Finanzminister Markus Marterbauer ärgert es: Das Cremissimo-Eis von Eskimo kostet in Österreich satte 5,99 Euro, in Deutschland dagegen nur 2,89 Euro. Und das ist kein Einzelfall – im Schnitt zahlen Konsumenten hierzulande für die gleichen Lebensmittel rund 27 Prozent mehr als unsere Nachbarn. Wer einmal in einem deutschen Supermarkt durch die Gänge schlendert, merkt schnell: Dieselbe Packung Schokolade, dasselbe Waschmittel – nur der Preis ist oft wie aus einer anderen Welt.
Höhere Mehrwertsteuer: Österreich unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom deutschen Markt. Die Mehrwertsteuer liegt hierzulande bei 20 Prozent, während sie in Deutschland bei 19 Prozent ist. Dazu kommen noch höhere ermäßigte Steuersätze (10 % bzw. 13 % statt deutscher 7 %) und sogar die europaweit höchste Urheberrechtsabgabe, die einfach im Verkaufspreis landet.
Fixkosten auch höher: Und wäre das nicht schon genug, schlägt auch die Kostenstruktur kräftig zu Buche: Im Vergleich zahlen wir höhere Löhne, höhere Mieten und dazu noch rund neun Prozentpunkte höhere Lohnnebenkosten. Und weil unser Markt rund zehnmal kleiner ist als der deutsche, können Händler nicht in der gleichen Menge einkaufen, weshalb es schlechtere Konditionen und weniger Mengenrabatte gibt.
Bio wichtig, aber auch teurer. Unser Faible für Bio-Produkte drückt auch auf den Preis: Österreich hat einen 20 prozentigen Bio-Anteil in der Landwirtschaft und strengere Kennzeichnungs- und Tierschutzregeln. Das erhöht zwar die Qualität unserer Produkte, ist in der Produktion aber teurer. Unser Bio-Faible ist also gut für die Kühe, aber schlecht für den Kassabon.
Streitpunkt Lieferbeschränkungen. Ein weiterer entscheidender Faktor sind sogenannte territoriale Lieferbeschränkungen (TSCs). Das bedeutet, dass Hersteller den Einzelhändlern verbieten können, günstigere Einkäufe über Ländergrenzen hinweg zu tätigen. Zum Beispiel dürfen österreichische Supermärkte Produkte nicht aus Deutschland beziehen, obwohl es dort deutlich günstiger wäre. Stattdessen müssen Händler bei teureren nationalen Vertriebspartnern kaufen – oft mit dem Vorwand, dass die Verpackung oder das Rezept "landesspezifisch" sein müsse.
Solche Barrieren verhindern Preiswettbewerb und treiben die Preise in Österreich merklich nach oben. Laut EU-Kommission zahlen die Konsumenten in Europa durch TSCs jährlich rund 19 Milliarden Euro extra. Diese Beschränkungen sind im europäischen Binnenmarkt problematisch, da sie den freien Warenverkehr behindern und zu Preisdifferenzen zwischen den Mitgliedsstaaten führen können.
Im Einzelfall können können TSCs wettbewerbsrechtlich geprüft und sanktioniert werden, insbesondere wenn sie den freien Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt beeinträchtigen. So geschehen bei den Unternehmen Mondelez (Milka, Oreo) und Anheuser-Busch (Budweiser), die zu Millionenstrafen verdonnert wurden, weil sie billigere Lieferungen ins Ausland blockierten und deshalb den Wettbewerb einschränkten.
Das österreichische Wirtschaftsministerium betont in Wien, man unterstütze eine Anpassung der Preise und auch einen konkreten Gesetzesvorschlag gegen unfaire Lieferbeschränkungen. Aus einem Brüsseler Protokoll geht jedoch hervor, dass die Europäische Union noch sehr zaghaft auftritt. Neue Regulierungsmaßnahmen seien "nicht zielführend" und man müsse an bestehende Vorschriften anknüpfen. Zwar solle man Lieferbeschränkungen unattraktiver machen, von einem generellen Verbot war jedoch keine Rede.
Neben Österreich wählten andere EU-Staaten sogar deutlich schärfere Worte: Die Niederlande fordern ein ambitioniertes Vorgehen bis hin zu einem Lieferverbot, Belgien spricht sich klar für ein entsprechendes Gesetz aus, und Griechenland hat nach eigenen Angaben bereits mit der EU-Kommissionspräsidentin über ein mögliches Verbot gesprochen. Es liegt also auch an Brüssel, ob das Cremissimo-Eis in Zukunft auch bei uns leistbar wird.