Bei einer Pressekonferenz des ORF-Stiftungsrats hagelte es am Mittwoch heftige Kritik: Der Vorsitzende Heinz Lederer und sein Stellvertreter Gregor Schütze warfen dem von der FPÖ entsandten Ratsmitglied Peter Westenthaler vor, mit "respektlosen Äußerungen" das Gremium zu diskreditieren. Westenthaler und FPÖ-Sprecher Christian Hafenecker wetterten zuvor lautstark über angebliche "Chaostage" im ORF und sprachen sogar von einer "Blamage".
Ihre Behauptung: ORF-Beschlüsse seien rechtlich wackelig – ein Skandal, der den Sender "ins Wanken" bringe. Doch der ORF schlug zurück! Stiftungsratschef Lederer und sein Vize Schütze holten zum Gegenschlag aus und warfen Westenthaler eine "respektlose" und "unsachliche" Showeinlage vor. Ein Affront gegen das Gremium, wie sie betonten. Eine Rüge gab’s obendrauf. Der brisante Kern des Streits: Ein angeblicher Formalfehler bei früheren Abstimmungen.
Statt 35 Stimmen waren damals nur 34 abgegeben worden. Für die ORF-Spitze aber kein Drama: Man wolle die Beschlüsse einfach neu bestätigen, um jedes Risiko auszuschalten. Von Chaos keine Spur, hieß es. Und mitten im Polit-Zoff geht’s auch ums liebe Geld: Der ORF plant für 2026 ein beinhartes Sparprogramm – satte 100 Millionen Euro müssen weg, damit am Ende eine schwarze Null steht.
Gleichzeitig sollen prominente ORF-Stars künftig freiwillig 10 bis 15 Prozent ihrer Einkünfte aus Nebenjobs in einen eigenen Solidarfonds einzahlen. Dies sei in Planung und solle möglichst bald "scharfgestellt" werden. Der Fonds soll vor allem junge Talente unterstützen. Lederer zeigt sich kämpferisch: 2026 soll das "Jahr des Öffentlich-Rechtlichen" werden – mit mehr Transparenz, neuen Regeln und einer ORF-Erneuerung, die ordentlich Staub aufwirbeln könnte.
Lederer, selbst Leiter des SPÖ-nahen Freundeskreises im Stiftungsrat, rückte zur Verteidigung am späten Mittwochabend auch ins "ZIB2"-Studio zu ORF-Moderator Armin Wolf aus. Doch Wolf fragte knallhart nach: Er kenne keinen Aufsichtsrat eines Unternehmens, der alle Beschlüsse einer Sitzung noch einmal fassen müsse, weil er nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt war, "wie ist so etwas möglich?" Stimme nicht, so Lederer, "wir bestätigen die Beschlüsse, wir machen sie nicht neu" und es sei "ein durchaus üblicher Vorgang".
Man wolle "mit Jahresende Rechtssicherheit schaffen für die Mitarbeiter, für die Geschäftsführung und für die Stiftungsräte, deswegen beschließen wir es", so Lederer. "es wird alles bestätigt", auch seine eigene Wahl, so Lederer, er gehe "ruhigen Gewissens" davon aus, dass man die Sache rasch abschließen könne. Und warum sitzen im unabhängigen ORF überhaupt so viele frühere Politiker? "Ich bitte Sie schon um eine längere Analyse", so Lederer zu Wolf, die Regierung habe sich "ernsthaft damit bemüht", das Gewicht vom Stiftungs- zum Publikumsrat zu verschieben.
"Das stimmt doch so nicht", warf Wolf ein, die Regierung habe gerade einmal "das Mindeste" gemacht, das der Verfassungsgerichtshof vorgeschrieben habe und noch dazu die Posten erst wieder in parteipolitischem Interesse besetzt. "Das ist eine Betrachtungsweise, die Sie haben", zeigte sich der Stiftungsratsvorsitzende verschnupft. "Ich kann auch nicht die Regierung beeinflussen", hieß es. Warum gebe es überhaupt politische Besetzungen im ORF? "Es gibt immer Kapitalvertreter" so Lederer, der etwa den Aufsichtsrat der OMV nannte.
Und auch in Familienunternehmen gebe es den einen Familienstrang, "der so entscheidet" und einen anderen, der anders entscheide, so Lederers Erklärung. Die SPÖ und die ÖVP seien aber nicht die Eigentümer des ORF, warum sollten sie dann "Kapitalvertreter" sein, fragte Wolf nach. Nein, aber "die Eigentümervertreter dieser Stiftung" seien die per Gesetz entsendeten Stiftungsräte, so Lederer. Er hoffe übrigens auf sehr viele Kandidaten für die Wahl des nächsten Generaldirektors des ORF: "Glauben Sie mir, es wird der Beste gewählt werden, und nicht der Schlechteste." Und: Die ORF-Gebühr sei ein "Demokratie-Beitrag": "Wir sind die Straßen zu den Menschen, wir sind die geistigen Straßen, die aufklärerisch sein sollten."