschöpfen. Das ist eine ganz einfache Logik. Europa muss die Talente und die Fleißigen anziehen", so der 38-Jährige in der "NZZ", der aber klarstellt, dass sich "unsere Gesellschaften rasend schnell verändern."

"Über 40 Prozent der Kinder sind muslimisch"

Kurz: "An den Wiener Schulen sind mittlerweile nur mehr 35 Prozent der Kinder christlich, über 40 Prozent der Kinder sind muslimisch. Die Kinder, die Deutsch als Muttersprache haben, werden immer weniger, und in manchen Bezirken sind es sogar unter 20 Prozent. Die Sicherheit in europäischen Städten wird prekärer, der importierte Antisemitismus nimmt zu. Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, wurde gerade als sicherste Stadt der Welt ausgezeichnet."

Europa konnte laut dem ehemaligen Kanzler "einmal so stolz auf seine Sicherheit und Lebensqualität sein. Wenn der Kampf gegen die illegale Migration nicht gelingt, dann werden viele große Städte irgendwann nicht mehr lebenswert sein. Die Sicherheitssituation wird katastrophale Ausmaße annehmen", erklärt Kurz gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung".

Angesprochen darauf, warum er nicht rechtlich gegen die Veröffentlichung der Chat-Protokolle aus der damaligen Regierung vorgegangen sei, sagt der 38-Jährige: "Viele der Chats, die veröffentlicht wurden, habe ich weder geschrieben noch empfangen. Von den Chat-Nachrichten, die ich verfasst habe, war das Highlight, dass ich einmal in einer Nachricht über meinen Vorgänger als Parteichef geschimpft habe."

Im Video: Sebastian Kurz zur Mindestsicherung

Mitterlehner hat versucht, "mich loszuwerden"

Gemeint war Reinhold Mitterlehner, den Kurz "Arsch" genannt hatte. "Ja. Er hat versucht, mich politisch loszuwerden, und da habe ich in einem privaten Chat meinen Unmut über ihn kundgetan. Es war nicht für die Öffentlichkeit gedacht, und es kommt mir auch nicht jeden Tag über die Lippen. Aber irgendwann dachte ich schon: Wenn der schlimmste Vorwurf an mich lautet, dass ich mich einmal im Ton vergriffen habe, dann kann ich gut damit leben", sagt der Ex-Kanzler.

Außerdem sagt er im Interview mit der "NZZ" auch: "Ich bin ein Mensch wie jeder andere. Ich habe mich stets bemüht, in der politischen Auseinandersetzung eine respektvolle Tonalität zu wählen. Aber ebenso bin ich ein Mensch, der Blut im Körper hat, der Emotionen hat, der mal fröhlich ist oder sich ärgert und unter vier Augen sagt, dass jemand ein Trottel ist. Da würde ich einmal gern denjenigen sehen, der so etwas noch nie von sich gegeben hat."

{title && {title} } wil, {title && {title} } Akt. 06.08.2025, 14:57, 06.08.2025, 12:56
Jetzt Abendausgabe lesen