10 Opfer hat ein Amoklauf eines 21-Jährigen in einer Grazer Schule gefordert. Der Täter, ein ehemaliger Schüler, soll gegen 10.00 Uhr mit einer Schrotflinte und einer Glock-Pistole in zwei Klassenzimmern das Feuer eröffnet haben.
Einer, der sich zum Zeitpunkt des Amoklaufs in der Schule befunden hat, ist Paul Nitsche, ein evangelischer Religionslehrer der Schule. Im Ö1-Morgenjournal sprach er nun über das schockierende Erlebnis.
"Die Situation war etwas merkwürdig, das muss man tatsächlich sagen. Ich habe eine Stunde gehabt, wo ich alleine in der Klasse war, weil die Achten ja keinen Unterricht mehr haben. Dann hab ich mich halt entschieden nicht zu warten, bis der bei der Tür hereinkommt, sondern über den Gang ins Stiegenhaus abzuhauen", erzählte er.
"Dann habe ich ihn kurz gesehen – wie er versucht hat ein Schloss aufzuschießen. Tatsächlich, das ist etwas, was ich mir selber nicht vorstellen konnte, war die Situation so, dass ich mir gedacht hab: 'Das passiert jetzt nicht wirklich'. Dieser Moment immer wieder nachzudenken, ob das wirklich ist, oder nicht, das wird mich noch eine Weile begleiten, obwohl ich nicht in Gefahr war", führte er weiter aus.
Auf die Frage, wie Nitsche die Geschehnisse aufarbeite, antwortete er: "Also ich glaube auf jeden Fall, dass ich Betreuung brauche. […] Wenn Dinge so schnell passieren, dass man sozusagen mit dem Rechnen nicht nachkommt, braucht man eine Zeit, damit man sich mit den Dingen auseinandersetzt. Wir treffen uns am Vormittag mit den Lehrerkollegen und den Schülern und da wird gemeinsam mit Schulpsychologen geredet." Das sei aber ein Prozess, der noch länger andauern werde.
Er selbst befinde sich zudem in einer Doppelrolle, ist nicht nur Betroffener, sondern gibt auch sein Bestes, anderen mit der Aufarbeitung zu helfen.
Wer der Täter war, wusste Nitsche zudem nicht: "Ich habe ihn nicht gekannt." Darüber hinaus habe der Täter in den Gesprächen nur eine Nebenrolle, sei kaum ein Thema: "Der Täter ist zwar die Hauptrolle, aber für uns, die zusammenstehen vor Ort eine Nebenrolle. Wir haben nicht über den Täter geredet, sondern über die Sorgen der Verletzte. Wenn man vor Ort ist, hat man etwas Wichtigeres: Sich um das Leben zu kümmern", so der Lehrer.
Wichtig sei es jetzt kleine Schritte zu machen. "Wir geben unser Bestes und das wichtigste ist, dass wir einen Zusammenhalt haben", so Nitsche. "Wir wissen immer noch nicht sicher, wer verstorben ist. Es ist für uns alle schwer", erklärte er zudem gegenüber "Heute".
"Als Grazer erinnert dieses Szenario jetzt an diesen großen furchtbaren Amoklauf in der Innenstadt. Danach gab es ein großes Miteinander über alle Religionen und Parteien hinweg. Schade, dass es solche Momente für ein Miteinander braucht, aber auf das baue ich, dass wir Menschen zusammenrücken und zusammenhalten, um diese Momente zu bewältigen", führte Nitsche abschließend aus.