Mit den USA wurde ein Zollkompromiss erzielt – doch die Skepsis in der EU bleibt groß. Die vereinbarten 15% Einfuhrzoll auf fast alle europäischen Produkte bringen zwar kurzfristig Erleichterung – Donald Trump hatte ja 30 % angedroht – werfen jedoch Fragen auf: Hat sich Europa von Donald Trump über den Tisch ziehen lassen? Und was bedeutet der Deal für Österreich?
Die Lage analysiert für "Heute" Finanzexpertin Monika Rosen, Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft (ÖAG).
"Mit den 15% haben wir jetzt Klarheit, und das ist gut", betont Rosen: "Es ist die Hälfte von dem, was im Raum gestanden ist und bedeutet besonders für die Autoindustrie spürbare Erleichterung – hier sinken die Zölle von 27,5 auf künftig ebenfalls 15 %. Natürlich sind aber nicht alle EU-Länder und alle Branchen in gleichem Maße 'zufrieden' mit dem Deal."
Zur Frage, ob die EU eingeknickt sei, meint Rosen: "Wir haben uns einschüchtern lassen, vor allem von der militärischen Karte. Die Unterstützung der USA für die Ukraine, das Commitment zur NATO – wenn das ins Wanken geriete, hätten wir extrem viel zu verlieren."
„Wir haben uns einschüchtern lassen, vor allem von der militärischen Karte.“Monika RosenFinanzexpertin und Vizepräsidentin der ÖAG
Dieses Abhängigkeitsverhältnis könnte erklären, warum die EU trotz lauter Rufe nach Selbstbewusstsein und Emanzipation relativ rasch eingeknickt sei, meint die US-Expertin. Statt Gegenzöllen gab es ein milliardenschweres Importversprechen für Energie und Rüstungsgüter aus den USA.
Zahlreiche Punkte des Zollabkommens seien jedoch noch nicht final geklärt. Langfristige Gewissheit könne man mit Trump ohnehin schwer haben. "Das sorgt für Verunsicherung, das ist nachvollziehbar", so Rosen. Aber: "Mir kommt schon vor, dass jetzt alle ein bisschen motschkern. Am Ende des Tages wird man mit diesem Zoll-Deal leben müssen, etwas anderes war realistischerweise nicht zu erreichen."
Was bedeutet das für Österreichs Wirtschaft? Werden uns die neuen US-Zölle Wachstum und Jobs kosten? Rosen: "Laut Bank Austria liegen die aktuellen Prognosen bei null Prozent Wachstum 2025, für 2026 wird mit einem Plus von 1,1% gerechnet – diese Einschätzungen basieren aber auf einer US-Zollquote von 20%. Wenn wir nun nur 15 % haben, sollten zumindest die Zölle kein Hindernis bei der Erreichung dieser Wachstumsraten sein."
„Man hat sich immer blind auf die USA verlassen. Dieses Urvertrauen ist weg. Und das ist auch ein großer Verlust für die USA.“Monika RosenFinanzexpertin und Vizepräsidentin der ÖAG
Dennoch bleibt die Lage angespannt. Die US-Exporte sind in den ersten vier Monaten 2025 wegen der Zoll-Diskussion bereits um rund 13% eingebrochen. Zusätzlich drückt die Euro-Aufwertung – seit Jahresbeginn ist der Kurs von Parität auf 1,16 Dollar gestiegen.
Die Lehre aus dem Zoll-Deal? Ja, Europa müsse sich unabhängiger machen, erklärt Rosen. Doch der Weg dorthin sei lang. "Selbstverständlich soll die EU ihren Exportradius diversifizieren, neue Märkte erschließen. Sie soll sich auch endlich um einen echten Kapitalmarkt kümmern – aber das geht nicht über Nacht."
Trump habe sich jetzt Vorteile gesichert, doch die Rechnung könnten seine Nachfolger bekommen: "Man hat sich immer blind auf die USA verlassen. Dieses Urvertrauen ist weg. Und das ist auch ein großer Verlust für die USA."