Manche hüten im Krankheitsfall das Bett, um andere nicht anzustecken. Andere fühlen sich zu krank für soziale Kontakte und wollen sich Ruhe gönnen. Eine unbedingt bewusste Entscheidung ist es nicht, berichten jetzt Forschende des MIT im US-amerikanischen Cambridge. Auch mit krankheitsbedingter Lethargie hat es nicht zu tun.
Laut dem Team um Liu Yang nimmt uns ein bestimmter Botenstoff die Lust auf Sozialkontakte: das Protein Interleukin-1 beta, kurz IL-1β, das zu den Zytokinen zählt.
Was sind Zytokine?
Zytokine sind kleine Proteine, die von Körperzellen produziert und ausgeschüttet werden, beispielsweise von Immunzellen. Sie steuern als Botenstoffe die Kommunikation zwischen Zellen, insbesondere bei immunologischen und entzündlichen Reaktionen.
Dieses Protein ist schon länger bekannt dafür, bei Entzündungsreaktionen eine Rolle zu spielen. Die US-Studie zeigt: Es ist auch für den sozialen Rückzug im Krankheitsfall verantwortlich. "Die soziale Isolation nach einer Immunreaktion ist selbst auferlegt und wird durch einen aktiven neuronalen Prozess gesteuert", Gloria Choi, einer der Senior-Autoren der Studie.
Mithilfe von Mäusen testete das MIT-Team eine ganze Reihe von Zytokinen, doch nur die Injektion von IL-1β führte zu dem sozialen Rückzugsverhalten wie dem bei einer Infektion. Zudem machte das Protein die Mäuse auch träger. Weitere Experimente zeigten, wo und wie das Interleukin-1 beta andockt: Blockierten oder hemmten die Forschenden einen der identifizierten Faktoren, blieb der soziale Rückzug bei den mit IL-1β behandelten Mäusen aus.
"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass IL-1β ein primärer Faktor ist, der den sozialen Rückzug während einer systemischen Immunaktivierung antreibt", so das Team im Fachjournal "Cell". Laut dem Forscherteam wird das Protein im frühen Infektionsstadium rasch hochreguliert und spielt eine Schlüsselrolle bei der Koordination der Infektabwehr. Der von ihnen aufgezeigte neuronale Mechanismus "fördert aktiv den sozialen Rückzug bei kranken Tieren" und wohl auch beim Menschen.