Österreichs Arbeitsmarkt steht vor einer Herausforderung, die sich nicht mit ein paar Maßnahmen lösen lässt: Die Demografie kippt. AMS-Vorstand Johannes Kopf spricht im APA-Interview von einer "wirklich schlechten Nachricht", vor allem für die Bundesländer. Denn laut Statistik Austria wird das Arbeitskräfteangebot in Wien steigen – überall sonst jedoch sinken.
"Die Demografieprobleme wird man durch die Rot-Weiß-Rot-Karte allein nicht lösen können", so Kopf. Österreich sei kein Magnet für internationale Fachkräfte. Stattdessen fordert er, mehr in geflüchtete Jugendliche zu investieren, um sie für den Arbeitsmarkt fit zu machen. "Wir müssen die Potenziale jener Ausländer nützen, die wir nicht gerufen haben, die aber da sind, etwa geflüchtete Minderjährige", so der AMS-Chef gegenüber der APA.
Dabei ortet der AMS-Chef mehrere Baustellen: Das Arbeitsvolumen sinkt, obwohl es immer mehr Beschäftigte gibt. Der Grund sei unter anderem die hohe Teilzeitquote – Österreich liegt EU-weit auf Platz zwei. Um mehr Vollzeitjobs zu ermöglichen, brauche es laut Kopf vor allem eines: flächendeckende Ganztagsbetreuung für Kinder. "Vom Arbeitsmarkt gibt es derzeit nichts Erfreuliches zu berichten", sagt der AMS-Chef über die September-Arbeitsmarktdaten in Österreich.
Im Video: "Unglaubliche Tricks" – AMS-Berater packt jetzt aus
Auch Digitalisierung spielt eine Rolle: Künstliche Intelligenz soll beim AMS künftig verstärkt zum Einsatz kommen – etwa beim sogenannten Kompetenzmatching. Über 45 Prozent aller Jobs werden inzwischen so vermittelt. "Es wird Bereiche mit Problemen und Bereiche mit Chancen geben, wie bei jeder disruptiven Innovation seit der Erfindung der Dampfmaschine", sagt Kopf zur APA.
Beim Streitthema Weiterbildung zeigt sich Kopf mit dem geplanten Nachfolgemodell zur Bildungskarenz "zufrieden" – auch wenn das neue Modell nur noch mit 150 Millionen Euro jährlich budgetiert ist (statt bisher 600 Millionen). Kritik an den Aussagen von Kopf kommt seitens der FPÖ.
"Kopf will illegale Einwanderung via Arbeitsmarkt legalisieren", heißt es in einer Aussendung am Sonntag. "Herr Kopf hat die Maske fallen lassen und den Plan der Verliererkoalition offengelegt: Hunderttausende illegale Einwanderer, die unser Sozialsystem plündern, sollen nachträglich zu Billigstarbeitskräften für die Industrie umfunktioniert werden", so FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.
Im Video: AMS-Chef Kopf im "Heute"-Talk
Und weiter: "Damit führt man nicht nur das Asylrecht ad absurdum, das für Schutz und nicht für Arbeitsmigration gedacht ist, sondern begeht auch Verrat an den österreichischen Arbeitnehmern. Das ist ein Frontalangriff auf unsere heimischen Fachkräfte, die dem organisierten Lohndumping schutzlos ausgeliefert werden sollen."
Die von Kopf als Erfolg dargestellte Integration von 60.000 Migranten sei für die FPÖ-Sozialsprecherin der "zynische Beweis für eine organisierte Benachteiligung heimischer Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt". "Kopf feiert hier eine Zahl, die in Wahrheit den Ausverkauf unserer Heimat dokumentiert. Für Milliarden an Steuergeldern werden Migranten in den Niedriglohnsektor gedrückt, um die Profite der Konzerne zu maximieren", sagt Belakowitsch.
Die Industrie bekomme ihre "billigen Arbeitskräfte, die ÖVP kann ihre Günstlinge in der Asylindustrie mit Aufträgen versorgen, und der österreichische Facharbeiter schaut durch die Finger. Das ist keine Integration, das ist die Zerstörung unseres Arbeitsmarktes und unseres Wohlstands!"