Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt: Österreich steckt seit zwei Jahren in der Rezession, Unternehmen gehen reihenweise pleite, und die hohe Inflation belastet Haushalte wie Betriebe. In der ORF-Pressestunde am Sonntag ordnete Wifo-Chef Gabriel Felbermayr die Situation ein und spricht über Pensionsanpassungen und wo Steuern sinken müssen.
"Jede Zunahme der Arbeitslosigkeit alarmiert uns", stellte der Top-Ökonom zu Beginn klar. "Wenn Menschen arbeitslos werden, steigt die Unsicherheit", erklärte er. Jetzt – nach zwei Jahren Rezession – würden sich die Entwicklungen auch am Arbeitsmarkt zeigen.
2025 sei ein Jahr der Stagnation gewesen, so der Wifo-Chef. Die Schwierigkeiten beziehen sich auf verschiedene Bereiche. Darunter fällt unter anderem das Budget, aber auch die Lohnverhandlungen. Was man aktuell aber am dringendsten brauche, sei eine niedrige Inflationsrate. Diese müsste dabei für mehrere Jahre unter dem Euroschnitt bleiben, um "unseren Vorsprung" abzubauen.
Am Dienstag kommt die neue Konjunkturprognose des Wifo. Einen kurzen Einblick gab Felbermayr schon am Sonntag: "Wir werden keine großen Änderungen im Vergleich zum Juni erwarten dürfen." Ein Abwärtsrisiko bleibe weiterhin aufrecht – "es gibt aber auch ein Aufwärtsrisiko".
Die Inflation liegt aktuell noch immer weit über dem Euroschnitt. Der Grund dafür sei laut Felbermayr unter anderem das Auslaufen der preisbremsenden Maßnahmen. Das treibe die Teuerung in die Höhe. Hinzu komme natürlich auch noch die Budgetsanierung, die zum Teil durch Gebührenerhöhungen getragen wird. "Wenn Passgebühren zweistellig in die Höhe steigen, ist das auswirkend für die Inflationsstatistik", betonte er.
Apropos Budgetsanierung: Hier sieht sich die Bundesregierung im Kurs. Felbermayr betonte hingegen, dass es sich "knapp ausgehe", alles sei aber "unglaublich fragil".
Ebenfalls Thema in der Pressestunde waren die gestiegenen Lebensmittelpreise. Felbermayr spricht sich hier für eine Senkung der Mehrwertsteuer aus. Immerhin hätten es andere EU-Länder schon vorgemacht – in Italien liegt diese etwa bei vier Prozent, in Österreich bei zehn. "Ich sehe nicht, warum man das nicht macht", so der Ökonom.
Eine Gefahr, dass Supermärkte die Preisverringerung nicht weitergeben, sehe Felbermayr nicht und beruft sich auf jüngste Studien in Deutschland. Darüber hinaus könne man Lebensmitteilkonzerne mit ins Boot holen, damit die Anpassung bei Menschen ankommt. Eine Preiskommission, so wie sie die SPÖ fordert, lehne er hingegen ab. Stattdessen müsse man für mehr Transparenz sorgen.
Ein weiterer wichtiger Faktor seien zudem die Pensionen. Hier stellt sich die Bundesregierung vehement gegen eine Erhöhung des Antrittsalters. Felbermayr erinnert hingegen an die Anhebung des Antrittsalters für Frauen. Das "helfe uns jetzt sehr" – man ernte die Früchte aus einer Reform, die vor Jahrzehnten beschlossen wurde.
Deshalb sei es auch nun wichtig, darüber nachzudenken, wie man die Pensionen in "zehn Jahren" schrittweise erhöhen könne. Dafür brauche es aber natürlich auch "Begleitmaßnahmen", damit die Menschen nicht im Stich gelassen werden, so der Ökonom.
Beim jüngsten Eingriff der Regierung in den freien Mietmarkt sehe Felbermayr zudem einen "ganz guten Kompromiss". Jeder Eingriff sei schwierig und müsse mit Sensibilität gemacht werden. Das habe die Dreierkoalition geschafft – "die Formel finde ich [...] gar nicht schlecht", so der Wifo-Chef.