Beißender Gestank, Dreck und jede Menge Insekten: "Vor allem bei warmen Temperaturen ist die Einwegpfandstation dann voll von Wespen und Ameisen", erzählt Alfred Pichler. Leergutarbeiter sortieren bei Rewe das Pfandgut im Dreischichtbetrieb, Montag bis Freitag – von 6 bis 14 Uhr, dann von 14 bis 22 Uhr und von 22 bis 6 Uhr.
"Wieder 25 Cent zurückgeholt", denke man sich als Kunde. Was aber dann mit dem Pfandgut passiert, ist "nichts für einen schwachen Magen", sagt Pichler. Wer mit dem schnoddrigen Inhalt der Säcke voller Leergut zu tun hat, braucht starke Nerven: "Nicht selten bekommt man dabei den einen oder anderen Spritzer an." Viele Kollegen könnten davon ein Liedchen singen. Pichler wurde bei Rewe zum Betriebsrat gewählt und kennt die beschwerliche Arbeit dort.
Schon in den Supermarkt-Filialen werden unzählige Flaschen und Dosen leicht vorgepresst. Anschließend wird das Leergut mit Lastwägen zum Rewe-Lager transportiert. Dort warten zu jeder Zeit des Tages Leergutmitarbeiter: "Sie schneiden, rund um die Uhr, unzählige Säcke auf. Der gesamte Inhalt landet in einer riesigen Presse – inklusive eines Cocktails aus vergorener Pampe und dem Ungeziefer."
„Am schlimmsten ist es im Sommer, wenn die Leute mehr trinken“Alfred PichlerBetriebsrat für Arbeiter bei Rewe
So entstehen verpresste Ballen aus Plastik- und Aluresten, die am Ende jeweils eine halbe Tonne wiegen und bei Rewe zwischengelagert werden, bis sie eine ganze Lkw-Ladung füllen. Der Kollege am Stapler führt sie dann zum Lastwagen, der sie schließlich wieder an die Kunststoff-Industrie zurückliefert.
Doch den besagten Ablauf hat es vor dem 1. Jänner 2025 noch nicht gegeben. Seit Jahresbeginn müssen die Leergutmitarbeiter, die zuvor bereits Getränkekisten sortiert, Karton und Plastikverpackungen in die Verpressung befördert haben, das heftig stinkende Leergut bearbeiten. Seit dem Vorjahr sammeln sie auch unverkauftes Gebäck aus den Filialen in Containern, das dann zu Tiernahrung weiterverarbeitet werde.
"Der Aufwand wurde mehr, die Anzahl der Mitarbeiter blieb dieselbe. Als die Vorgängerregierung den Einwegpfand eingeführt hat, kam der Dienst an den stinkenden Säcken noch dazu", sagt Pichler. "Am schlimmsten ist es im Sommer, wenn die Leute mehr trinken", erklärt er. Es falle dann nämlich wesentlich mehr Reststoff an: "In der Urlaubszeit wissen die Kollegen dann nicht mehr, wie sie hinterherkommen sollen". Zu Spitzenzeiten bitte die Firma ihre Leergutmitarbeiter auch zum Wochenenddienst– "auf freiwilliger Basis", sagt Pichler.
In der Zentrale in Wiener Neudorf gäbe es zwar eine halbautomatische Sortieranlage für Getränkekisten, aber die ist veraltet und fällt immer wieder aus. "Rewe hat wenig gegen den gestiegenen Arbeitsdruck unternommen", sagt Pichler, denn aus seiner Sicht bräuchte es längst: "Mehr Leute und mehr Automatisierung. Gerade bei uns im Handel gibt es mehrere Berufsgruppen, die sehr harte Arbeit leisten, aber dafür wenig Anerkennung genießen."
"Heute" hat Rewe mit den Vorwürfen konfrontiert und von Konzernpressesprecher Paul Pöttschacher folgende Antwort bekommen: "Es ist so nicht korrekt, dass Rewe nichts unternommen hat. Ja, der Aufwand hat sich durch die Einführung des Einwegpfandsystems erhöht, aber auch die Mitarbeiteranzahl ist um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen."
"Obwohl, die gesamte Versorgung von ihnen abhängt, bleiben die Arbeitsbedingungen hier eindeutig verbesserungswürdig", stellt Pichler klar. All die Kommissionierer, die Waren für die Filialen zusammenstellen, aber auch Lkw-Fahrer, hätten mehr Anerkennung verdient.
Während Autobuslenker, Schulbusfahrer und Berufskraftfahrer in der Personenbeförderung auf der Mangelberufsliste 2025 gelandet sind, wurden Fahrer für den Handel nicht aufgenommen. "Die Zahl der beruflichen C-95-Lenkerberechtigungen lässt zu wünschen übrig. Und das, obwohl wir schon jetzt zu wenige Lkw-Lenker und Lenkerinnen haben“, mahnte Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bereits 2024. Aufgrund der anstehenden Pensionierungswelle würden aktuell noch dringender Berufseinsteiger gebrauchen werden. Der Druck, der derzeit auf Fahrern lastet, ist entsprechend hoch.
"Heute" wollte von Rewe auch wissen, ob es Überlegungen zu Verbesserungen der Arbeitszeiten gibt. Dazu Rewe-Sprecher Pöttschacher: "Der 3-Schicht-Betrieb ist in der Lebensmittel-Logistik üblich und marktkonform. Logistikarbeiter, die in der Leergutlogistik tätig sind, werden nach Kollektiv angestellt und dementsprechend nach Kollektivvertrag entlohnt. Genauso sind Nacht- oder Sonntagszuschläge sowie die Einsatzzeiten in den Arbeitsverträgen festgehalten und werden auf Basis gesetzlicher Vorgaben ausgezahlt."
Genau um diese Vorgaben wird nun gestritten: Derzeit verhandelt die Gewerkschaft vida mit Rewe zu einem neuen Kollektivvertrag für Handelsarbeiter. "Wir fordern deutliche Verbesserungen für die Kolleginnen und Kollegen in den Supermärkten, Lagern und beim Leergut", sagt Pichler.
Vor allem kämpfen die Arbeitnehmervertreter jetzt um eine "angemessenere Bezahlung für Nachtarbeit und einen Zuschlag für die Sonntagsarbeit", fasst der Arbeiterbetriebsrat zusammen: "Wer so hart arbeitet, hat sich mehr Wertschätzung verdient." Am Dienstag (18.11.) geht es in die nächste KV-Runde.