Wegen Israels Vorgehen im Gaza-Krieg hatten einige Sender den Ausschluss des Landes vom ESC gefordert. Am Donnerstag stimmten die Mitgliedssender der EBU in Genf zwar nicht direkt über die Teilnahme Israels ab, sondern über eine Änderung der Abstimmungs- und Werbe-Regeln für den Song Contest. Die mehrheitlich angenommene Änderung bedeutet nach Angaben der EBU aber, dass alle Länder an dem Musikwettbewerb teilnehmen könnten, die das wünschten. Damit steht einer Teilnahme Israels am nächsten ESC nichts mehr im Weg.
Die Sender aus Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden kündigten den Boykott der Veranstaltung an. Auch Belgien, Island und Finnland erwägen einen solchen Schritt.
Spanien: Die Spanier gehören wie Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich zu den fünf wichtigsten Geldgebern der Veranstaltung. Der Präsident des spanischen Senders RTVE, José Pablo López, sagte, die Entscheidung zur Teilnahme Israels bestätige, dass es sich nicht um einen Musikwettbewerb handle, sondern um ein Festival, das von geopolitischen Interessen dominiert werde. Die Nicht-Teilnahme bedeute auch, dass man die beiden Halbfinals sowie das Finale nicht übertragen werde. RTVE sagt, das Misstrauen gegenüber der Organisation habe sich verstärkt.
Alfonso Morales, Generalsekretär von RTVE: "Die Lage in Gaza – trotz Waffenruhe und Genehmigung des Friedensprozesses – sowie die Nutzung des Wettbewerbs für politische Ziele durch Israel machen es zunehmend schwieriger, Eurovision als neutrales kulturelles Ereignis aufrechtzuerhalten."
Irland: Der irische Sender RTÉ erklärte, eine Beteiligung Irlands am ESC sei "angesichts des entsetzlichen Verlusts von Menschenleben in Gaza und der humanitären Krise dort" unzumutbar. Auch werde man den Event nicht im Fernsehen zeigen. Man sei der Ansicht, dass eine Teilnahme "angesichts des erschütternden Verlusts von Menschenleben in Gaza und der dortigen humanitären Krise, die weiterhin das Leben so vieler Zivilistinnen und Zivilisten gefährdet, nicht zu verantworten ist." Man sei zudem "zutiefst besorgt" über die gezielte Tötung von Journalistinnen und Journalisten in Gaza während des Konflikts sowie über die anhaltende Verweigerung des Zugangs für internationale Journalistinnen und Journalisten zu dem Gebiet.
Slowenien: Der slowenische Sender RTV teilte mit, als öffentlich-rechtlicher Sender sei man der Einhaltung ethischer Grundsätze verpflichtet. In einem knappen Statement auf der Website wird Natalija Gorščak, Präsidentin des RTVSLO-Verwaltungsrats, zitiert: "Zum dritten Jahr in Folge fordert die Öffentlichkeit von uns, dass wir Nein sagen zur Zusammenarbeit mit jedem Land, das ein anderes Land angreift. Wir müssen europäischen Standards für Frieden und Verständigung folgen. Von Anfang an war Eurovision ein Ort der Freude und des Glücks: Die Künstlerinnen und Künstler und das Publikum waren durch Musik vereint – und so sollte es bleiben."
Niederlande: Der niederländische Sender Avrotros teilt mit, eine Teilnahme "unter den aktuellen Umständen nicht mit den öffentlich-rechtlichen Werten" vereinbar sei, die für die Organisation grundlegend seien. Taco Zimmerman, Generaldirektor von Avrotros sagt: "Dies war keine leichte Entscheidung und keine, die wir leichtfertig getroffen haben. Der Eurovision Song Contest ist für uns von großer Bedeutung. Kultur verbindet – aber nicht um jeden Preis. Was im vergangenen Jahr geschehen ist, hat die Grenzen dessen getestet, wofür wir einstehen können. Universelle Werte wie Menschlichkeit und Pressefreiheit wurden ernsthaft beeinträchtigt, und für uns sind diese Werte nicht verhandelbar."
Österreich als Gastgeber für den Eurovision Song Contest 2026 freut sich auf die Teilnahme Israels und zeigt wenig Verständnis für die Boykott-Ankündigungen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sagte, er sei generell "skeptisch, was den Boykott von Künstlerinnen und Künstlern angeht – insbesondere, wenn es ihre Herkunft betrifft."