Vom alljährlichen Sommerloch ist in der Politik dieses Jahr kaum etwas zu spüren – stattdessen ist eine Arbeitsdebatte entfacht: Die Österreicher sollen mehr arbeiten, das wünscht sich unter anderem Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), der jüngst mit scharfer Kritik an der sogenannten "Lifestyle-Teilzeit" für Aufregung sorgte.
Sozialpartner, Koalitionspartner und Oppositionsparteien verurteilten hingegen die Aussagen des Ministers – ein regelrechter Arbeitsstreit wurde ausgelöst, der so schnell auch nicht wieder abklingt. Stellt sich nur die Frage: Wer hat eigentlich recht? Arbeiten die Österreicher wirklich zu wenig?
"Heute" hat sich deshalb die Daten angesehen, mit anderen EU-Länder verglichen und zeigt im großen Arbeitscheck die Fakten:
Einen ersten Einblick in das Arbeitsleben der Österreicher gibt die Anzahl der gesetzlich festgelegten Urlaubstage und Feiertage. Mit einer Summe von 36 bezahlten arbeitsfreien Tagen (25 Urlaubstag + 11 Feiertage), gehören die Österreicher zum europäischen Spitzenfeld. Nur Malta (40), Dänemark (38) und Deutschland (37) haben öfters frei.
Die wenigsten freien Tage in Europa gibt es dagegen in Ungarn, Estland, Belgien und den Niederlanden. Arbeitnehmer aus diesen Ländern haben nur 20 Urlaubstage pro Jahr. Zu diesen kommen dann noch acht gesetzliche Feiertage obendrauf – macht also eine Summe von 28 bezahlten arbeitsfreien Tagen.
Bei den freien Tagen ist Österreich also vorn dabei – gänzlich anders sieht es bei der geleisteten Arbeitszeit aus. Denn 2024 lag die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Erwerbstätigen (15 bis 65 Jahre) in Österreich bei 35,7 Stunden. Damit reiht man sich auf dem viertletzten Platz ein, liegt aber noch vor Deutschland (34,8), Dänemark (33,5) und den Niederlanden (31,6).
Mit Abstand am fleißigsten sind die Griechen – ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit lag 2024 bei 41 Stunden. Neben Griechenland und Polen (40,1) gibt es aber kein weiteres Land, dass die 40-Stunden-Marke knackt. Der EU-27-Durchschnitt liegt zudem bei 37,1 Stunden.
Ein Grund für den niedrigen Wert der Österreicher bei der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist die Teilzeitquote. Mit 30,5 Prozent schafft es Österreich im Europavergleich auf das Stockerl und macht die Silbermedaille. Nur die Niederlande hat mit 42,7 Prozent eine höhere Teilzeitquote – Nachbar Deutschland befindet sich mit 29,1 Prozent auf dem dritten Platz.
Die geringste Teilzeitquote haben Kroatien, Rumänien (beide 3,0 Prozent) und Bulgarien (1,5 Prozent).
Österreich spielt europaweit also ganz vorne mit. Dieser Umstand sorgte für heftige politische Diskussionen, denn weniger Arbeit, schade der Wirtschaft, so das Argument einiger. Das hat auch Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) mehrfach angesprochen. Deshalb soll die Teilzeit unattraktiver werden, damit sich "Vollzeit wieder lohnt".
Wichtig zu beachten dabei ist aber, dass nicht jeder Österreicher, der sich in der Teilzeit befindet, in die Vollzeit wechseln kann, denn viele haben Betreuungspflichten oder sind krank. Das weiß auch Hattmannsdorfer: "Es geht nicht um Teilzeitarbeitskräfte, die jemanden zum Pflegen haben, die ein Kind zu betreuen haben oder nicht gesund sind."
Stattdessen kritisiert der Minister jene 25,5 Prozent der Menschen in Teilzeit, die Stunden zwar aufstocken könnten, es schlichtweg aber nicht wollen: "Es geht ausschließlich um die sogenannte 'Lifestyle Teilzeit' – also dass Menschen, die null Verpflichtungen haben, einfach sagen: 'Ich will nicht mehr arbeiten'."
Neben der Teilzeitquote gibt es aber natürlich auch noch einen weiteren Knackpunkt, der zeigt, wie fleißig ein Land ist: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Arbeitsstunde. Es misst die Arbeitsproduktivität, ausgedrückt als die Menge des Bruttoinlandsprodukts (BIP), das pro Arbeitsstunde erwirtschaftet wird und wird in Dollar angegeben.
Hier zeigt sich, dass die Österreicher äußerst produktiv sind, auch wenn es bei der geleisteten Stundenanzahl noch Aufholbedarf gibt. Im OECD-Ranking (2023) befindet man sich mit 94,96 Dollar wirtschaftlicher Leistung pro gearbeiteter Stunde im oberen Mittelfeld.
Mit Abstand an der Spitze liegt Irland (149,31 Dollar), gefolgt von Norwegen (132,28 Dollar) und Luxemburg (126,45 Dollar). Der OECD-Schnitt liegt zudem bei 70,62 Dollar und den letzten Platz belegt Kolumbien mit 21,35 Dollar.
Wer hat nun recht? Sind die Österreicher faul, muss mehr gearbeitet werden? Die Daten und Statistiken zeigen, dass es definitiv noch Luft nach oben gibt – vor allem bei der Teilzeitquote ist man neben den Niederlanden Spitzenreiter. Faul sind die Österreicher aber nicht, das zeigt die Produktivitätsstatistik ganz klar.
Abschließend kann also gesagt werden, dass es in einigen Bereichen sehr wohl Aufholbedarf gibt und neue Lösungen von Seiten der Politik gefunden werden müssen.