"Jedes Kind ist gleich viel wert, aber nicht jedes Kind kostet gleich viel." Mit diesen Worten hatte Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) ihre Forderung nach gestaffelter Sozialhilfe für Großfamilien im Gespräch mit "Heute" begründet. "Bei mir daheim – und ich glaube, das ist bei vielen so – gibt man ja den Kinderwagen, Spielsachen und Kleidung, die noch gut sind, an jüngere Geschwister weiter.
Ihr SPÖ-Gegenüber in den Verhandlungen zu diesem Thema ist Sozialministerin Korinna Schumann. Sie verweist auf "Heute"-Anfrage darauf, dass der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2019 Teile des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben hatte. Insbesondere hatte dieses Urteil die Regelungen zu gestaffelten Höchstsätzen für Kinder und die Verknüpfung der Sozialhilfe mit Sprachkenntnissen betroffen.
Jetzt brauche es eine Regelung, die eben rechtlich halte. Daher habe sich die Regierung darauf verständigt, einheitliche Regelungen zu schaffen, so Schumann.
In diesem Zusammenhang nennt sie die im schwarz-rot-pinken Koalitionsprogramm vorgesehene "Zwei-Säulen-Kindergrundsicherung". Mit dieser würden Kinder aus der Sozialhilfe herausgeholt. Die Grundsicherung setzt einerseits auf den Ausbau von Sachleistungen und kindgerechter sozialer Infrastruktur. Dazu zählen etwa kostenlose Mahlzeiten in Schulen und Kindergärten, verbesserte Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche oder eine Kinderbetreuungs-Offensive.
Die zweite Säule beinhaltet die "Optimierung bestehender Transferleistungen". Vorgesehen sind unter diesem Titel etwa Anpassungen bei der Altersstaffel der Familienbeihilfe und die Durchführung einer "ressortübergreifenden Umsetzungsstudie zur Prüfung von Wegen zur Vereinfachung der Leistungen", heißt es hier etwas umständlich formuliert.
„Wie die Kindergrundsicherung im Detail aussehen wird, ist Sache der Verhandlungen.“Korinna SchumannSozialministerin (SPÖ) zur Diskussion um eine Reform der Sozialhilfe
Schumann bleibt vorsichtig: "Wie die Kindergrundsicherung im Detail aussehen wird, ist Sache der Verhandlungen." Und was sagen die anderen Parteien zu diesem offen ausgetragenen Disput zwischen ÖVP und SPÖ?
Die Neos als kleinster Koalitionspartner sprechen sich "für eine ergebnisoffene Debatte über die Reform der Sozialhilfe" aus. Sie wollen die Möglichkeit eines Deckels "nicht von vornherein ausschließen". "Mehrere Bundesländer arbeiten verfassungskonform mit solchen Obergrenzen und Sachleistungen."
Die Grünen halten beide Varianten nicht für wirklich sinnvoll. Eine Obergrenze sei sachlich nicht begründbar und "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" auch verfassungswidrig, sagt Sozialsprecher Markus Koza zu "Heute". Die Forderung nach Staffelung kontert er mit der sogenannten "Geschwisterstaffel" bei größeren Familien in der Familienbeihilfe. Diese funktioniert genau umgekehrt wie Plakolms Idee für die Sozialhilfe. Die Beihilfe steigt mit der Anzahl der Kinder.
"Wesentlich ist, dass kinderbezogene Leistungen vereinheitlicht werden und darauf eine eigenständige Kindergrundsicherung aufbaut, die nicht Teil der Sozialhilfe ist", so der Grün-Politiker. Man wolle "sachliche Lösungen im Kampf gegen Kinderarmut statt Stimmungsmache auf dem Rücken armutsgefährdeter Kinder".