US-Präsident Donald Trump hatte dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag eine Frist von 50 Tagen gesetzt, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Andernfalls drohte er mit Wirtschaftssanktionen. Der US-Präsident kündigte zudem die Lieferung neuer Patriot-Abwehrsysteme an Kiew an. Dafür sollen allerdings Deutschland und andere europäische Länder bezahlen. Russland hat die von Trump angekündigten Waffenlieferungen für die Ukraine und angedrohten Sanktionen indes als schädlich für die Friedensbemühungen zurückgewiesen.
Solche Entscheidungen nehme die ukrainische Seite als Zeichen für eine Fortsetzung des Krieges wahr, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Moskau hatte den Krieg vor drei Jahren unter dem Vorwand begonnen, die eigene Sicherheit und die der russischen Minderheit im Osten der Ukraine schützen zu müssen. Russland werde sich Zeit nehmen, die Erklärungen Trumps zu analysieren, hieß es. Peskow fügte hinzu, er wolle die Bewertung der Aussagen von Präsident Wladimir Putin abwarten.
Am späten Mittwochabend nahm Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf eine Einschätzung der Lage vor. "Die Ukraine hat acht Patriot-Systeme", so Reisner, "das System selbst besteht aus einem Radar, Feuerleitgerät und mehreren sogenannten Werfern, sechs bis acht an der Stückzahl. Es wurden einige zerstört und auch beschädigt", so der Experte. Er "nehme an", dass die Ukraine noch sechs bis sieben im Einsatz habe, "sie bräuchte aber ein Vielfaches mehr".
Auch wenn es eine "erratische" Ankündigung von Trump sei, dass bereits Patriot-System am Weg in die Ukraine seien, sei die Botschaft für die Ukraine eine wichtige: Sie bekomme die Mittel, sich gegen die russischen Luftangriffe zu verteidigen. "Wenn sie denn kommen", so Reisner: 17 seien zugesagt worden, Trump habe später von fünf gesprochen, Deutschlanbd habe drei. Es würde im Wesentlichen darum gehen, dass Länder wie Deutschland ihre Systeme an die Ukraine abgeben würden und diese von den USA ersetzt bekämen, so der Oberst.
"Das Liefern dauert natürlich seine Zeit", so Reisner, lange werde nichts passieren, vielleicht "Wochen oder Monate", bis die Systeme da und einsatzbereit seien. Seien bei Angriffen mit Hunderten Drohnen Patriots wirklich das, was die Ukraine jetzt brauche? "Wenn die russische Luftwaffe angreift, dann macht sie das auf dreierlei Art. Sie verwendet auf der einen Seite hunderte Drohnen, sie verwendet auf der anderen Seite aber auch Marschflugkörper und ballistische Raketen", so Reisner. Patriots seien "nicht so sehr geeignet" für die Drohnen.
Eine Drohne koste 20.000 Dollar, eine Patriot rund vier Millionen, so Reisner. Die Ukraine habe aber "innovative Ideen" und versuche, Abfangdrohnen zu bauen, "aber die Produktionsraten sind noch zu gering". Was diskutiert werde, seien Defensivwaffen-Systeme, so Reisner, Patriots seien da nur ein Teil. Was die Ukraine aber zusätzlich brauche, seien Offensiv-Systeme wie Marschflugkörper, "die es der Ukraine möglich machen, zumindest auf den von den Russen besetztem Territorium wirksam zu werden". Bei diesen Lieferungen gebe es ein "Hin und Her".
"Im Wesentlichen braucht die Ukraine wesentlich mehr, um eine Wende darstellen zu können", so der Oberst, momentan rede man von einer rein defensiven Antwort. "Der Krieg folgt grundsätzlich diesen drei Ebenen, strategisch, operativ, taktisch", so Reisner dazu, warum Russland zivile Ziele und viele Orte in der Westukraine fernab der Frontlinie angreife. Auf der strategischen Ebene sei es das Ziel, "die industrielle Basis der Ukraine zu zerstören", gleichzeitig aber "auch Terror gegenüber der Bevölkerung auszuüben".
Werde man jede Nacht von Luftangriffen aus dem Schlaf gerissen und müsse in Bunker flüchten, drücke das auf die Moral, so Reisner. Wenn dann auch noch die kritische Infrastruktur wie die Stromversorgung und Rüstungsfabriken getroffen würden, dann zeige das über Zeit ihre Wirkung. Würden die 50 Tage von Trumps Ultimatum Putin reichen, um seine Ziele zu erreichen? Putin habe zehn Tage vor Trumps Ultimatum angekündigt, dass in 60 Tagen der Krieg weiter eskalieren werde – nun gebe Trump ihm die verbleibenden 50 Tage, so Reisner.
Die Lage sei "prekär", die Russen würden "wie ein Raubtier" handeln: Mit einer Klaue hätten sie den Norden der Ukraine im Griff, mit der anderen den Süden und mit dem Maul hätten sie sich verbissen im Donbas. Bisher habe sich die Ukraine gegen den Druck schlagen können, "aber wenn das sich so weiter verschlechtert mit den Lieferungen, wird das schwieriger werden". Warum Putin seine Angriffe nun so intensiviere? Eigentlich käme es im Sommer zu einer Kampfpause, um Kräfte zu sammeln, so Reisner. Dieses Mal dürfte er aber der Meinung sein, seine Ziele in der Ukraine erreichen zu können.