Die Bildungskarenz hat die Regierung abgeschafft, dafür soll ab 1. Jänner 2026 die sogenannte Weiterbildungsbeihilfe eingeführt werden. Der Sozialausschuss hat die Gesetzesvorlage am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsparteien ÖVP, SPÖ und Neos durchgewunken und damit den Weg für eine Beschlussfassung im Oktober-Plenum des Nationalrats in der kommenden Woche freigemacht. Auf der Tagesordnung steht der Beschluss für den 15. Oktober.
Die Abschaffung der Bildungskarenz per Ende März 2025 spart im Budget heuer 350 Millionen Euro ein. Früher schlug diese Maßnahme mit jährlich rund 650 Millionen Euro zu Buche.
Für die neue Weiterbildungsbeihilfe sind die Ausgaben aus budgetären Gründen mit jährlich 150 Millionen Euro begrenzt.
Kritik kommt von der Opposition, die in dem neuen Modell keinen Ersatz für die alte Bildungskarenz sieht, sondern einen Schwenk zugunsten der Arbeitgeber.
Die neuen Regeln verschärfen den Zugang deutlich: Beschäftigte müssen künftig mindestens zwölf Monate beim aktuellen Arbeitgeber gearbeitet haben (bisher sechs). Ein direkter Anschluss an die Elternkarenz ist nicht mehr möglich – dazwischen müssen mindestens sechs Monate liegen. Wer bereits einen Uni-Abschluss hat, braucht zusätzlich vier Jahre Berufserfahrung, davon ein Jahr im aktuellen Job.
Auch die Anforderungen an die Weiterbildung selbst steigen: Mindestens 20 Wochenstunden sind vorgeschrieben, mit Reduktionen für Eltern kleiner Kinder in Ausnahmefällen. Bei Studien gilt: 20 ECTS pro Semester sind Pflicht. Auch strengere Kontrollen sind vorgesehen.
Für Personen, die weniger als die Hälfte der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von derzeit 6.450 Euro verdienen, schreibt das Gesetz eine verpflichtende Beratung beim AMS vor.
Die Förderung fällt gestaffelt aus: Zwischen 40,40 und 67,94 Euro pro Tag sind möglich – abhängig vom Einkommen.
Die Mindestbeträge für die Weiterbildungsbeihilfe werden auf 1.212 Euro pro Monat erhöht und sollen automatisch valorisiert werden.
Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) erklärte, dass sich die Weiterbildungsbeihilfe besonders an Menschen richte, die einen niedrigen Ausbildungsgrad und einen geringen Verdienst haben. Nichtsdestotrotz stehe die Maßnahme weiterhin auch Gutqualifizierten offen. Jeder, der sich weiterbilde, verringere die Gefahr, arbeitslos zu werden.
Neu ist, dass Arbeitgeber bei Besserverdienenden mindestens 15 Prozent der Beihilfe selbst beisteuern müssen.
Ein Antrag auf Weiterbildungsbeihilfe kann dem Gesetzentwurf zufolge drei Monate vor Beginn der "Bildungskarenz" gestellt werden, wobei die Auszeit-Vereinbarung mit dem Dienstgeber nur bei Zuerkennung der Förderung wirksam wird.
Wie die jährlich zur Verfügung stehenden 150 Millionen Euro verteilt werden, sei im Gesetz nicht geregelt, kritisiert der Grün-Abgeordnete Markus Koza. So stelle sich etwa die Frage, ob das Prinzip "first come, first served" gelte.
Die Grünen kritisieren zudem, dass Arbeitnehmer nicht mehr die freie Wahl hätten, sondern sich an den Bedürfnissen des Betriebs orientieren müssten.
Die FPÖ ortet überhaupt eine "reine Betriebsförderung". Abgeordnete Dagmar Belakowitsch warnte: "Weiterbildung gibt es nur mehr, wenn sie dem Betrieb nützt." Ihre Fraktionskollegin Lisa Schuch-Gubik befürchtet, dass Mütter mit mehreren Kindern künftig de facto von der Bildungskarenz ausgeschlossen würden, da sie die Anforderungen für die Beschäftigungszeiten nicht erfüllen könnten.
SPÖ und ÖVP verteidigen die Neuregelung mit Hinweis auf leere Kassen und Missbrauchsfälle. Es sei notwendig gewesen, "Schlupflöcher zu schließen", erklärte die VP-Abgeordnete Tanja Graf. Die Bildungskarenz sei nie dafür gedacht gewesen, die Elternkarenz zu verlängern. Und laut Rechnungshof sei ein Viertel der Teilnehmer ein Jahr nach der Bildungskarenz nicht in Beschäftigung gewesen.
Auch die Neos sprechen von einer notwendigen "Notbremse". Der pinke Abgeordnete Johannes Gasser sieht mit der Neuregelung die Gefahr gebannt, dass Firmen höher qualifizierte Mitarbeiter, die sie eigentlich kündigen wollten, auf Kosten der Steuerzahler in Bildungskarenz schicken. Das habe es in der Vergangenheit immer wieder gegeben, meinte er.