"Die ultimative Abrechnung" hat FPÖ-Chef Herbert Kickl der Regierung diese Woche im großen "Heute"-Interview (in voller Länge als Video unten) angedroht – bei der nächsten Wahl. Warum er die Verantwortung, das Land zu gestalten, in den Verhandlungen mit der ÖVP letztlich nicht angenommen hat, wollte "Heute" wissen. Kickl: "Sie unterliegen da einer Fehleinschätzung", sagt der FPÖ-Chef Herbert Kickl. Nur weil man in einer Regierung sei, heiße das noch nicht, dass man "automatisch gestaltet". "Wir erleben seit einigen Wochen das Gegenteil. Es wird weitergewurschtelt wie bisher."
Er habe sich den Schritt auch sehr genau überlegt: "Natürlich wäre die bevorzugte Variante gewesen, aus der Regierung heraus Verantwortung zu übernehmen. Aber wenn es den Koalitionspartner dafür nicht gibt, weil jemand einer totalen Blockade-Mentalität verfallen ist, dann ist der Eintritt in eine Regierung nichts wert."
Dass ihn die ÖVP deswegen als "Will nicht"-Kanzler bezeichnet, kontert Kickl scharf: "Wenn man glaubt, dass man mich mit der Kanzlerkarotte locken kann, aber gleichzeitig ein Paket schnürt, wo es inhaltlich so gut wie gar keine freiheitliche Handschrift gibt, dann verzichte ich. Bei ÖVP und SPÖ ist der Posten wichtiger als die Position."
Insbesondere das Innenministerium sei für ihn unverzichtbar gewesen: "Wir haben eine sehr negative Entwicklung im Asyl- und Sicherheitsbereich. Der Wähler hat uns mit dieser Kernkompetenz zur stärksten Partei gemacht. Daraus abzuleiten, dass es einen freiheitlichen Innenminister braucht, ist nicht vermessen."
Was er besser machen würde? "Unsere 'Festung Österreich'-Pläne liegen auf dem Tisch. Damit nehmen wir Leidensdruck von der Bevölkerung." Die aktuelle Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos lässt Kickl nicht gelten: "Da kommt – bis auf ein paar versprengte Einzelaktionen – nichts. Es fehlt an Vision, Plan und einem Menschenbild."
Besonders hart geht er mit der Budgetpolitik ins Gericht: "Das ist, wie wenn ein Arzt einen gesunden Patienten halb ins Grab bringt und dann sagt: Jetzt bin ich der Notfallmediziner." Für Kickl sind die von ihm als "Einheitsparteien" bezeichneten anderen vier Parlamentsparteien verantwortlich für die wirtschaftliche Schieflage. "Österreich wird das dritte Jahr in Folge ärmer."
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Dass gleichzeitig die teuerste Regierung aller Zeiten am Werk ist, sorgt bei Kickl für Kopfschütteln: "Das kann man der Bevölkerung nicht erklären. Eine Politikerkaste ohne Gespür." Und in Richtung Staatssekretär Sepp Schellhorn spottet er: "Mehr Geltungs- als Gestaltungsdrang. Wenn er einen größeren Wagen mit mehr Fußfreiheit braucht, dann weiß jeder, was er davon zu halten hat."
Kickl verteidigt auch seine rigide Haltung bei der Mindestsicherung, die er nur noch an Staatsbürger auszahlen möchte: "Ich habe das immer so gesagt. Was wir da seit 2015 an Milliarden versenkt haben – und jetzt fallen die Einsparungen unseren Pensionisten auf den Kopf." Der Sozialstaat könne – etwa im Bereich der Krankenversicherung – kein "all inclusive"-Paket für all jene bieten, "die nie etwas für dieses Land geleistet haben". Kickl: "Das ist Inländerdiskriminierung!"
Auf die Frage, ob die Ampel-Regierung seiner Meinung nach fünf Jahre im Amt bleiben werde, meint er trocken: "Ich hoffe es nicht. Jeder Tag früher, an dem es dieses Konstrukt zerreißt, ist ein gewonnener Tag für Österreich."
Vorerst flutete er die Ministerien mit 827 Anfragen zur Corona-Pandemie: "Ein Recht der Opposition. Das wird sich die Regierung gefallen lassen müssen", so Kickl. Nachsatz: "Wir werden uns jetzt genau anschauen, was da an Antworten kommt. Dann wird es richtig unangenehm für die Regierung. Denn wir lassen diese Anfragen ja nicht für sich stehen, sondern vernetzen sie miteinander und schauen, wo sich diese Herrschaften widersprechen."
Erstmals spricht er auch über den Hintergrund der massiven Anfragenserie, die laut Regierung die Verwaltung lahmzulegen drohe – "aus Frust". Das weist der Freiheitliche zurück: "Ich habe als Privatperson ein Auskunftsbegehren nach dem Auskunftspflichtgesetz gestellt, wollte Einblick in die Protokolle diverser Gremien – GECKO, Impfkommission – wissen Sie was die Antwort war? Die haben gesagt, das darf ich nicht, das kann ich nicht. Als Parlamentarier soll ich das Interpellationsrecht nutzen. Das heißt, ich soll Anfragen stellen.
„Es gibt bei Corona viele offene Fragen und jetzt kommt der Bumerang!"“Herbert KicklKlubobmann (FPÖ)
Das habe er nun getan. Folge, so Kickl: "Die selben Ministerien, die mir damals gesagt haben, ich soll nicht das Auskunftspflichtgesetz benutzen, sondern Anfragen stellen, sind diejenigen, die sich jetzt über Anfragen aufregen. Das heißt: Es gibt viele offene Fragen und jetzt kommt der Bumerang!"
Auch beim Thema ORF bleibt Kickl hart, will die Haushaltsabgabe nicht mehr bezahlen: "Ich bin ein Abbuchungsfall, aber ich werde das jetzt reparieren." Der FPÖ-Chef über seinen Beweggrund: "Ich schaue es mir auch nicht an." Der ORF erfülle seine Aufgaben nicht, so Kickl, und "will von Unabhängigkeit und Gleichberechtigung eigentlich nichts wissen".