"Keine Minderleister"

"Schwer daneben": GPA-Chefin kontert im Teilzeit-Streit

Gewerkschaftschefin Teiber will Teilzeitbeschäftigte nicht als "Minderleister" hingestellt sehen. Sie fordert Lösung, um Arbeitsstunden aufzustocken.
Angela Sellner
22.07.2025, 19:42
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Die von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) angestoßene Debatte um Teilzeit-Arbeit kocht weiter hoch. Hattmannsdorfer pocht ja darauf, dass wir eine Erhöhung der geleisteten Arbeitsstunden brauchen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und unser Sozialsystem langfristig finanzieren zu können – "Heute" berichtete ausführlich.

Im Visier hat der VP-Minister dabei Teilzeitkräfte, die er gern in Vollzeitjobs sehen würde, Stichwort "Renaissance von Leistungsbereitschaft". Wenn jemand wegen Betreuungspflichten oder aus gesundheitlichen Gründen Teilzeit arbeite, sei das nachvollziehbar, so Hattmannsdorfer: "Aber für den wachsenden Trend zur 'Lifestyle-Teilzeit' fehlt mir jegliches Verständnis." Das schade dem Standort und zeuge nicht von Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft.

"Keine andere Wahl"

Gegenüber "Heute" bezieht jetzt die Chefin der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) und SPÖ-Nationalratsabgeordnete, Barbara Teiber, Stellung. "Es ist nicht zu leugnen, dass Teilzeit ein breites Phänomen geworden ist, insbesondere bei Frauen", sagt sie. Mangelnde Leistungsbereitschaft könne man den Teilzeitbeschäftigten aber nicht anlasten: "Wenn am Land die Kindergärten nur von 8 bis 12 oder höchstens 15 Uhr offen sind und die Schulen keine Ganztagsangebote haben, haben viele keine andere Wahl als einen Teilzeitjob."

Und ältere Beschäftigte müssten oft wegen pflegebedürftiger Eltern die Arbeitsstunden kürzen, um hier Betreuungspflichten nachkommen zu können.

„Bekommen herzerwärmende Mails von Menschen, die Teilzeit arbeiten und sich nicht als Minderleister hinstellen lassen wollen.“
Barbara TeiberGPA-Chefin (SPÖ)

Wo die Freiwilligkeit bei Teilzeit-Arbeit beginne, sei zu hinterfragen. "Zumal wenn ganze Branchen wie etwa der Lebensmittelhandel fast nur Teilzeit-Stellen anbieten – weil damit die Spitzenzeiten besser abzudecken sind", erklärt Teiber. Auch in der Erwachsenenbildung und der mobilen Pflege würden fast nur Teilzeitkräfte gesucht. Ärzte würden inzwischen ebenfalls vorwiegend Personal auf Teilzeit-Basis suchen – "weil sie in der Ordination immer kürzere Öffnungszeiten haben".

"Das ist schwer daneben"

Diese Situation zu verkürzen auf Aussagen à la Lifestyle-Teilzeit hält Teiber für "schwer daneben". "Wir bekommen derzeit eine Flut herzerwärmender Mails von Menschen, die Teilzeit arbeiten und sich nicht als Minderleister hinstellen lassen wollen", berichtet die GPA-Chefin im "Heute"-Gespräch.

Bei jungen Menschen sei es oft so, dass sie die Ausbildung mit Teilzeit-Arbeit kombinieren würden. "Und ja, es gibt Leute, die sagen, sie können von einem 30-Stunden-Job gut leben und würden auch in Vollzeit nicht so viel verdienen, dass sie sich bequem ein Eigenheim leisten könnten – da arbeiten sie lieber Teilzeit", sagt Teiber.

„Statt auf Teilzeit-Beschäftigte hinzuhauen, sollten wir überlegen, wie wir den Leuten ermöglichen können, ihre Arbeitsstunden aufzustocken.“
Barbara TeiberGPA-Chefin (SPÖ)

Dass der Teilzeit-Boom zum volkswirtschaftlichen Problem werden könne, leugne sie nicht, so Teiber. "Aber statt auf Teilzeit-Beschäftigte hinzuhauen, sollten wir überlegen, wie wir den Leuten ermöglichen können, ihre Arbeitsstunden aufzustocken." Da seien auch die Arbeitgeber gefordert – oft würden Beschäftigte, die ihre Stunden erhöhen wollen, beim Unternehmen abblitzen.

"Recht auf Aufstockung der Arbeitszeit"

"Wir haben diesbezüglich einen klaren Vorschlag", sagt Teiber: "Wenn Beschäftigte über mehrere Monate mehr Stunden arbeiten, als sie im Vertrag haben, sollten sie das Recht auf offizielle Aufstockung der Arbeitszeit haben."

"Es sollte darum gehen, etwas möglich zu machen. Und nicht um Bestrafungen", erklärt Teiber. "Teilzeitbeschäftigte leisten natürlich einen großen Beitrag. Sie sind berechtigt verärgert, wenn sie plötzlich als Minderleister hingestellt werden", so die Gewerkschafts-Chefin. Und: "Nicht zu vergessen ist, dass wer Teilzeit arbeitet, später auch weniger Pension bekommt und im Fall des Falles ein geringeres Arbeitslosengeld."

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