Offener Brief

Billa, Spar & Co. laufen gegen die SPÖ-Preispläne Sturm

Drohende Preiseingriffe, angekündigte Rabatt-Klagen: In einem offenen Brief geht der Handel gegen die SPÖ-Regierungsmitglieder hart ins Gericht.
Team Wirtschaft
21.08.2025, 19:30
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In einem Brief an die "SPÖ-Mitglieder der österreichischen Bundesregierung" – namentlich an Vizekanzler Andreas Babler, Sozialministerin Korinna Schumann und Finanzminister Markus Marterbauer – beziehen in der Diskussion um massiv gestiegene Lebensmittelpreise Handelsverband und alle großen Supermarkt-Ketten erstmals klar Stellung.

"Besorgt über Vorschlag staatlicher Preiseingriffe"

Die Vertreter des Handels zeigen sich in dem Schreiben äußerst besorgt "über den Vorschlag staatlicher Preiseingriffe". Entsprechende Maßnahmen würden "die Nahversorgung der österreichischen Bevölkerung mit hochqualitativen, regionalen Nahrungsmitteln" gefährden. Als warnendes Beispiel wurde auf Ungarn verwiesen, wo ein Preisdeckel für Lebensmittel leere Regale, Versorgungsengpässe und eine erhöhte Inflation zur Folge gehabt hätte.

Politik muss Ursachen der Inflation bekämpfen

"Gehen Sie mit der Nahversorgung unseres Landes politisch nicht achtlos um", appellieren die Unterzeichner an die SPÖ. Man habe absolutes Verständnis dafür, dass hohe Lebensmittelpreise ein Problem für die Menschen seien. Allerdings sei man "nicht Verursacher, sondern selbst Betroffener der Teuerung". Man könne das Problem als Branche daher nicht alleine lösen, vielmehr müsse die Politik die Ursachen der Inflation an der Wurzel anpacken.

Preissteigerungen "nicht hausgemacht"

Tatsächlich seien ja die Preissteigerungen im Lebensmittelhandel nicht etwa hausgemacht, sondern Folge massiv gestiegener Kosten in den vergangenen drei Jahren – etwa für Energie, Mieten, Betriebskosten, Logistik, Verpackungen, Personal. Die Rentabilität liege im Schnitt lediglich zwischen 0,5 und 2 Prozent des Umsatzes.

Sinkende Qualität und geringere Auswahl

Würde der Staat in die Preisgestaltung eingreifen, könnten viele Artikel nicht mehr kostendeckend angeboten werden, heißt es in dem Brief weiter. In der Folge müssten Produkte aus dem Sortiment verschwinden, was die Auswahl und Qualität für die Konsumentinnen und Konsumenten deutlich verschlechtern würde – "ein Szenario, das sicher nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung und der Politik liegt".

Handel nicht Profiteur der Teuerung

Die Unterzeichner wiesen zudem Vorwürfe von sich, wonach der Lebensmittelhandel von der Inflation profitiere. Die Bundeswettbewerbsbehörde habe anhand von Daten belegt, dass dies nicht zutreffe. Vielmehr herrsche im österreichischen Handel ein harter Wettbewerb, der stark über den Preis geführt werde und so für bestmögliche Konditionen für die Kundschaft sorge.

Massive Kritik an Energiepolitik

Kritik äußerte die Branche an der Energiepolitik. Ende 2024 seien Entlastungen und Zuschüsse im Energiesektor ausgelaufen, gleichzeitig Abgaben auf Strom und Gas angehoben sowie Netzkosten signifikant erhöht worden. Dadurch seien die Strompreise seit Jahresbeginn um ein Drittel gestiegen. Während sich die energieintensive Industrie für 2025 und 2026 immerhin über einen Strompreisbonus freuen dürfe, bleibe der Handel auf sämtlichen Zusatzkosten sitzen.

Heimischer Handel muss teurer einkaufen

Ein weiterer Schwerpunkt des Briefes war die Problematik territorialer Lieferbeschränkungen, die ein wesentlicher Treiber für die im Vergleich zu Deutschland höheren Preise seien. Internationale Markenartikelkonzerne würden dem österreichischen Handel verbieten, Produkte dort einzukaufen, wo sie günstiger verfügbar seien. Stattdessen würden sie, wie von der Bundeswettbewerbsbehörde erhoben, den Händlern in Österreich für identische Markenartikel um 15 bis 20 Prozent mehr verrechnen als deutschen Mitbewerbern.

Lob für Einsatz gegen "Österreich-Preisaufschlag"

Die Behörde habe diese Praxis als "Österreich-Preisaufschlag" bezeichnet und als Diskriminierung zulasten der Konsumenten kritisiert. "Der Lebensmittelhandel fordert seit Jahren ein Verbot dieser unfairen Praktiken" und begrüße ausdrücklich, dass sich nun auch die Regierung für ein EU-weites Verbot einsetze. "Allein dadurch könnten die europäischen Verbraucher pro Jahr potenziell bis zu 19 Milliarden Euro einsparen."

Handel bei Transparenz "vorbildlich"

Auch in puncto Transparenz agiere man vorbildlich und habe nichts zu verbergen. Alle Lebensmittelhändler mit mindestens 100 Filialen würden Einkaufspreise an die Agrarmarkt Austria (AMA) übermitteln und diese die Daten ihrerseits an die EU-Kommission weiterleiten. Zusätzliche Meldepflichten würden ebenso wie Preisvergleichsrechner oder eine Preiskommission den Konsumenten keinen zusätzlichen Nutzen bringen, sondern lediglich die Bürokratielawine vergrößern und die Kosten erhöhen, so der Handel.

Vorerst keine Reaktion auf Rabatt-Klage

Noch keine Antwort gibt es auf die Klage des Sozialministeriums bzw. des VKI wegen des Vorwurfs irreführender Rabatte. Man könne das nicht kommentieren, weil den vier betroffenen Händlern die Klage bislang nicht zugestellt worden sein. Verärgert zeigt sich die Branche allerdings vom Ablauf. "Es ist jedenfalls bedenklich und bezeichnend, dass die Medien vor den direkt betroffenen Unternehmen informiert wurden."

Branche will gemeinsam mit Regierung Lösung erarbeiten

In jedem Fall stehe man aber "für einen sachlichen und fachlich fundierten Dialog über die Ursachen und sachgerechte Lösungsansätze zur Bekämpfung steigender Lebensmittelpreise" gerne zur Verfügung. "Eine zukunftsorientierte Politik sollte nicht nur über, sondern auch mit der Wirtschaft und ihren Unternehmen sprechen."

Von Rewe über Spar bis hin zu Hofer und Lidl

Unterzeichnet haben den Brief "mit besten Grüßen" Spar-Vorstandsvorsitzender Hans K. Reisch, Rewe-Vorstand Marcel Haraszti, Hofer-Generaldirektor Max Hofmarksrichter, Lidl-CEO Michael Kunz, MPreis-Geschäftsführer David Mölk, Unimarkt-Geschäftsführer Andreas Haider, Denns-Chef Oliver Dobbs, Handelsverbands-Präsident Stephan Mayer-Heinisch und HV-Geschäftsführer Rainer Will sowie "1.600 selbstständige Kaufleute".

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