"Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ist mit rund 7,5 Mio. Versicherten der mit Abstand größte Krankenversicherungsträger in Österreich." Das hält Korinna Schumann (SPÖ), Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, kürzlich in ihrer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen fest.
Die Grünen, allen voran Ralph Schallmeiner, wollten von Schumann wissen, wie sich zuletzt die Verwaltungskosten dort entwickelt haben. Jetzt liegt ein Dokument der Ministerin vor, das es in sich hat: Laut Schumann, stieg der Nettoverwaltungsaufwand der ÖGK zwischen 2020 und 2024 um satte 39 Prozent. Das ist der höchste Anstieg unter den bestehenden gesetzlichen Krankenkassen.
„Wie erklären Sie die Steigerung der Verwaltungskosten im Lichte der ursprünglichen Zielsetzung der Kassenfusion, Einsparungen zu erzielen?“Die GrünenAnfrage im Juni 2025
Die Ursachen dafür, heißt es in der Anfragenbeantwortung durch Schumann, lägen in der Inflation, in stark gestiegenen Energiepreisen und in Reformmaßnahmen – Stichwort Kassenfusion. Trotz dieses enormen Anstiegs, liegen die Kosten für Verwaltung bei der ÖGK bei 2,16 Prozent der Einnahmen und damit deutlich unter jenen der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) oder der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVAEB).
In den vier Jahren zwischen 2020 und 2024 stieg der Verwaltungsaufwand bei der ÖGK von ursprünglich 317,3 Millionen Euro auf zuletzt 441,1 Millionen Euro. Ein Anstieg um 123,8 Millionen Euro. Seitens des Gesundheitsministeriums führt man dazu ins Treffen, dass sich dieser Anstieg relativiere, wenn man ihn um die gesunkenen Ersätze bereinige – dann werden aus 39 Prozent Plus für Verwaltung nur noch 24,6 Prozent.
Im gleichen Zeitraum, nämlich von 2020 bis 2024, betrug die kumulative Inflation 23,8 Prozent. Daran zeigt sich, wie sehr auch der Sozialstaat von den Teuerungen betroffen ist. Zusätzlich war auch der Personalaufwand gestiegen, heißt es vom Dachverband der Sozialversicherungsträger. Die kollektivvertraglichen Lohn- und Gehaltserhöhungen in diesem Bereich sind an die Inflationsentwicklung gekoppelt.
Viel Geld ist aber auch in interne Prozesse geflossen, etwa in strategische Personalplanung, Digitalisierung und Harmonisierung (Angleichung der Leistungen etc.). So würden dadurch unmittelbar höhere Kosten entstehen, diese aber über einen längeren Zeitraum insgesamt deutlich sinken. Bis 2029 plant die ÖGK ihre Verwaltungskosten auf die Hälfte zu drücken.
"Wir haben ein Gesamtkonzept aufgesetzt", sagte Peter McDonald (ÖVP), der Vorsitzende des Verwaltungsrates der ÖGK, gegenüber dem ORF im April. Er habe die ÖGK mit einem Minus von 900 Millionen Euro übernommen, "wir können nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen".
Deswegen gebe es in einem "ersten Schritt Sofortmaßnahmen", um "das Schiff wieder in die richtige Richtung zu lenken". Man arbeite an "nachhaltigen Maßnahmen", was Vorsorge, Telemedizin und Öffnungszeiten betreffe. Er erwarte weiter steigende Gesundheitsausgaben, aber die besagten Maßnahmen könnten in Zukunft rund 700 Millionen einsparen.
Kritik an den Reformen kam zuletzt auch aus Niederösterreich. Die Kurienobfrau für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Dagmar Fedra-Machacek, forderte kürzlich: "Eine dezentrale Gesundheitsversorgung statt lähmender Bürokratie." Und auch einzelne Stimmen aus der ÖVP, wie etwa der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle, fordern jetzt eine "Reparatur der ÖGK-Reform".
Schon 2023 schrieb der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB): "Von Kurz und Strache wurde am 1. Jänner 2020, eine Reform begonnen, welche die sogenannte 'Patientenmilliarde' und eine Angleichung der Leistungen in den Bundesländern versprochen hat. Bis 2023 sollte dieses Ziel erreicht sein. Doch gekommen ist ein Berg voller Schulden, ein Millionengrab. Vor diesem hatte der ÖGB immer gewarnt."
Bemerkenswert ist immerhin, dass die ÖGK, trotz der gestiegenen Verwaltungskosten, noch immer am besten bilanziert. Gemessen an den Einnahmen, betragen die Ausgaben nur 2,16 Prozent. Sowohl bei der SVS und BVAEB ist dieses Verhältnis schlechter – in beiden Fällen um die vier Prozent. Dazu trägt auch die enorme Größe der ÖGK bei. Vier von fünf Personen in Österreich (7,5 Millionen) sind durch den größten Versicherungsträger des Landes versichert.