Teuerungs-Debatte im ORF

Expertin fordert jetzt völligen Mietpreis-Stopp

Einkäufe, Wohnen und Energie werden immer teurer. Preiseingriffe will aber die Politik nicht, doch was soll dann helfen? Zwei Experten diskutieren.
Newsdesk Heute
27.08.2025, 22:40
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Eine vierköpfige Familie aus zwei Elternteilen und zwei Kindern (7 und 14 Jahre alt) braucht mittlerweile fast 10.000 Euro pro Jahr mehr, um die Kosten für ein "bescheidenes, aber angemessenes Leben" mit Miete, aber ohne Auto zu decken, als es noch vor vier Jahren der Fall war. Das hat die Arbeiterkammer ausgerechnet. Alleine die Ausgaben für Wohnen und Energie sind seit August 2021 um 35 Prozent in die Höhe geschossen, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind um 32 Prozent teurer geworden.

Zahlreiche Experten und Politiker wollen gegen den leidigen "Österreich-Aufschlag" vorgehen, aber in den meisten Bereichen keine direkten Preiseingriffe vornehmen, die Betriebe wiederum fordern weniger Lohnnebenkosten, weniger Bürokratie und günstigere Energie. Es brauche auch eine Preistransparenzdatenbank, eine Anti-Teuerungs-Kommission und eine Reform des Preisgesetzes, heißt es. Viele haben aber mittlerweile das Gefühl: Es passiert nichts und die Rechnung begleichen die Bürger beziehungsweise Kunden.

"Menschen sind ihren Vermietern ausgeliefert"

Was den Bürgern wirklich in der Teuerungswelle helfen könnte, darüber diskutierten am späten Mittwochabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf die ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth und Jan Kluge von der Agenda Austria. Es gebe "keine Alternative" zur Mietpreisbremse, die von Vizekanzler Andreas Babler präsentiert wurde, so Schuberth, die begrüße die Initiative, die Preisbremse auch "für die freien Mieten vorzuziehen". Schuberth äußerte aber auch Kritik.

"Ich sehe allerdings noch weiteren Handlungsbedarf", hieß es, so sei "viel zu hoch", wann die Bremse erst greife – "wir müssen für einige Jahre wirklich einen Mietpreis-Stopp machen". Außerdem stießen die vielen Befristungen in Mietverträgen der Expertin auf: "Hier muss man wirklich einen Riegel vorschieben", denn es bedeute, "dass die Menschen ausgeliefert sind ihren Vermieterinnen und Vermietern". Und es mache "eklatante Mietpreisanstiege" möglich, um rund 70 Prozent in den letzten 15 Jahren und doppelt so hoch wie die Inflationsrate.

"Ein Überangebot, nicht eine Übernachfrage"

Das Risiko eines Investors, der Geld "festbetonieren" müsse, müsse zumindest sicher sein, dass wenn eine Inflationskrise komme, vernünftig kalkulieren zu können und dem nicht völlig ausgeliefert zu sein, argumentierte hingegen Kluge. Dass Vermieten "ein Wahnsinnsgeschäft" sei, wollte der Experte ebenfalls nicht so stehenlassen, die Renditen seien eher niedrig. Gerade "das freie Segment" sei das einzige gewesen, "das überhaupt noch gebaut hat", so Kluge, "freilich zu entsprechenden Preisen", nun werde es aber unter Druck geraten.

Es gebe bereits "einen großen Bereich", in dem es eine Regulierung per Indexierung gebe, so Kluge. Die Mietpreissteigerungen im freien Bereich kämen von der Nachfrage – mit der Mietpreisbremse werde man dort "aus Knappheit Mangel machen". Schuberth verwies dagegen auf "ein Überangebot, nicht eine Übernachfrage" am freien Markt mit enormen Spekulationen. "Es ist ökonomisch völlig absurd, eine Miete an eine Inflationsrate zu koppeln", so die Expertin. Mieter würden mehrfach steigende Energiekosten, Betriebskosten und Mieten zahlen.

"Man wollte die Preise nicht senken"

Was solle man tun? Energieversorger stärker in die Verantwortung nehmen, wenn es die budgetäre Situation zugelassen hätte, die Strompreisbremse verlängern, besser wäre ein Deckel, mehr Personen mit Sozialtarife absichern, so Schuberth. Kluge hielt theoretisch von der Regierung vorgegebene Preissenkungen an Energieversorger der öffentlichen Hand für möglich, außerdem hätten sich kartellartige Strukturen gebildet. "Man wollte die Preise nicht senken, man hätte das durchaus tun können", so Kluge. Auch beim Netzausbau müsse mehr passieren.

Und bei Lebensmitteln? Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel würde man fordern, wenn es die budgetäre Situation zulassen würde, das funktioniere aber nur mit einem Preismonitoring und einer Anti-Teuerungs-Kommission, die Preisvorgaben und Strafen verhängen könne, so Schuberth. "Transparenz ist immer eine gute Sache", so Kluge, eine solche Kommission sei aber "reiner Populismus". Bei Lebensmitteln sei der Österreich-Aufschlag "nichts Neues", so Kluge, er sei aber auch nicht so leicht zu lösen, wie es etwa der Vizekanzler erklärt habe. Lohnenswert sei es aber, auch wenn es jetzt eine "Sommerloch-Debatte" gebe.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 28.08.2025, 09:26, 27.08.2025, 22:40
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