Denkt man an Brennpunktschulen, kommen einem vielleicht Beispiele aus Wien in den Sinn, aber auch in anderen Städten und Bundesländern stehen Österreichs Lehrkräfte vor großen Herausforderungen. Die Direktorin einer Grazer Schule erzählt von Beschimpfungen und Eltern, die die Regeln der Schule nicht akzeptieren würden.
Seit bald zehn Jahren leitet Barbara G. die Volksschule Bertha von Suttner im Grazer Bezirk Gries. Als sie damals noch in Andritz als Lehrerin tätig war, hatte sie vier Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache. In Graz habe sich die Situation für sie geändert.
"Wir haben vier oder fünf von 170 Kindern mit Deutsch als Erstsprache", so G. im Gespräch mit der "Kleinen Zeitung". Rund 80 Prozent der Schüler seien Muslime. Allerdings würden auch die wenigen Kinder mit Deutsch als Erstsprache aus bildungsfernen Familien und schwierigen Verhältnissen kommen.
Den Begriff "Brennpunktschule" finde sie durchaus angebracht, denn "es brennt ja auch wirklich". Ein Konfliktpunkt an der Schule sei Religion. Die Direktorin würde oft von Kindern gefragt werden, ob sie Muslima sei und warum sie kein Kopftuch trage. Es würde wenig Verständnis dafür gezeigt werden, dass sie ohne Kopftuch herumlaufe.
Zudem berichtete B. von Kindern, die nicht neben Christen sitzen wollen und von Eltern, die sich gegen den Aufklärungsunterricht an der Schule wehren. Auch über einen in der Schule aufgestellten Christbaum habe es Beschwerden von Vätern gegeben. Beim Zuckerfest würden sie ihre Kinder aber dann tagelang aus dem Unterricht nehmen, ohne dies zu beantragen. An diesen Tagen seien die Klassenzimmer nahezu leer. Strafen würden jedoch Wirkung zeigen, betont die Pädagogin.
Bei Terminen mit Eltern lässt die Direktorin Vorsicht walten. Führe sie in ihrem Büro ein "gefährliches Elterngespräch" bitte sie den Schulwart vor der Tür als eine Art "Bodyguard" zu warten. "Wir werden beschimpft, beleidigt und bedroht durch Eltern, die Regeln und Anforderungen unserer Schule nicht akzeptieren wollen", so B.
"Du dreckiger Hund", wäre dabei noch eine milde Aussage. Die Direktorin nimmt an, dass sie durch ihr Gespräch mit der "Kleinen" "Beschimpfungen und eine Shitstorm vonseiten mancher Muslime, aber auch von sogenannten 'Gutmenschen'" riskiere.
Positiv sehe sie das Kopftuchverbot bis 14 Jahre. Sie wolle nicht, dass Mädchen von ihren Vätern gezwungen werden. Sie finde es unerträglich, wenn die Männer ihre Töchter bei 30 Grad zum Tragen von Leggings zwingen, nur damit keiner ihre Beine sehen kann. Entscheide sich eine erwachsene Frau dazu, ein Kopftuch zu tragen, sei dies etwas anderes, meint B.
Nicht nur die Religionsfrage sei ein Problem an der Schule, auch die Teuerung mache vielen Familien zu schaffen. Eltern würden fragen, ob sie die 30 Euro Bastelgeld in Raten zahlen könnten und Klassenfahrten wären nur durch Spendengelder möglich. Würde die Politik noch mehr Kürzungen bei Sozialleistungen vornehmen und Menschen mit Migrationshintergrund sanktionieren, könnte sich die Lage verschlimmern, befürchtet die Direktorin.
Trotz der Schwierigkeiten seien sie und ihr Team noch immer hoch motiviert. Man sei wie ein Familienbetrieb, anders sei es aber auch nicht möglich, unterstreicht B.
Eine Lösung wäre der Direktorin zufolge eine stärkere Durchmischung, dass die Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache mehr mit Schülern, die Deutsch sprechen, zusammen wären. Dies sei aufgrund der gegenseitigen Ablehnung jedoch nicht umsetzbar.
Gut funktionieren würde die Zusammenarbeit mit dem türkischstämmigen Sozialarbeiter der Schule. Er habe auch Kontakt zu den Eltern und leiste dahingehend, was an der Schule erwartet wird, viel Aufklärungsarbeit.
Ganztagsschulen wären grundsätzlich positiv, da man die Kinder dann länger in der Struktur hätte und besser mit ihnen arbeiten könnte. Allerdings wäre dies an ihrer Schule aufgrund von fehlendem Personal und Ressourcen nicht möglich.