ÖVP-Klubchef im "Heute"-Talk

Mehr arbeiten, weniger Sozialhilfe: Reform trifft alle

VP-Klubchef Wöginger erklärt, was die Regierung bei Pensionen und Arbeitszeit ändert. Und wie 9.000-€-Sozialhilfe-Fällen der Riegel vorgeschoben wird.
Angela Sellner
10.06.2025, 07:00
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Er war in die Koalitionsgespräche quer durch alle Konstellationen ab Tag 1 involviert, hat das Regierungsprogramm federführend mitverhandelt, ist ein zentraler Taktgeber im Parlament: ÖVP-Klubchef August Wöginger zieht im "Heute"-Talk (ganzes Interview im Video unten) Bilanz über die ersten 100 Tage der Ampel-Regierung, erklärt die Reformpläne bei Pensionen und Sozialhilfe – und warum die Menschen in Österreich wieder mehr arbeiten müssen.

Was die Regierung bisher auf den Weg gebracht habe, könne sich "wirklich sehen lassen", sagt Wöginger. Neben dem größten Brocken des Doppelbudgets 2025/26 mit einem Konsolidierungsvolumen von insgesamt 17 Milliarden Euro – davon zwei Milliarden für Offensivmaßnahmen – habe man etwa in den Bereichen Sicherheit, Bildung, Kampf gegen die Teuerung wichtige Maßnahmen gestartet, erklärt Wöginger und nennt beispielhaft den Stopp des Familiennachzugs, das Handyverbot an Schulen, die Mietpreisbremse. Der Klubobmann der Volkspartei über:

Die Stimmung in der Koalition

"Wir kommen wirklich gut miteinander aus. Natürlich gibt es unterschiedliche Positionen in diesen drei Parteien. Aber das, was wir vereinbart haben, arbeiten wir jetzt Schritt für Schritt ab."

Das Video-Interview mit VP-Klubchef Wöginger:

Länger Arbeiten im Alter

Für die Pensionen muss der Staat mit aktuell rund 30 Milliarden Euro im Jahr das meiste Geld aufwenden. Angesichts der demografischen Entwicklung – wir werden immer älter, gleichzeitig kommen weniger Junge nach in den Arbeitsmarkt – sei das auf Dauer nicht finanzierbar, sind sich Experten einig. Wöginger erklärt, wo die Regierung jetzt ansetzt: "Wir heben das Zugangsalter für die Korridor- bzw. Frühpension von 62 auf 63 Jahre an – in kleinen Schritten, damit der Vertrauensschutz für die Menschen gewährt bleibt." Auch die Zahl der notwendigen Versicherungsjahre werde von 40 auf 42 Jahre angehoben. "Parallel dazu wird das Modell der Teilpension ausgearbeitet, das ebenfalls Anfang 2026 starten soll", so Wöginger.

Wie die Teilpension funktioniert

"Damit schaffen wir die Möglichkeit, dass man bei Erreichen des vorzeitigen Anspruchs etwa mit 63 nicht gleich voll in Pension geht, sondern einen Teil der Pension nimmt und einen Teil weiterarbeitet – zum Beispiel 50:50", erläutert Wöginger:  "Viele Menschen in diesem Alter wollen noch arbeiten, aber nicht mehr Vollzeit. Finanziell steigt man auch besser aus, weil das Monatseinkommen höher ist und man sich gleichzeitig die spätere Pension aufbessert, da für jenen Teil, der noch nicht in Anspruch genommen wird, weiter Beiträge bezahlt werden. Auch Staat und Pensionssystem profitieren, weil weiter Abgaben reinkommen. Eine Win-Win-Situation."

VP-Klubchef Wöginger: "Denke, dass einige tausend Personen die Teilpension in Anspruch nehmen werden."
Denise Auer

Beispielrechnung

Wöginger rechnet vor: "Bei einem Brutto-Monatseinkommen von 4.000 Euro hätte ich im Alter von 63 Jahren bei einer 50-%-Teilpensionsregelung ungefähr 1.283 Euro Pension. Dann arbeite ich zur Hälfte weiter und komme auf ein Gesamtnettoeinkommen von 2.475 Euro – im Gegensatz zu vorher 2.712 Euro bei Vollzeiterwerbstätigkeit. Und gleichzeitig erarbeite ich mir für später eine höhere Monatspension."

Potenzial für die Teilpension

"Ich denke, dass einige Tausend Menschen das in Anspruch nehmen werden."

„Alle, die arbeiten können, gesund sind und keine Betreuungspflichten haben, sollen motiviert werden, in Richtung Vollzeit zu gehen“
August WögingerÖVP-Klubobmann

Arbeiten jenseits der 65

"Bei jenen, die nach Erreichen des gesetzlichen Antrittsalters in der Pension weiterarbeiten wollen, schlägt die Steuerkeule zu. Es werden beide Einkommen zusammengezählt und dann kommt es teils zu Steuernachzahlungen von einigen tausend Euro. Da sagen viele, die noch arbeiten wollen würden: Das zahlt sich nicht aus. Das ist ungerecht und gehört geändert. Wir wollen in diesen Fällen das Erwerbseinkommen pauschal mit 25 Prozent besteuern, inklusive Sozialversicherung."

Anheben des gesetzlichen Pensionsalters

Auf längere Sicht müsse das gesetzliche Pensionsalter auf über 65 angehoben werden, fordern viele Experten wie Wirtschaftsvertreter. Für Wöginger ein No-Go? "Nein, ein No-Go ist es nicht. Aber zum jetzigen Zeitpunkt sind wir uns in der Koalition einig, dass wir das faktische Antrittsalter anheben und stärker an das gesetzliche heranbringen wollen."

Arbeitsstunden erhöhen

"Den Wohlstand in Österreich werden wir nur durch Leistung erhalten können. Alle, die arbeiten können, die gesund sind und keine Betreuungspflichten haben, sollen motiviert werden, in Richtung Vollzeit zu gehen."

Reform der Sozialhilfe

"Es kann nicht sein, dass eine Großfamilie 9.000 Euro netto an Sozialhilfe bekommt – das versteht niemand, der Vollzeit arbeitet. Wir haben uns zwischen den Koalitionsparteien darauf verständigt, dass es so etwas in Zukunft nicht mehr geben wird. Wir reformieren die Sozialhilfe und wollen sie bundesweit einheitlich gestalten. Es ist nicht selten, dass Asylberechtigte in den Zug steigen und nach Wien fahren, weil sie dort eine höhere Mindestsicherung bekommen. Damit muss Schluss sein."

Ob die Länder zu einheitlicher Regelung bereit sein werden?

"Ich glaube, es ist alternativlos."

„Es ist nicht selten, dass Asylberechtigte in den Zug steigen und nach Wien fahren, weil sie dort eine höhere Mindestsicherung bekommen.“
August WögingerÖVP-Klubobmann

Arbeiten statt Sozialhilfe

"Wir wollen nach wie vor, dass Menschen in Not Hilfeleistungen bekommen, aber das kann keine Dauerunterstützung sein. Alle, die arbeiten können, sollen zum AMS, damit sie auch wirklich vermittelt werden. Wenn man gesund ist und arbeiten kann, dann erwarten wir uns das auch."

Zuwanderung

"Wer zu uns kommt und hier leben will, muss sich an drei Dinge halten: die Sprache lernen, unsere Werte annehmen – wir leben in Österreich, nicht in Afrika oder Arabien – und arbeiten gehen. Wenn das erfüllt ist, steht einer Integration nichts im Wege."

{title && {title} } sea, {title && {title} } Akt. 10.06.2025, 07:23, 10.06.2025, 07:00