"Seit Wochen keine Behandlung"

"Hat nur noch Stunden" – Sohn kämpft um seine Mutter

Katharina C. erhielt im Oktober eine schockierende Krebs-Diagnose. Ihr Sohn kämpft seither um sie. Therapie gab es bisher keine.
Aram Ghadimi
20.11.2025, 05:15
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"Ich soll alleine kämpfen, soll Mama pflegen und alles organisieren", sagt Aron C. während sich seine Stimme überschlägt. C. kämpft mit seiner Fassung, als er beginnt, vom Fall seiner Mutter zu erzählen. Der 30-Jährige sagt, dass das Gesundheitssystem dabei versagt habe: "Sie hätte nur noch Stunden, haben sie meiner Mama gesagt und mich in Salzburg angerufen – ich soll sofort kommen. Krebs im Endstadium." Begonnen hat alles mit scheinbar harmlosen Knieschmerzen.

Im Herbst 2024, war die 64-Jährige nach einer Gallenstein-OP entlassen worden: "Alles in Ordnung", hat es geheißen. "Im Frühjahr wurden dann zwei gutartige Geschwülste gefunden", sagt Sohn Aron und atmet lange aus: "Im Sommer konnte meine Mama auf einmal nicht mehr gut essen. Unser Hausdoktor hat aber abgewunken. Alles ok."

Drei vollgeschwitzte Pyjamas habe Katharina C. pro Nacht benötigt, sagt der 30-Jährige: "Mittlerweile war der Sommer vorbei und wir wollten Wandern gehen. Meine Mutter konnte aber plötzlich nicht mehr, so sehr schmerzte ihr Knie. Der Hausarzt hat eine Salbe aufgeschrieben und sie nachhause geschickt."

"Entlassen, um zu sterben"

Es war der 18. Oktober, Aron C. kann sich noch genau erinnern, "Ihr Bein hat irre geschmerzt. Ich habe gesagt: Jetzt reicht es, du gehst sofort ins Spital. Es war eine Thrombose im Oberschenkel, wie sich herausstellte. Dann kam plötzlich alles heraus." Die Ärzte im Krankenhaus Neunkirchen diagnostizieren einen bösartigen Tumor in der Bauchspeicheldrüse von Katharina C. – Überlebenschance null. Sie soll entlassen werden.

"Sie hat noch gefragt: 'Habe ich denn eine Chance auf eine OP?' Nein. 'Oder eine Chemotherapie?' Nein, wir können gar nichts tun", fasst C. das Arztgespräch, das die Ärzte mit seiner Mutter geführt haben sollen, zusammen: "Am 24. Oktober haben sie meine Mutter entlassen. Ich lebe eigentlich in Salzburg und bin sofort in den Railjet gesprungen." Er solle jetzt nicht arbeiten gehen, die letzten Stunden gemeinsam verbringen, habe man C. zum Abschied gesagt.

"Hausarzt müsste koordinieren"

"Wir haben viel geweint, waren am 25. und am 26. Oktober total unter Schock. Am 27. hat uns dann ein Wahlarzt in Wiener Neustadt empfangen und gesagt: 'Mit einer Chemo kann man das eventuell abbremsen", erzählt C. und fügt an: "Wir haben also versucht einen Platz im dortigen Krankenhaus zu bekommen. Ich war außerdem in Wien, Graz und Linz – Gastpatientenregel, nichts zu machen." C. fühlte sich völlig im Stich gelassen: "Ein Hausarzt müsste hier doch alles koordinieren, aber unseren muss man sogar zu Überweisungen überreden."

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Am 3. November sei seine Mutter endlich in Wiener Neustadt aufgenommen worden – allerdings nur für drei Tage, klagt Aron C., der schon seit fast einem Monat bei seiner Mutter lebt, so wie er im Zug angereist war: "An Arbeit ist nicht zu denken. Das ist doch völlig unmenschlich! Niemand kümmert sich um uns. Am 6. November haben sie meine Mutter wieder entlassen. Zuvor wurden Biopsien genommen und ein MRT der Leber gemacht."

Gerät kaputt

"Wann geht es endlich mit einer Behandlung los?", fragt C. die Ärzte und die gleiche Frage stellt er jetzt gegenüber "Heute". Anfang November habe man im Wiener Neustädter Spital die Diagnose bestätigt, für 14. wurde eine Blutabnahme angesetzt und am 17. ein erster onkologischer Termin. "Für 26. war ein OP-Termin angesetzt, ein kleiner Eingriff, um einen Zugang für die Chemo-Flüssigkeit zu legen, doch dann hat es geheißen, ein Gerät sei kaputt. Das ist doch irre. Es hängen doch Menschenleben daran."

Seit 7. November habe Katharina C. jeden Tag Fieber und ihr Puls sei konstant hoch: "Ich habe Angst. Alle lassen sich ewig Zeit und ich ... ich bin doch nur eine kleine Ameise. Ich bin mittlerweile total kaputt. Warum tut niemand was? Wir sind doch in Österreich!" Immer wieder kämpft Aron C. mit Tränen. Im "Heute"-Gespräch muss er immer wieder kurze Pausen machen. Seit der Diagnose sei bald ein Monat vergangen – Therapie gab es für Katharina C. noch keine.

Krankenhaus dementiert

"Heute" hat das Universitätsklinikum Wiener Neustadt mit den Vorwürfen konfrontiert und von Pressekoordinatorin Doris Pichlbauer eine ausführliche Antwort bekommen: "Die Patientin wurde im Universitätsklinikum Wiener Neustadt am 03. November 2025 zur Abklärung einer unklaren Pankreasraumforderung stationär aufgenommen. Die durchgeführte Diagnostik bestätigte rasch das Vorliegen eines Pankreaskarzinoms – das heißt Bauchspeicheldrüsenkrebs", sagt Pichlbauer.

Die Krankenhaussprecherin bestätigt weitgehend die Ausführungen von Aron C.: "Am 5. November erfolgte eine ergänzende Leber-MRT. Am nächsten Tag, am 6. November wurde die Patientin über die Gesamtsituation aufgeklärt und ein Termin für ein weiterführendes Therapiegespräch in der Onkologie (am 17. 11.) sowie ein Termin für die Port-Implantation am 26. November vereinbart."

In der Zwischenzeit sei der Fall von Katharina C. im sogenannten Tumorboard (Expertinnen- und Expertengremium für onkologische Fälle) besprochen worden, um die Planung und den weiteren Behandlungsverlauf festzulegen.

"Keine Verzögerung"

"Aufgrund von Wartungsarbeiten musste jedoch der Termin für die Implantation des Ports auf den 04.12. verschoben werden. Für die Patientin ergibt sich dadurch keine Verzögerung im Rahmen der vorgesehenen Therapieplanung, weil die Therapie intravenös (das heißt über die Vene) erfolgen kann", erklärt Pichlbauer. Diese intravenöse Therapie entspreche derselben Behandlung wie über den Port - mit dem Unterschied, dass der Port von Patientinnen und Patienten angenehmer empfunden werde und dieser daher auch in Vorbereitung auf geplante Chemotherapien eingesetzt werde.

"Insgesamt erfolgten Abklärung und Therapieplanung leitliniengerecht, rasch und koordiniert", fasst Pichlbauer noch einmal zusammen. Für sie zeigen sich keine Hinweise auf Verzögerungen oder auf eine Beeinträchtigung der notwendigen Behandlungsschritte: "Die Patientin wird über die zuständigen Fachambulanzen, die Onkologie sowie (bei Bedarf) durch Pflege- und Sozialdienst umfassend und engmaschig begleitet."

Pichlbauer weiter: "Diese Bereiche unterstützen Patienten und Angehörige in medizinischen, organisatorischen und betreuungsrelevanten Belangen. Die Diagnostik, die Tumorboard-Vorstellung und die onkologische Anbindung erfolgten im Zeitraum vom 3. bis zum 17. November – also äußerst zeitnah und strukturiert." Zudem habe die Patientin gegenüber dem Personal geäußert, dass sie sich sehr gut aufgehoben fühle und sehr froh sei, diese Behandlung zu bekommen.

Offene Fragen

Aron C. sagt demgegenüber, dass sich seine Mutter und er im Stich gelassen fühlen: "Wir fühlen uns wahnsinnig alleine. Warum dauert es Wochen, bis es eine Behandlung gibt, wenn es heißt, dass uns nur Stunden bleiben? Warum wurde zuerst alles als chancenlos präsentiert? Warum funktionierte hier bei uns am Land die Diagnostik nicht?"

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 20.11.2025, 12:17, 20.11.2025, 05:15
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