Das Jahr 2015 galt für den damaligen SPÖ-Chef Christian Kern als "Sternstunde der Zweiten Republik". Für Franz Schabhüttl, damaliger Leiter der Betreuungsstelle Traiskirchen, war es eher ein Chaos. Im Interview mit der "Presse" schildert er massive Probleme im Lager.
"2015 sind unkontrolliert fast eine Million Menschen durch unser Land gegangen. Zehntausende Menschen haben an den Grenzen ihre Pässe, ihre Dokumente weggeworfen. Da hätte jedem denkenden Menschen ein Licht aufgehen müssen", so Schabhüttl zur Tageszeitung.
Laut Schabhüttl seien die meisten Flüchtlinge jung, männlich und "nachtaktiv" gewesen, nur rund 30 Prozent hätten im Lager übernachtet. Impfungen seien kaum angenommen worden "Wir hatten eine Durchimpfungsrate von rund zehn Prozent. Männer und Nadeln – das ist ungefähr wie Teufel und Weihwasser", so der ehemalige Leiter der Betreuungsstelle Traiskirchen zur "Presse".
Stattdessen habe es Kleinkriminalität wie Drogenhandel oder Messerstechereien gegeben. "Drogenhandel, Ladendiebstähle, Messerstechereien, Raufereien. Diese niederschwellige Kriminalität findet dann auch im Asylverfahren keine Beachtung, hat keine Folgen. Beim Asylverfahren wird ja der Asylgrund geprüft. Das ist es ja auch, was die Situation, die Stimmung an den Stammtischen vergiftet. Weil die niederschwellige Kriminalität sehr breit vorhanden ist und von der Bevölkerung auch wahrgenommen wird", sagt Schabhüttl weiter.
Besonders brisant: Über den heutigen SPÖ-Chef Andreas Babler sagt Schabhüttl, dieser habe in Traiskirchen Hausverbot gehabt. "Andreas Babler selbst hatte in der Anlage keinen Zutritt, er hatte bei uns Hausverbot", so der Ex-Leiter zur "Presse". Der Grund? "Weil er gegen die Einrichtung in Permanenz und auch gegen das Innenministerium gehetzt hat."
Babler wiederum hatte ihm damals mangelnde Versorgung und angebliche "Wiesengeburten" vorgeworfen. "Es gab keine einzige Wiesengeburt. Das ist die Wahrheit. Und es gab Wasser genug. Die Firma Vöslauer hat dann noch Wasserflaschen gespendet, die von der Gemeinde zum Teil transportiert wurden", stellt Schabhüttl weiter klar.
Auch mit Hilfsorganisationen krachte es. Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner habe eine "Medienkampagne" gegen das Lager gefahren. "Wir hatten das schon befürchtet. Deswegen wollten wir ihn gar nicht nach Traiskirchen hereinlassen. Aber dann kam Kardinal Christoph Schönborn. Und wenn der Kardinal kommt, kann man schwer sagen, er darf den Schwertner nicht mitnehmen", wird der ehemalige Leiter des Lagers weiter zitiert.
Auf die Frage, wo er sich politisch einordnen würde, antwortete Schabhüttl: "Ich gehöre zu keiner Partei. Und ich hatte das Glück, dennoch unter Innenminister Ernst Strasser zum Leiter der Betreuungsstelle Traiskirchen ernannt worden zu sein. Ihm hat man ja immer Umfärbung vorgeworfen. Mich hätte man nicht umfärben können, weil ich keine Farbe hatte."