Die Sozialhilfe-Reform ist eines der größten Vorhaben der Regierung. Geplant sei ein Inkrafttreten im Jänner 2027, sagte SP-Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) am Dienstag bei einem Hintergrundgespräch. Die Verhandlungen mit den Ländern und Behörden laufen, es sei ein weiter Weg: "Aber wir sind in guter Abstimmung."
Die Zielsetzungen seien klar:
Angestrebt wird eine bundesweit einheitliche Regelung. Und alle arbeitsfähigen Sozialhilfe-Bezieher sollen vom AMS zwecks Jobvermittlung betreut werden, erklärte Schumann. Eine Arbeitsgruppe lote jetzt die Kooperation zwischen dem AMS und den zuständigen Sozialhilfe-Behörden der Länder beim Datenaustausch aus. "Sozialhilfe darf kein Daueraufenthalt werden für jene, die arbeitsfähig sind", so Schumann.
Was die geplante Integrationsphase für Zuwanderer bis zum Anspruch auf volle Leistungen betreffe, gehe es um eine verfassungs- und europarechtskonforme Ausgestaltung: "Das wird noch verhandelt."
„Sozialhilfe darf kein Daueraufenthalt werden für jene, die arbeitsfähig sind.“Korinna SchumannArbeits- und Sozialministerin (SPÖ)
Ebenfalls in Verhandlung ist eine spezielle Zukunftssicherung für Kinder. Sie stellen aktuell 37 Prozent der Sozialhilfe-Empfänger und sollen herausgenommen und eigens abgesichert werden. Um hier ein Modell zu erarbeiten, wird es als Grundlage zunächst in Kooperation mit dem Ressort von VP-Familienministerin Claudia Plakolm eine Studie zum Stand der Familienleistungen geben. Diese soll Mitte 2026 fertig sein.
Bei der geplanten Kinder-Absicherung gehe es insbesondere um Sachleistungen, betont Schumann. Gemeint sind hier beispielsweise Schulsachen, Nachhilfe, Gesundheitsversorgung.
Wie es hinsichtlich der Sozialhilfe-Empfänger in Österreich aussieht, zeigen neue Daten der Statistik Austria. Demnach bezogen 2024 im Schnitt 205.781 Personen die Unterstützung, rund 8.800 oder 4,5 Prozent mehr als 2023. Am Höchststand 2017 waren es knapp 240.000.
Die Gesamtausgaben stiegen auf 1,317 Milliarden Euro. Das entspricht 0,27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) (2023: 0,23 Prozent). Das Budget könne jedenfalls nicht mit Einsparungen bei der Sozialhilfe saniert werden, hält Schumann fest.
„Ich weiß, dass der Fokus sehr oft auf zu Recht für Ärger und Unverständnis sorgenden hohen Geldleistungen für Familien liegt.“Korinna SchumannArbeits- und Sozialministerin (SPÖ)
"Sparen bei den Ärmsten kann sich eine verantwortungsvolle Politik nicht leisten und auch nicht wollen. Ich weiß, dass der Fokus sehr oft auf zu Recht für Ärger und Unverständnis sorgenden hohen Geldleistungen für Familien liegt", sagt Schumann: "Wir müssen den Tunnelblick aber ablegen." Sozialhilfe-Empfänger – das seien auch alleinstehende Pensionisten, Alleinerziehende, Menschen, deren Einkommen nicht reicht, um zu überleben: "Jene Menschen sind auf die Sozialhilfe angewiesen." Es sei "das letzte Sicherheitsnetz".
Rund 70 Prozent aller Sozialhilfe- und Mindestsicherungs-Empfänger leben in Wien – im Vorjahr waren es 149.188 (siehe Tabelle). Die Bundeshauptstadt verzeichnete 2024 einen Anstieg um fünf Prozent. Das sei natürlich auch der Zuwanderung geschuldet.
Insgesamt ist die Sozialhilfe ein städtisches Phänomen: In der Steiermark leben 60 Prozent der Bezieher in Graz, in Salzburg ein ähnlich hoher Anteil in der Stadt Salzburg.
"Am Land haben die Menschen oft Scham, sich als bedürftig zu outen und beantragen deshalb keine Unterstützung", so Schumann.
Der monatliche Bezug lag 2024 im Schnitt bei 505 Euro pro Person. Die Spannweite reichte von 431 Euro im Burgenland bis 522 Euro in Wien.
Wie lange wird Sozialhilfe bezogen? 2024 waren es durchschnittlich 9,1 Monate – je nach Bundesland unterschiedlich: in Vorarlberg 7,7, in Wien 9,4 Monate.
53 Prozent der Bezieher stammen aus Drittstaaten, 44 Prozent haben einen Asyl- oder subsidiären Schutzstatus. 38 Prozent sind österreichische Staatsbürger.
Vier von fünf sind sogenannte Aufstocker, beziehen also neben der Sozialhilfe noch anderes Einkommen wie etwa Arbeitslosengeld oder Unterhalt.
Acht Prozent der Bezieher sind erwerbstätig (mit Mini-Einkommen, sodass sie aufstocken müssen), 35 Prozent sind arbeitssuchend, weitere acht Prozent nicht arbeitsfähig, sieben Prozent sind Pensionisten. Und 37 Prozent sind, wie gesagt, Kinder.
Im Zuge der Sozialhilfereform soll ein Fokus darauf liegen, die Menschen aus der Sozialhilfe in den Arbeitsmarkt zu bringen. Infrage kommen würden dafür wohl jene 35 Prozent, die in der Statistik als Arbeitssuchende aufscheinen.