Brisante Zahlen

Wer Hälfte mehr arbeitet, kriegt nur Drittel mehr Geld

Jetzt schaltet sich auch die Agenda Austria in die Debatte um die Teilzeit ein. Sie sieht zu viele Anreize, um nicht mehr zu arbeiten.
Heute Politik
25.07.2025, 05:30
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Hat es Sinn, mehr zu arbeiten? Nein, sagt die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria. Zumindest nicht aus steuerlicher Sicht. Zur Untermauerung legen die Experten einen europäischen Vergleich der OECD über die Steuerbelastung von Arbeit im Jahr 2024 vor.

Staat schneidet bei Mehrverdienst kräftig mit

Und der fällt für Österreichs Arbeitnehmern – vor allem für jene, die sich überlegen, ihre Arbeitszeit aufzustocken – ernüchternd aus. Denn ein Durchschnittsverdiener, der 50 Prozent mehr arbeitet, bekommt am Ende des Monats nur 34,7 Prozent mehr netto aufs Konto. Bei 100 Prozent Arbeitszeit-Aufstockung sind es 68,8 Prozent. Den Rest näht sich Vater Staat ein. Damit liegt unser Land nur an 14. Stelle von 22 verglichenen Ländern.

Ungarn ganz vorne, Belgien abgeschlagenes Schlusslicht

An der Spitze des Rankings liegt in beiden Kategorien Ungarn. Dort ist die Mehrarbeit eins zu eins am Konto zu spüren. Im Ranking ebenfalls ganz weit vorne: Polen Dänemark, Schweden und auch Tschechien. Auch deutlich vor uns liegen die Deutschen. Sie bekommen bei 50 Prozent Mehrarbeit 39,3 Prozent mehr, bei 100 Prozent sind es immerhin 76,1 Prozent.

Hinter uns landen etwa Italien, die Niederlande, Frankreich und Spanien. Am meisten an den Staat abliefern müssen Belgier, die mehr arbeiten. Ihnen bleiben nur 22 bzw. 49 Prozent netto mehr.

Die Agenda hat drei Beispiele durchgerechnet:

Gerhard arbeitet Teilzeit (20 Stunden) als Handwerker und bezieht ein Bruttogehalt von 1.750 Euro. Nachdem seine Kinder alt genug sind, überlegt er, Stunden aufzustocken. Dabei fällt ihm auf, dass er für 50 Prozent Mehrarbeit, also eine Aufstockung von 20 auf 30 Wochenstunden, nur 35,7 Prozent mehr Nettogehalt erhalten würde. Also entscheidet er sich für mehr Freizeit.

Hannah arbeitet Teilzeit (30 Stunden) als Kindergärtnerin und verdient hierfür Brutto 1.875 Euro. Sie überlegt, aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten auf Vollzeit (40 Stunden) aufzustocken. Ihr fällt auf, dass sie für 33,3 Prozent Mehrarbeit nur 23,1 Prozent mehr verdienen würde. Also entschließt sie sich gegen die Aufstockung.

Katharina arbeitet Vollzeit (40 Stunden) in einer Kanzlei und verdient ein Bruttomonatsgehalt von 4.500 Euro. In letzter Zeit wurden einige neue Kollegen eingestellt, die nur 20 oder 30 Stunden arbeiten. Daraufhin rechnet sie sich aus, wie viel sie bei einer Reduktion ihrer eigenen Arbeitszeit netto verlieren würde. Bei einer Reduktion um 20 Prozent auf dann 32 Stunden (3.600 Euro Brutto pro Monat) blieben ihr ganze 84 Prozent ihres bisherigen Nettogehaltes (Reduktion um 15,9 Prozent). Also entscheidet sie sich für die Reduktion und mehr Freizeit.

Statistik zeigt: Nur wenige Teilzeitkräfte wollen länger arbeiten

"Die Regierung sagt, die Leute würden lieber mehr arbeiten. Das stimmt aber so nicht", sagt Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera im "Heute"-Gespräch. Das belegen auch Daten der Statistik Austria. Demnach würden nur 14,1 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit gerne mehr arbeiten. 79,3 Prozent sind mit der aktuellen Stundenanzahl zufrieden. Demgegenüber stehen aber 19,7 Prozent der Vollzeit-Arbeitskräfte, die lieber weniger Stunden machen würden.

„In kaum einem anderen europäischen Land ist es unattraktiver, die Arbeitszeit auszuweiten.“
Dénes KucseraÖkonom Agenda Austria

Kucsera: "In kaum einem anderen europäischen Land ist es unattraktiver, die Arbeitszeit auszuweiten." Es gebe derzeit viel zu viele Anreize, in Teilzeit zu gehen oder zu bleiben. Dazu beitragen würde auch, dass die Regierung ein Drittel der kalten Progression nicht an die Steuerzahler zurückgibt. Dadurch würde der Netto-Vollzeitbezug nicht voll valorisiert werden.

Flat-Tax-Modell gefordert

Die Regierung sei daher gefordert, Vollzeit-Arbeit attraktiver zu machen, sagt der Experte. Sein Vorschlag: eine Flat Tax wie etwa in Polen. Die erste Steuerstufe, bis zu der gar keine Steuer anfällt, solle bei 13.308 Euro bleiben. Danach brauche es eben bis zur Höchstbemessungsgrundlage 17 Prozent Besteuerung und darüber 50 Prozent. "Ein solches System kostet zwar viel, würde den Arbeitnehmern aber auch viel bringen", so Kucsera.

{title && {title} } pol, {title && {title} } 25.07.2025, 05:30
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