Achtung, Nebenwirkungen

So heiß, dass selbst Medikamente völlig anders wirken

Bei hohen Temperaturen können manche Medikamente unerwünschte Nebenwirkungen haben. Sie auf eigene Faust abzusetzen, ist aber keine gute Idee.
05.07.2025, 16:00
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Der Sommer macht mit uns allen etwas. Die einen lieben ihn, die anderen leiden. Wieder andere müssen in diesen Tagen besonders wachsam sein, weil sie Medikamente einnehmen müssen. Denn deren Wirkung kann sich infolge der Hitze ändern.

Gleiches Medikament, andere Wirkung: Was heißt das?

Das kommt auf das Präparat an: "Einige Medikamente beeinträchtigen unsere körpereigenen Methoden, mit der Hitze umzugehen", sagt Anne Leuppi-Taegtmeyer, Leiterin Abteilung Patientensicherheit und Drug Safety am Unispital Basel (USB). So gebe es Medikamente, die das Schwitzen unterdrücken oder die Thermoregulation ändern – jene Fähigkeit des Körpers, die Körperkerntemperatur von etwa 37 Grad Celsius zu halten. Andere reduzieren den Durst. "Zudem können Medikamente, besonders in Form von Pflastern, deutlich mehr und deutlich schneller aufgenommen werden", so Leuppi-Taegtmeyer. "Das kann zu einer verstärkten Wirkung führen."

Diese Medikamente wirken bei Hitze anders

Fachleute kennen eine ganze Reihe an Wirkstoffen, von denen bei Hitzewellen ein potenzielles Risiko ausgeht. Dazu gehören unter anderem folgende:

  • Einige Neuroleptika und Antidepressiva (Psychopharmaka) reduzieren die Schweißproduktion. Das kann bei hohen Temperaturen zum Problem werden, weil Schwitzen beim Abkühlen hilft. Auch einige anticholinerge Mittel, wie Medikamente gegen Schlafstörungen, Übelkeit oder Antihistaminika, können dazu führen.
  • Bei Hitze weiten sich die Blutgefäße, der Blutdruck sinkt. Deshalb sollten Personen, die Blutdrucksenker nehmen, aufpassen. Die normale Dosis könnte dann zu hoch sein und der Blutdruck gefährlich absinken. Das Risiko für Ohnmacht und Herzinfarkt steigt.
  • ACE-Hemmer, die ebenfalls bei Bluthochdruck zum Einsatz kommen, reduzieren den Durst. Die Gefahr der Dehydrierung wächst. Erste Anzeichen sind Durst, Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen und Schwindel. Schwerer Flüssigkeitsmangel äußert sich etwa durch Verwirrtheit, Krampfanfälle, Nierenversagen oder Schock.
  • Auch Schmerzpflaster bergen bei Hitze Risiken: Einerseits können sie dann stärker wirken, weil warme Haut gut durchblutet ist und der Wirkstoff schneller aufgenommen werden kann. Andererseits können sie auch weniger gut wirken, weil das Pflaster auf schwitziger Haut nicht so gut klebt.
  • Bestimmte Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei Hitze und Flüssigkeitsmangel zu einem plötzlichen Anstieg des Blutdrucks oder Nierenversagen führen.
  • Durch die bessere Durchblutung der Haut bei Hitze werden auch Injektionsstellen besser durchblutet. Das führt dazu, dass beispielsweise Insulin schneller in den Blutkreislauf gelangt. Der Blutzuckerspiegel sinkt dann schneller. Ist er zu niedrig (Hypoglykämie), können Schwindel, Zittern, Schwitzen, Reizbarkeit und möglicherweise sogar Bewusstlosigkeit oder Krampfanfälle die Folge sein.

Eine ausführlichere Liste mit bei Hitze problematischen Medikamenten teilt etwa die Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie am Universitätsklinikum Heidelberg: Der sogenannte Heidelberger Hitze-Index (pdf) richtet sich an Fachpersonen.

Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte aktiv werden

Fachpersonen sind es auch, an die sich Personen, die Medikamente einnehmen, wenden sollten. "Da der Einfluss von Hitze auf Medikamente komplex und sehr individuell ist, empfehle ich nicht, Medikamente einfach abzusetzen, sondern zwingend mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu sprechen", so Leuppi-Taegtmeyer. Für gewisse Therapien müssten zudem zusätzliche Überwachungen eingeführt werden. Auch das liege beim Fachpersonal.

Medikamente vor der Hitze schützen

Auch die Lagerung von Medikamenten im Sommer ist nicht ganz ohne. Sind die Temperaturen am Aufbewahrungsort zu hoch, kann das die Wirksamkeit beeinträchtigen. So ist beispielsweise Insulin als Eiweiß sehr hitzeempfindlich. Vorsicht gilt auch bei Asthmasprays: In den Alubehältern kann infolge der Hitze zu viel Druck entstehen. Auch die Ventile können verkleben.

Hitze und Medis können sich gegenseitig verstärken

Auf ein weiteres Problem macht Matthias Liechti, Chefarzt Klinische Pharmakologie und Toxikologie am USB, aufmerksam: "Schwindel kann auch auftreten, wenn man bei Hitze zu wenig trinkt. Wird dann noch ein Medikament eingenommen, das seinerseits Schwindel hervorrufen kann, kann sich das gegenseitig verstärken." Das zeigt, wie wichtig die ausreichende Flüssigkeitszufuhr im Sommer ist.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 05.07.2025, 16:00
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