"Offenbar muss man erst an die Öffentlichkeit gehen, damit die ÖGK richtig reagiert und Geld überweist", sagt Jürgen E, der sein ganzes Leben hart gearbeitet hat. Irgendwann kam er an sein Limit. An das Abräumen von 900-Kilo-Europaletten war nicht mehr zu denken.
E., der seit über sechs Jahren in einem Mühlbetrieb arbeitet, hat nach seiner Lehre zum Kfz-Mechaniker durchgehend schwere körperliche Tätigkeiten verrichtet, "am Bau, bei der Müllabfuhr und auch insgesamt", sagt der 48-jährige Niederösterreicher.
Dann spielte sein "Körper spielt nicht mehr mit", sagt E. zu "Heute": "Das Schleppen der 30-Kilo-Mehlsäcke, Woche für Woche", wenn E. zu Kunden der Kornmühle im Waldviertel fährt, hat ihm schwer zugesetzt: "Ich hatte massive Schmerzen im Rücken, in der linke Schulter und im linken Arm, als ich zu meinem Hausarzt ging."
Die Diagnose: Mehrere Bandscheiben sind bereits nach außen gewölbt und stark zusammengestaucht, die Wirbel drücken auf den Nerv, der den linken Arm versorgt – Jürgen E. stand laut seinem Hausarzt, der zuvor Röntgenbilder und ein MRT in Auftrag gegeben hat, kurz vor einem Bandscheibenvorfall.
"Ich habe mir das NUHR Medical Center in Senftenberg herausgesucht", erzählt E., der keine 30 Autominuten entfernt im Raum Krems-Land wohnt: "Das war aber für mich nicht das wichtigste Kriterium. Viel wichtiger war mir, mich in gute Hände zu begeben", sagt der 48-Jährige. Gegenüber "Heute" gibt er an, dass er "nur Gutes" über die Einrichtung gehört hätte.
Und auch auf der Webseite des Landes NÖ gesund-bleiben.at wird das NUHR Medical Center einladend präsentiert: "Es erwarten Sie Spitzenmedizin in Wohlfühlatmosphäre sowie maßgeschneiderte Behandlungen, die auf innovativen diagnostischen Methoden aufbauen", heißt es dort etwa. Und: "Das multiprofessionelle Ärzt:innnen- und Therapeut:innenteam geht auf Ihre individuellen Beschwerden und Ziele ein, um personalisierte Therapiepläne für Sie zu entwickeln."
"Ich habe mich entschieden, eine zweiwöchige Kur um rund 2.000 Euro zu machen, alles vorher bezahlt. Danach kam aber das böse Erwachen", sagt E. und fügt an, dass er mit "zumindest 300 Euro Rückerstattung" durch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) gerechnet hat. Stattdessen habe es aber von der ÖGK ein Taschengeld von 35 Euro in zwei Tranchen gegeben.
"Das Nuhr-Zentrum ist ja renommiert und sehr bekannt. Ich bin deshalb davon ausgegangen, dass ich die Reha danach einfach einreiche und zumindest einen größeren Teil refundiert bekomme. So, wie man es bei einer Versicherung macht."
Tatsächlich gibt es das Nuhr Medical Center in Senftenberg seit über 70 Jahren. Gegründet 1954 von Otto Nuhr als Ambulatorium für physikalische Medizin, befindet sich die Einrichtung seitdem in Familienbesitz und wird seit 2008 in dritter Generation Martin Nuhr geleitet. Der Facharzt für Physikalische Medizin und Allgemeinmedizin wandelte das Haus zu einem modernen Reha-Zentrum mit wissenschaftlicher Ausrichtung und eröffnete 2018 den Neubau mit erweitertem Therapie- und Hotelbereich.
"Heute" hat bei Martin Nuhr nachgefragt, wie er den Fall sieht und folgende Erklärung bekommen: "Früher, bis zur Corona-Pandemie, war die Abrechnung mit der Krankenkasse einfach, denn wir mussten jede Therapie vor Antritt bewilligen lassen."
"Diese Regelung ist aber gefallen", sagt der Mediziner. Für die Vertragseinrichtungen sei das ein Vorteil, denn sie müssten gar nichts mehr deklarieren. In seinem Fall sei es offenbar immer schwieriger für Patienten einen Teil ihres Geldes zurück zu bekommen.
"Heute" wollte daher von der ÖGK wissen, wie sie den Fall von Jürgen F. sieht. Folgende Antwort kam von der ÖGK: "In Österreich gibt es einen klar geregelten Ablauf für eine von der Sozialversicherung bewilligte und finanziell unterstützte Kur." Dazu gehöre eine "Antragstellung vor Beginn der Maßnahme über den behandelnden Arzt oder Hausarzt, die Prüfung der medizinischen Notwendigkeit durch den chefärztlichen Dienst und die Bewilligung der Kurmaßnahme mit Zuweisung in eine Vertragseinrichtung."
Zu privaten Instituten heißt es: "Nur bei vorab bewilligter Kur ist eine Kostenübernahme oder -rückerstattung durch die ÖGK im vorgesehenen Umfang möglich." Werde eine Maßnahme ohne vorherige Bewilligung in Anspruch genommen, handle es sich aus Sicht der ÖGK um eine private Gesundheitsleistung – "selbst wenn medizinisch sinnvolle Inhalte wie physikalische Therapie oder Bewegungstherapie erbracht wurden."
Dann fasst die ÖGK noch einmal zusammen: "Eine umfassende Kostenrückerstattung ist nur bei vorher bewilligter Kur möglich. Private Kuren ohne Antrag werden lediglich mit einem kleinen Pauschalsatz rückvergütet." Doch die 35 Euro, die Jürgen E. bekommen hat, dürften falsch berechnet worden sein, wie sich jetzt im Nachhinein herausstellt.
"Ein sehr freundlicher Herr von der ÖGK hat bei mir angerufen", lacht Jürgen E. und erzählt, dass sich die ÖGK entschuldigt hat: "Es tut uns leid, hat er dann gesagt und versichert, dass die Kur in vollem Ausmaß, wie es die Tarifregelung vorschreibt, refundiert wird."
"Heute" wollte wissen, ob E. denn sein Geld schon bekommen hat, nachdem es zuvor gegenüber der Redaktion hieß, dass alles korrekt abgelaufen sei. "Ja, tatsächlich. Das Geld war sehr schnell auf meinem Konto", sagt E. und rechnet zusammen: "Es sind etwa 350 Euro gewesen, die refundiert wurden." Immerhin, das entspricht dem Zehnfachen dessen, was die ÖGK Jürgen E. refundiert hat, bevor sich dieser entschied, an "Heute" heranzutreten.
"Das ist schon stark", sagt E. und lacht: "Der Herr hat mir erklärt, dass sich die ÖGK verrechnet hat. Und, dass auch andere jetzt ihr Geld zurückbekommen. Na, wenn das nicht ein Hammer ist!" Heute sei er schon zu Hause, erzählt Jürgen E., bevor er den Abend ausklingen lässt: "Zumindest dieses Match gegen die ÖGK ist jetzt gewonnen."