Am 28. Mai ist der Internationale Tag der Frauengesundheit und dennoch ist die Thematik für einige noch schambehaftet und befremdlich. Dabei sollte es für Frauen, aber auch Männer, etwas Normales und Natürliches sein. Eine Studie des österreichischen Gesundheitsunternehmen GYNIAL hat nun Ergebnisse erhoben, die vom Gegenteil überzeugen. Elisabeth Pichler, die Geschäftsführerin von GYNIAL Schweiz, erklärt im "Heute"-Interview, warum das Thema "Frauengesundheit" noch immer ein Tabu-Thema ist.
Die GYNIAL-Studie zeigt, dass viele Österreicherinnen noch immer zu wenig über ihren eigenen Körper wissen. Sie haben das Gefühl, dass ihre Beschwerden nicht richtig ernst genommen werden. Zudem tun sich auch einige schwer, über intime Gesundheitsthemen zu sprechen. "Für viele Frauen ist es das Thema rund um Frauengesundheit ein Tabuthema, weil es für einige auch nur 'Privatsache' ist. In der Kindheit bekommen die meisten es mit, dass das Thema bei den Eltern schon tabuisiert wurde und das setzt sich auch dann in weiteren Etappen fort, wie in der Schule", erzählt Pichler.
Ein Phänomen, dass die Studie auch verdeutlicht: Die Mehrheit der Frauen (85 Prozent) stellen die Gesundheit anderer über ihre eigene. Diese geben auch an, das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass ihre frauenspezifischen Beschwerden kaum ernst genommen werden. Rund 80 Prozent der befragten Damen halten die regelmäßige Kontrolle beim Gynäkologen für wichtig, doch nur jede zweite Frau sieht diese für selbstverständlich. Erschreckend: Ein Viertel der Single-Frauen plant keine regelmäßigen Besuche beim Frauenarzt ein. "Dass nur jede zweite Frau gynäkologische Vorsorge selbstverständlich wahrnimmt, verdeutlicht den großen Aufholbedarf. Frauengesundheit darf in Österreich kein Tabuthema sein", so Pichler.
Bei vielen der Befragten existieren auch noch Hemmungen, sich über Themen, wie Sexualität oder Intimgesundheit, auszutauschen. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) scheuen sich, über ihre eigene Sexualität zu reden. Vor allem die Generation Z kämpft damit: Weniger als die Hälfte der Befragten schafft es, intime Beschwerden äußern zu können. Alleine der Kauf von Intimprodukten, wie Periodenartikel, ist einem Drittel der Frauen noch immer peinlich.
"Wenn jeder vierten Frau es unangenehm ist, mit dem eigenen Partner über Intimbeschwerden zu reden und zwei Drittel der Jugendlichen das Gespräch mit den Eltern scheuen, ist klar: Wir haben ein Aufklärungsproblem. Intimgesundheit ist kein Randthema – sie betrifft unseren Alltag, unsere Beziehungen und unser Körpergefühl. Darum: Reden wir endlich darüber", so die Pharmaexpertin.
Ein Ergebnis der Studie schockiert sehr: 43 Prozent der befragten Männer sind der Meinung, dass die Thematik rund um "Intimgesundheit" nichts in der Öffentlichkeit verloren hat. Wird aber darüber nicht gesprochen, mangelt es auch an wichtigem Wissen. So auch beim Thema HPV: Bei dem Humanen Papillomavirus handelt es sich um eine der weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Mehr als die Hälfte der befragten Männer geben an, sich nicht mit der Krankheit auszukennen. Mehr als ein Drittel der Frauen fühlt sich auch nicht genug informiert über die Infektion. Die Wissenslücke ist besonders bei der Generation Z ausgeprägt, obwohl diese sogar sexuell am aktivsten ist.
"Das Thema 'HPV' muss mehr herausgestrichen werden. Es wäre wichtig, wenn die Thematik aus dieser Tabu-Ecke rausgeholt wird, da es so viele Menschen betrifft. Durch diese Entstigmatisierung könnte man, unter anderem, die Ausbreitung des Virus eher verhindern. Hier sehe ich einen großen Handlungsbedarf, denn das Thema gehört einfach angesprochen", erläutert Pichler.
Rund 72 Prozent der Frauen wünschen sich, trotz des Gegenwindes der Männer, eine bessere Aufklärung zum Thema "Intimbeschwerden". Geschlechterübergreifend wünschen sich fast 90 Prozent der Befragten mehr Wissen von Männern zur Thematik. 75 Prozent sind der Meinung, dass Intimgesundheit und frauenspezifische Themen nicht richtig thematisiert werden.
"Unsere GYNIAL-Studie zeigt, dass der Wunsch nach Wissen groß ist, aber das Umfeld fehlt. Aber wenn so viele Menschen sich nicht trauen, mit Freund:innen zu reden, oder gar glauben, dass Intimgesundheit nichts in der Öffentlichkeit verloren hat, dann ist das nicht nur ein gesundheitliches Problem – es ist ein gesellschaftliches", so Pichler abschließend.