Sagmeister vom ORF gefeuert

"Wäre längst tot!" – ZIB-Star schockt mit Aussage alle

Nach ihrem juristischen Sieg gegen eine erste Kündigung wurde ORF-Journalistin Sonja Sagmeister (50) erneut entlassen. Sie setzt sich zur Wehr.
André Wilding
21.10.2025, 19:08
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Sonja Sagmeister, einst renommierte ORF-Journalistin und langjährige EU- und NATO-Korrespondentin, wurde nach einem Vorfall 2022 zur internen Persona non grata. Der Auslöser: Ein Interview mit dem damaligen Wirtschaftsminister Martin Kocher, bei dem sich Sagmeister weigerte, vorgegebene Themen einzuhalten. Die Folge: die ZIB-Reporterin wurde vom ORF gefeuert.

Nachdem Sagmeister im Jahr 2024 ihre Kündigung erfolgreich bekämpft hatte, wurde sie nun erneut vom ORF gekündigt. "Ich wurde neuerlich gekündigt. Sie geben nicht auf. Freiwillig gehe ich aber sicher nicht!", stellte die 50-Jährige im "Heute"-Talk unmissverständlich klar. Der ORF habe die zweite Instanz – wäre vermutlich Ende des Jahres gewesen – also gar nicht abwarten wollen und die ehemalige ZIB-Moderatorin gleich gekündigt.

"Ich kämpfe weiter"

"50 ist derzeit kein Alter, das im ORF beliebt ist", so Sagmeister, die aber verspricht: "Ich kämpfe weiter!" Auch gegen diese zweite Kündigung will sie gerichtlich vorgehen – ihr Anwalt habe bereits mit dem Rechtsschutz der Arbeiterkammer Einspruch erhoben. "Ohne AK Rechtsschutz wäre ich längst tot", sagt sie ganz offen. "Es ist ein Kampf David gegen Goliath – und ich gebe den Kampf sicher nicht auf!"

Gegenüber dem KURIER teilte der ORF mit, die neuerliche Kündigung von Sonja Sagmeister sei wegen "neuerlicher dienstlicher Pflichtverletzungen und zur Wahrung der Ansprüche des ORF" erfolgt. Das lässt die 50-Jährige aber nicht auf sich sitzen. "Ich wurde freigestellt und durfte nicht arbeiten", stellt sie gegenüber "Heute" klar. "Mit Ende September" sei sie gekündigt worden.

"Laut erster Instanz war es klar eine Motivkündigung wegen widerständischem Verhalten. Um abzulenken, wurde als Argument eine Nebenbeschäftigung vom ORF vorgeschoben", sagt Sagmeister weiter. Der ORF habe zudem nicht einmal die zweite Instanz abgewartet. "Es scheint dem Generaldirektor sehr wichtig zu sein, eine unbequeme Journalistin loszuwerden", sagt Sagmeister zu "Heute".

Der Anfang vom Ende

In einem ausführlichen Interview mit der deutschen Tageszeitung "Die Welt" schilderte die 50-Jährige erst kürzlich, wie alles begann: "Ich wurde an einem Freitag dringend zu einem Interview mit dem damaligen österreichischen Wirtschaftsminister Kocher geschickt, der nun zum Nationalbank-Chef aufgestiegen ist. Das Thema hieß laut Disposition: Arbeitsmarkt und Budget. Es war also klar, wohin die Reise gehen sollte. Aber als Journalistin, die ihren Job ernst nimmt, habe ich natürlich recherchiert, was sonst noch relevant sein könnte."

Als sie im Wirtschaftsministerium ankam, wurde ihr nahegelegt, sich an den Fragenkatalog zu halten. Ihre Antwort: "Nein, ich habe mich vorbereitet, und es gibt Fragen, die wichtiger sind als das, was im Plan steht." Doch der Widerstand hatte Konsequenzen: "Ich habe im Ministerium gesagt: 'Wir sind nicht Nordkorea, Journalisten dürfen frei fragen.' Das sei der Anfang vom Ende gewesen.

Kurz darauf bekam Sagmeister keinen regulären Dienstplan mehr, sie musste täglich nachsehen, ob sie überhaupt eingeteilt war. "Man hat nicht sofort gesagt: 'Wir brauchen dich nicht mehr.' Es war ein schleichender Prozess. Ich wurde sehr methodisch kaltgestellt. Wenige Wochen nach diesem Vorfall hatte ich plötzlich keinen Dienstplan mehr wie früher. Stattdessen hieß es: Ich müsse jeden Tag nachsehen, ob ich am nächsten Tag überhaupt eingeteilt sei", erklärt Sagmeister gegenüber der "Welt".

Strafversetzung in das "Todesarchiv"

Dann kam die Strafversetzung! "Nach dieser Sitzung wurde ich in das sogenannte Todesarchiv versetzt. Ich musste Nachrufe auf noch lebende Personen vorbereiten, nur mit Archivmaterial. Und das nicht nur für ein paar Tage, sondern über drei Monate hinweg. Ich war leitende Redakteurin – und plötzlich Nachrufbeauftragte in Dauerschleife! Für mich war das eine klare Degradierung", erzählt sie weiter.

Als sie sich wehrte, eskalierte die Situation weiter: "Ich habe das protokolliert und an meine Vorgesetzten sowie den Generaldirektor geschickt." Kurz vor dem geplanten Prozess gegen die Versetzung wurde Sagmeister vom ORF gekündigt – offenbar, um die Sache abzudrehen. Doch Sagmeister klagte – und gewann: "Das Gericht hat festgehalten, dass ab dem Moment, in dem ich Widerstand gezeigt habe, im Unternehmen offenbar die Entscheidung gefallen war, mich loszuwerden. Laut Urteil musste das Arbeitsverhältnis weiter bestehen."

"Früher gab es im Journalismus viele 'bunte Hunde'"

Für Sagmeister ist der Fall mehr als ein persönliches Drama – er stehe symptomatisch für den Zustand des öffentlich-rechtlichen Systems. "Früher gab es im Journalismus viele 'bunte Hunde' – eigenwillige, kantige Persönlichkeiten. Da saßen Kollegen im Anzug neben anderen, die in Flipflops kamen und auch ideologisch stritten", sagt Sagmeister zur "Welt".

Und weiter: "Heute hat man den Eindruck, es gibt ein einheitliches Mindset. Jeder, der nicht in diesen Rahmen passt, wird schief angeschaut." Sagmeister hatte in erster Instanz arbeitsrechtlich zwar gewonnen, der ORF stellte sie danach aber frei. Nun wurde die 50-Jährige erneut vom ORF gekündigt. Die Arbeiterkammer wird auch gegen die neuerliche Kündigung klagen.

{title && {title} } wil, {title && {title} } 21.10.2025, 19:08
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