Die Pauschale für die Sozialversicherungsbeiträge von Trinkgeld soll bundesweit einheitlich geregelt werden. Die gesetzliche Grundlage dafür passierte am Mittwoch mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen den Sozialausschuss.
Je nach Branche, Art der Tätigkeit und Arbeitszeitausmaß sollen ab 2026 Pauschalbeträge festgelegt werden können, die dann bundesweit als Obergrenze für Beitragsleistungen gelten. Mit einem Abänderungsantrag hat die Koalition im Ausschuss noch kleine Änderungen vorgenommen.
Trinkgeld ist in Österreich zwar steuerfrei, es sind aber Sozialversicherungsbeiträge zu leisten, wobei in einigen Bereichen - regional unterschiedliche - Trinkgeldpauschalen zum Tragen kommen. Nun will die Regierung eine gesetzliche Grundlage für eine bundesweit einheitliche Regelung schaffen. Für den Bereich des Hotel- und Gastgewerbes liegen laut Erläuterungen bereits Vorschläge der Sozialpartner vor: Demnach soll die Pauschale für Beschäftigte mit Inkasso 2026 65 Ꞓ, 2027 85 Ꞓ und 2028 100 Ꞓ monatlich betragen. Für Mitarbeiter:innen ohne Inkasso sind es 2026 und 2027 jeweils 45 Ꞓ und 2028 50 Ꞓ. Ab 2029 ist eine Valorisierung aller Pauschalen vorgesehen.
Zuständig für die Festlegung der Pauschalen ist - wie bisher - die Sozialversicherung. Bis es eine Neufestsetzung für den jeweiligen Erwerbszweig gibt, sollen die aktuellen Pauschalen weitergelten. Für Nachforderungen sieht das Gesetz eine Verjährung vor, sofern bis Ende September nächsten Jahres für die betreffende Branche eine neue Pauschale festgesetzt wurde. Neu ist darüber hinaus eine Auskunftspflicht des Dienstgebers bzw. der Dienstgeberin über bargeldlos gegebene Trinkgelder gegenüber den Mitarbeiter:innen: Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz soll um einen entsprechenden Passus ergänzt werden.
Wenn die Trinkgelder am Ende des Arbeitstages von einem Arbeitnehmer bzw. einer Arbeitnehmerin zwischen den Kolleg:innen verteilt werden, entfällt die Auskunftspflicht. Sie bleibt jedoch bestehen, wenn die Verteilung durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin oder eine leitende Arbeitnehmerin bzw. einen leitenden Arbeitnehmer erfolgt. Mittels Abänderungsantrag haben die Koalitionsparteien diese Regelung präzisiert und festgelegt, dass der Aufteilungsschlüssel bei bereits aufrechten Arbeitsverhältnissen bis spätestens 28. Februar 2026 bekanntgegeben werden muss.
Dass die Trinkgeld-Frage virulent geworden ist, liegt daran, dass Trinkgeldzahlungen durch den zunehmenden Trend zur Kartenzahlung leichter als früher überprüft werden können. Das führte zu teils hohen Nachforderungen seitens der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK).
Trinkgeld sei eine Form der Wertschätzung gegenüber dem Personal und solle das auch bleiben, sagte Tanja Graf (ÖVP). In letzter Zeit habe es insbesondere in manchen Bundesländern Verwirrungen gegeben. Mit einer bundesweit einheitlichen Lösung wolle man diese "Verwirrtheit auflösen". Für Johannes Gasser (NEOS) ist die Regelung ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie Rechtssicherheit und Klarheit schaffe.
Josef Muchitsch (SPÖ) erläuterte, dass es seit Jahrzehnten keine Anpassungen bei der Trinkgeldpauschale gegeben habe. Mit zunehmender Kartenzahlung habe die ÖGK bei ihren Überprüfungen mehr gefunden. Die Nachforderungen hätten zu Unruhe geführt. Die Koalition habe sich nun bemüht, eine neue Regelung in Form eines Kompromisses zu finden - sowohl beim Betrag der Pauschale als auch bei der erstmaligen Valorisierung im Jahr 2029. Michael Seemayer (SPÖ) hielt eine einheitliche Pauschale für alle Bundesländer für sinnvoll. Die Auskunftspflicht bezeichnete er als "massiven Fortschritt" im Sinne der Rechte der Arbeitnehmern.
Völlig ablehnend äußerte sich Peter Wurm (FPÖ). Es sei ein Wahnsinn, dass die Regierung den "einfachsten Arbeitnehmern" in die Tasche greife. Auch die Bürokratie für Unternehmen kritisierte er. Die FPÖ stehe als einzige Partei dafür, dass das Trinkgeld das bleiben soll, als was es gedacht gewesen sei: eine persönliche Zuwendung, die zu 100 % bei der Person bleiben solle, die sie erhalte. Für Dagmar Belakowitsch (FPÖ) führe die neue Regelung über alle Regionen hinweg zu Ungerechtigkeiten. Ihrer Meinung nach sollte man bei der oftmals falschen Anmeldung der Beschäftigten in der Gastronomie ansetzen, nicht beim Trinkgeld.
Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann hingegen bezeichnete die einheitliche Regelung als wichtig. Sie betonte, dass bei der Festlegung der Pauschale auch auf die Arbeitszeit abgestellt werde. Außerdem befürwortete sie die größere Transparenz. Es handle sich um einen Kompromiss, aber um eine Regelung, "die sich sehen lassen kann", so Schumann.