Was lange dauert, bringt doch noch eine Überraschung: Am Montagabend lag das Endergebnis der Wien-Wahl vor, und die nun ausgezählten Wahlkarten verschoben das Ergebnis noch etwas, was Brisanz birgt. Am "Stockerl" änderte sich freilich nichts: Die SPÖ bleibt auf Platz 1 mit 39,4 Prozent, die FPÖ auf dem sicheren zweiten Platz mit 20,4 Prozent und die Grünen auf Platz 3 mit 14,5 Prozent. Im Vergleich zu den Hochrechnungen verloren Rote und Blaue noch einige Prozentpunkte, die Grünen legten wiederum noch etwas zu.
Die Überraschung folgt aber dahinter: Die NEOS lagen in der Nacht auf Sonntag noch mit 9,6 Prozent mit der ÖVP gleichauf, wird im Endergebnis nun aber mit 10,0 Prozent sogar zweistellig und verdrängt die Volkspartei mit 9,7 Prozent auf Platz 5. Am Scheitern von KPÖ mit 4,1 Prozent und der Liste HC Strache mit 1,1 Prozent konnten auch die Wahlkarten indes nichts mehr ändern. Bemerkenswert: Die Grünen erhielten nur 0,3 Prozent weniger Stimmen als bei der Wahl 2020, die NEOS legten gar um 2,5 Prozent zu.
Der nächste Bürgermeister wird wieder Michael Ludwig heißen. Der SPÖ-Mann hat dabei alle Karten in der Hand, denn entgegen der ersten Hochrechnung ist nun doch auch eine Fortsetzung der rot-pinken Zusammenarbeit möglich.
Die erstarkten Grünen und die deutlich geschwächte ÖVP buhlen dennoch um Ludwigs Gunst und einen Platz an seiner Seite auf der Regierungsbank, rechnerisch wäre beides möglich. FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte indes von Ludwig ein Ende der Ausgrenzung, der rote Stadtchef hatte aber bereits vor Wochen eine Koalition mit den Blauen mit sehr deutlichen Worten ausgeschlossen.
Die NEOS würden gerne die "Fortschrittskoalition" fortführen, sagte Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling: "Unser Wahlziel war ein Plus vor dem Ergebnis und die Möglichkeit einer stabilen Mehrheit mit der SPÖ." Sie verwies auf die gemeinsam mit der SPÖ umgesetzten Vorhaben vor allem im Bildungsbereich, es gebe "noch viel zu tun" und "wir sind noch nicht fertig".
Die Grünen sehen sich durch das vorläufige Wahlergebnis – sie konnten ihr Rekordergebnis annähernd halten – bestärkt, nach viereinhalb Jahren auf der Oppositionsbank zurück in die Regierung zu wechseln. "Wir haben viele Themen, die uns mit der SPÖ verbinden – leistbares Wohnen, gute Bildung und vor allem die Klimagerechtigkeit als größte soziale Frage unserer Zeit", sagte Grünen-Spitzenkandidatin Judith Pühringer.
Ins Spiel als Regierungspartner bringt sich trotz der horriblen Verluste auch die ÖVP: "Wenn dem Bürgermeister an einer Politik der politischen Mitte, der wirtschaftlichen Stabilität und des sozialen Zusammenhalts gelegen ist, dann stehen wir dafür zur Verfügung", sagte der bereits 70-jährige ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer. Am Montag trat Mahrer allerdings zurück, Markus Figl übernahm die Wiener Volkspartei.
Ergebnis: Innere Stadt
Ergebnis: Leopoldstadt
Ergebnis: Landstraße
Ergebnis: Wieden
Ergebnis: Margareten
Ergebnis: Mariahilf
Ergebnis: Neubau
Ergebnis: Josefstadt
Ergebnis: Alsergrund
Ergebnis: Favoriten
Ergebnis: Simmering
Ergebnis: Meidling
Ergebnis: Hietzing
Ergebnis: Penzing
Ergebnis: Rudolfsheim-Fünfhaus
Ergebnis: Ottakring
Ergebnis: Hernals
Ergebnis: Währing
Ergebnis: Döbling
Ergebnis: Brigittenau
Ergebnis: Floridsdorf
Ergebnis: Donaustadt
Ergebnis: Liesing
Bürgermeister Ludwig will jedenfalls, rasch für eine Regierungsbildung sorgen und in den kommenden Tagen zu Sondierungsgesprächen laden. Darin will er ausloten, welche "inhaltlichen Kooperationsmöglichkeiten" es mit den jeweiligen Parteien gibt. Sein Ziel: "Noch vor dem Sommer eine stabile Stadt- und Landesregierung."
Bei der Wien-Wahl konnte die FPÖ rund um Dominik Nepp im Vergleich zum Urnengang im Jahr 2020 mit rund 20 Prozent ihren Stimmenanteil verdreifachen, blieb aber weit hinter dem 2015er-Ergebnis zurück. Für die Blauen dennoch Grund zur Freude: "Wir alle sind dankbar und demütig angesichts des großen Vertrauens, das die Wählerinnen und Wähler den Freiheitlichen, Dominik Nepp und seinem Team geschenkt und so diesen Erfolg ermöglicht haben", betonte FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl in einer ersten Reaktion.
"Das starke Ergebnis für Dominik Nepp und die FPÖ zeigt, dass die Menschen auch in Wien eine Veränderung wollen – und zwar jene Veränderung, die das Volk wieder in den Mittelpunkt der Politik stellt. Das Volk ist der Souverän und genau dieser Souverän hat heute auch in Wien ein deutliches Zeichen gesetzt." Nach diesen Worten folgte der inzwischen schon altbekannte Rundumschlag gegen "Einheitspartei", "Verlierer" und das "System", die in Kickls Augen allesamt "abgestraft" wurden.