Amoklauf in Graz

"Massenanfall von Verletzten" – harte Szenen im Spital

Nach dem Blutbad in einer Grazer Schule ziehen Spitäler und Politik Bilanz. Die Rettungskette hat funktioniert – das Leid bleibt.
Newsdesk Heute
13.06.2025, 09:18
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Ganz Österreich trauert um die Opfer des schrecklichen Amoklaufs in einer Grazer Schule. Am Dienstag gegen 10.00 Uhr ermordete ein Ex-Schüler (21) des BORG Dreierschützengasse wahllos 9 Personen und verletzte viele weitere. Eine Person verstarb noch am Abend im Krankenhaus – die Zahl der Todesopfer stieg auf zehn.

Mittlerweile befindet sich von den teils schwerverletzten Personen, niemand mehr in Lebensgefahr. Die Rettungskette hat funktioniert, wie nun auch Michael Lehofer (Ärztlicher Direktor LKH Graz II), Wolfgang Köle (Ärztlicher Direktor LKH Universitätsklinikum) und Christian Kammerlander (Ärztlicher Direktor des UKH Graz) in einer Pressekonferenz zum Zustand der Verletzten Stellung betonten.

Schockräume sofort bereitgestellt

Als der ManV (Massenanfall von Verletzten) etwa im Universitätsklinikum eingegangen ist, begann sofort die Abarbeitung des dafür eingeübten Protokolls: Schockräume wurden bereitgestellt, ein Alarmserver in Kraft gesetzt und simultan Personen angerufen, dass diese aus ihrer Freizeit in das Klinikum kommen.

Der erste Patient sei dann um 10.44 eingeliefert worden. Weitere sechs folgten nur wenige Minuten später. Drei Patienten seien noch auf der Intensivstation, können aber bald auf die Normalstation zurückgehen – ein Opfer ist an den schweren Verletzungen gestorben.

30 Pflegekräfte zusätzlich rekrutiert

Insgesamt sind 30 Pflegekräfte zusätzlich rekrutiert worden, hieß es in der Pressekonferenz. Von den Ärzten sei fast niemand aus der Freizeit gekommen, was daran lag, dass jene vom Nachtdienst länger geblieben seien und weitergearbeitet haben.

Im UKH Graz war die Situation ähnlich. 30 Pflegepersonen wurden aus der Freizeit oder dem Urlaub zurückgeholt und Operationssäle wurden umgehend freigemacht, sowie eine eigene Zone für Angehörige organisiert, erklärte Primar Kammerlander. 4 Patienten wurden eingeliefert – "Alle haben Schussverletzungen in Extremitäten und Gesicht aufgewiesen", erzählte der primar weiter. Sie sind auf die Intensiv gekommen und wurden dort behandelt und operiert.

"Ganzes Land hat sich bewegt"

Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl betonte zudem, dass insgesamt 65 Fahrzeuge im Einsatz waren. Darunter befanden sich drei Notarztfahrzeuge und drei Notarzthubschrauber. Die Fahrzeuge sind aus insgesamt acht Bezirken zusammengekommen – "ein ganzes Land hat sich bewegt, um hier in dieser Krisenhaften Situation zu helfen", so Kornhäusl.

An diesem Tag waren mehr als 240 Menschen im Einsatz: Sanitäter, Notärzte, Krisenintervention, Kummernummer. Der Einsatz der Rettungskräfte und die gute Zusammenarbeit zeige auch, dass "unser Gesundheitssystem nicht nur organisatorisch funktioniert, sondern auch menschlich getragen ist". Kornhäusl bedankte sich bei allen Berufsgruppen, die im Einsatz waren.

Manuela Khom, Stellvertretung Landeshauptmann der Steiermark, sagt: "Als Mutter zerreißt es mir fast das Herz. Die Steiermark ist verletzt. Die Steiermark weint."  Viele Eltern würden jetzt in Sorge leben, sagt Khom. Die psychosozialen Dienste hätten viel Arbeit geleistet und tun dies immer noch. "Ich bitte alle Betroffenen, unsere Dienste in Anspruch zu nehmen. Ich hoffe, dass Steiermark wieder in ein normales Leben zurückkehren kann", so Khom.

Kunasek: "Schlimmeres verhindert"

Landeshauptmann Marion Kunasek zeigte seine Dankbarkeit gegenüber den Einsatzkräften: "Ich bin davon überzeugt, dass das Ineinandergreifen der Zahnräder, wohl Schlimmeres verhindert hat. Vom Notruf bis zur Entwarnung, es waren Minuten des Schreckens, aber auch Minuten, in denen die Erstkräfte vor Ort waren."

Jetzt sei es notwendig, die Betroffenen zielgerichtet zu unterstützen, sodass auch niemand das Gefühlt hat, "dass auf ihn vergessen wird". Es seien 30 Schulpsychologen im Einsatz. 16 kommen zusätzlich aus anderen Bundesländern. "Es ist die Aufgabe der Landesregierung, den Menschen beizustehen", so Kunasek.

"Wir leben in Zeiten, wo man auf alles vorbereitet sein muss. Zeit nehmen zu trauern und zu reflektieren ist dabei wichtig. Trauer ist nicht kollektiv abgeschlossen, sondern individuell", führte Kunasek aus.

Das Protokoll der Bluttat

  • 9.43 Uhr: Täter betritt mit einem Rucksack die Schule. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich zwischen 350 und 400 Schüler im Gebäude.
  • Der Täter ging ins dritte Obergeschoss und suchte dort eine Toilettenanlage auf.
  • Dort nahm er mehrere Gegenstände aus dem Rucksack. Neben der Tatwaffen auch eine Schießbrille und ein Headset.
  • 9.57 Uhr: Der Täter geht vom dritten Obergeschoss in den zweiten Stock. Dort eröffnete er das Feuer.
  • Dann ging er zurück in das dritte Obergeschoss und schoss die Türe zu einem offiziellen Klassenraum der 8. Klasse auf. Im Raum befanden sich Schüler der 7. Klasse.
  • 10.00 Uhr: In der Landeswarnzentrale gingen plötzlich zahlreiche Notrufe ein. Anrufer berichteten über Schüsse und Schreie am Grazer Gymnasium.
  • 10.04 Uhr: Der Amoklauf ist beendet. Der Täter bewegt sich erneut in Richtung Toilette.
  • 10.06 Uhr: Die erste Polizeistreife trifft ein. Es konnten keine Schüsse mehr vernommen werden.
  • 10.07 Uhr: Der Täter suizidierte sich mit einer Schusswaffe auf der Toilette.
  • 17 Minuten nach der Alarmierung konnte die Cobra das Gebäude vollständig sichern.
  • Gegen 11:30 Uhr konnte die Polizei schließlich endgültig Entwarnung geben. Seither laufen die Ermittlungsarbeiten auf Hochtouren.

Alle Veranstaltungen wurden abgesagt, die Gemeinden gehen dabei sensibel mit Terminen um, so Kunasek.

{title && {title} } red, {title && {title} } 13.06.2025, 09:18
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